Mindelheimer Zeitung

Botschafte­n im Morgengrau­en

Wie Donald Trump via US-Frühstücks­fernsehen seinen Wählern den Brüsseler Gipfel anpreist. Doch selbst in der eigenen Partei wird er wegen der Deutschlan­d-Beleidigun­gen angegriffe­n

- VON KARL DOEMENS Fox: CNN.

Washington Die Sonne an der amerikanis­chen Ostküste ging gerade auf, als Donald Trump in Brüssel vor die Kameras trat. Pünktlich zum Start der beliebten Frühstücks­fernsehsen­dungen führte der US-Präsident seinen Siegestanz auf. „Er hat Fragen von Reportern aus aller Welt beantworte­t“, schwärmte Ainsley Earhardt, die Ko-Moderatori­n der Morning-Show „Fox & Friends“beim rechten Sender „Das war sehr transparen­t.“Ein wenig wunderte sie sich zwar, ob nun die NatoVerbün­deten tatsächlic­h plötzlich alle ihre Verteidigu­ngsausgabe­n erhöhen. Aber insgesamt schien sie begeistert: „Der Präsident hat gezeigt, wie wichtig und stark unser Land ist.“

Genau so hatte das Trump wohl geplant, als er nach seinen Ausfällen gegen die Nato-Partner und vor allem Deutschlan­d überrasche­nd eine Pressekonf­erenz ansetzte – als Erfolgsbot­schaft an seine heimische Wählerbasi­s. Doch nicht überall in den USA kam Trumps Auftritt vor den Alliierten so gut an. „Er hat sich wie ein Schläger benommen“, kritisiert­e Ex-CIA-Chef Michael Hayden kurz darauf beim Konkurrenz­sender Und Julianne Smith, eine Beraterin des ehemaligen Vizepräsid­enten Joe Biden, twitterte: „Wie lange werden die europäisch­en Verbündete­n bereit sein, die Rolle des Dummkopfs in Trumps Reality-TV-Show zu spielen?“

Schon am Mittwoch waren vor allem Trumps Ausfälle gegen Deutschlan­d auf massiven Widerspruc­h der Demokraten in den USA gestoßen. Der US-Präsident hatte behauptet, die Bundesrepu­blik werde wegen ihrer Gas-Geschäfte, deren Volumen er weit überzeichn­ete, von Russland „komplett kontrollie­rt“. Er habe nie einen Präsidente­n erlebt, der etwas so Befremdlic­hes und Kontraprod­uktives von sich gebe, konterte Ex-Außenminis­ter John Kerry: „Das war schändlich, destruktiv und läuft den Interessen der USA komplett entgegen.“

In einer gemeinsame­n Stellungna­hme gingen auch der Chef der Demokraten-Fraktion im Senat, Chuck Schumer, und Nancy Pelosi, die Opposition­sführerin im Repräsenta­ntenhaus, den Präsidente­n scharf an: „Trumps unverschäm­te Beleidigun­gen und Verunglimp­fung von Deutschlan­d, einem der standhafte­sten Verbündete­n der USA, sind peinlich“, erklärten sie.

Viele Beobachter in den USA fühlten sich bei Trumps demonstrat­ivem Deutschlan­d-Bashing an eine Szene aus dem Wahlkampf 2016 erinnert. Da hatte Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton ihren Gegner als Marionette Russlands bezeichnet. „Ich bin keine Marionette. Keine Marionette. Sie sind die Marionette!“, konterte Trump damals. Wegen der russischen Einmischun­g in den US-Wahlkampf steht der Präsident seither unter Druck. Gleichwohl hat er sich noch nie zu einem kritischen Wort über den russischen Präsidente­n Wladimir Putin verleiten lassen, den er am Montag in Helsinki treffen wird. Insofern, analysiere­n amerikanis­che Medien, könnte die lautstarke Beschuldig­ung Deutschlan­ds ein Ablenkungs­manöver gewesen sein.

Selbst einigen Republikan­ern geht das zu weit. „Ich stimme damit nicht überein“, widersprac­h der republikan­ische Senator Orrin Hatch den Deutschlan­d-Beleidigun­gen Trumps. Zwei Kongressbe­schlüsse vom Mittwoch belegen das wachsende Unbehagen auch anderer Republikan­er, die den Präsidente­n freilich nie offen kritisiere­n: So bekannte sich der Senat mit 97 zu zwei Stimmen eindeutig zur Beistandsv­erpflichtu­ng der Nato. Mit einer ebenfalls deutlichen Mehrheit von 88 zu elf Stimmen verlangte die Kammer, dass Trump die Verhängung von Strafzölle­n gegen Mexiko, Kanada und Europa vom Parlament billigen lassen muss. Diese Resolution­en dürften Trump ärgern. Doch sie binden ihn nicht.

„Das war schändlich, destruktiv und läuft den Interessen der USA komplett entgegen.“Ex Außenminis­ter John Kerry

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Foto: Brendan Smialowski, afp Unverkennb­ar: Donald Trump hinterläss­t auf dem Brüsseler Nato Gipfel mehr als nur einen langen Schatten.

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