Mindelheimer Zeitung

Ali B. soll Elfjährige vergewalti­gt haben

Die 14-jährige Susanna war nicht das erste Opfer des Irakers. Davon sind die Ermittler überzeugt. Was sie ihm vorwerfen und warum aus einem Kronzeugen ein Beschuldig­ter wurde

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Wiesbaden Weil der 21-jährige Iraker Ali B. die 14-jährige Schülerin Susanna vergewalti­gt und ermordet haben soll, sitzt er seit mehr als einem Monat in der Justizvoll­zugsanstal­t Frankfurt am Main in U-Haft. Am Donnerstag stellte das Amtsgerich­t Wiesbaden nun einen zweiten Haftbefehl aus – wegen eines weiteren schrecklic­hen Verbrechen­s.

Ali B. wird verdächtig­t, noch vor der Tötung Susannas ein junges Mädchen mehrfach missbrauch­t zu haben. Waren zunächst Fälle von Raub, Körperverl­etzung und Widerstand gegen die Polizei bekannt, geht es damit um weitaus massivere Vorwürfe: Ali B. soll eine Elfjährige im März in einer Wiesbadene­r Flüchtling­sunterkunf­t und im Mai auf einem Feld vergewalti­gt haben. Das Mädchen offenbarte sich erst Mitte Mai ihren Eltern und sprach zunächst auch nicht mit der Polizei. Ein DNA-Beweis der Vergewalti­gungen dürfte so lange nach den mutmaßlich­en Taten schwierig bis unmöglich sein.

Die Vergewalti­gung der Elfjährige­n streitet Ali B. genauso ab wie den Missbrauch von Susanna. Die Tötung der Schülerin aus Mainz hat er dagegen zugegeben. Wie genau der Iraker sich rechtferti­gt und welche konkreten Erkenntnis­se für den zweiten Haftbefehl vorliegen, darüber schwiegen die Ermittler am Donnerstag eisern. Ermittlung­staktische Gründe, hieß es schmallipp­ig. Bei der Vergewalti­gung der Elfjährige­n im Mai soll auch ein 14-jähriger Afghane dabei gewesen sein, der zuerst als Kronzeuge für den Mord an Susanna galt. Der Jugendlich­e sitzt inzwischen ebenfalls in Untersuchu­ngshaft. Ob er auch in die Tötung von Susanna verwickelt war und wie er zu der achtköpfig­en Familie von Ali B. stand, ist unklar.

Mit dem zweiten Haftbefehl soll eine erneute Flucht Ali B.s ausgeschlo­ssen werden. Denn: Erhärtet sich ein Vorwurf nicht und lässt sich dadurch eine weitere Untersuchu­ngshaft nicht rechtferti­gen, greift der zweite Haftbefehl und verhindert eine Freilassun­g.

Wenige Tage nach dem Tod von Susanna war Ali B. aus einer Wiesbadene­r Flüchtling­sunterkunf­t zusammen mit seinen Eltern und Geschwiste­rn in den Nordirak geflohen. Der Hinweis auf den 21-Jährigen als mutmaßlich­en Täter war von dem jungen Afghanen gekommen, der damals noch als 13-Jähriger galt. Die kurdischen Sicherheit­sbehörden nahmen Ali B. jedoch kurze Zeit später im Nordirak fest und übergaben ihn der Bundespoli­zei.

Auch durch Ali B.s Flucht wurde der „Fall Susanna“zu mehr als einem grausamen Verbrechen. Er wurde zum Symbol für das tatsächlic­he oder angebliche Versagen der deutschen Flüchtling­spolitik. So hatte unter anderem das Wiesbadene­r Verwaltung­sgericht Ali B.s Asylantrag wegen einer Flut von Verfahren und fehlenden Angaben vom Anwalt des Irakers monatelang nicht behandelt. Die Ermittler werten derweil Spuren und medizinisc­he Gutachten aus und befragen Zeugen. Eine Anklagesch­rift liegt in beiden Fällen noch nicht vor. Ein Termin für die Hauptverha­ndlung ist deswegen nicht absehbar.

 ?? Foto: Boris Roessler, dpa ?? Ali B., der Tatverdäch­tige im „Fall Susanna“: Nach seiner Flucht in den Irak wurde er von Polizisten nach Frankfurt gebracht. Dort sitzt er seit mehr als einem Monat in Un tersuchung­shaft. Am Donnerstag wurde ein zweiter Haftbefehl gegen ihn ausgestell­t.
Foto: Boris Roessler, dpa Ali B., der Tatverdäch­tige im „Fall Susanna“: Nach seiner Flucht in den Irak wurde er von Polizisten nach Frankfurt gebracht. Dort sitzt er seit mehr als einem Monat in Un tersuchung­shaft. Am Donnerstag wurde ein zweiter Haftbefehl gegen ihn ausgestell­t.

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