Cannabis Anbau: Bewährung für zwei Brüder
Das Amtsgericht verurteilte sie zu je eineinhalb Jahren Haft. Warum das Landgericht die Sache nun anders sah
Pfaffenhausen Im Herbst vergangenen Jahres sind zwei Brüder vor dem Amtsgericht Memmingen zu je eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass die beiden 47 und 45 Jahre alten Männer im Moos bei Pfaffenhausen Cannabis angebaut haben. Eine von der Polizei aufgestellte Wildtierkamera lieferte entsprechendes Material. Die Brüder selbst bestritten die Tat und lieferten vor dem Amtsgericht teils abenteuerliche Erklärungen, wie sie den Hanf im Moos entdeckt und einen Teil davon mitgenommen hatten. Es gebe keinerlei Beweise, dass die Brüder das Cannabis angebaut hätten, hatte einer ihrer Anwälte damals erklärt – und angekündigt, gegen das Urteil vorzugehen. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt und so kam es nun zu einer erneuten Verhandlung vor dem Landgericht.
Die Brüder erschienen dieses Mal mit anderen Verteidigern – und diese wiederum mit einer völlig anderen Strategie. Nach einem Gespräch mit Richter Herbert Krause war klar, worauf die Rechtsanwälte Daniel Peter und Bernd Schaudinn hinauswollten: eine Bewährungsstrafe für ihre Mandanten. Sie legten den Einspruch nicht mehr gegen das komplette Urteil des Amtsgerichts ein, sondern beschränkten die Berufung auf die Rechtsfolge – also die Strafe. Eine solche Einschränkung kommt einem Geständnis der Taten gleich.
Zudem hatten die beiden Brüder eigene Haarproben analysieren lassen: ohne Ergebnis. Dies beweise, dass es „keinen Konsum im größeren Umfang“gab, wie Richter Krause erklärte. Die beiden Männer waren vor dem Cannabis-Anbau noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, sie führen ein Leben als Familienväter und sind nicht die typischen „Betäubungsmittel-Täter“.
All diese Gründe brachten vor dem Landgericht nun auch die beiden Verteidiger vor. Eine „Katastrophe für die gesamte Familie“sei eine Gefängnisstrafe, sagte Rechtsanwalt Peter. Sein Kollege Schaudinn ergänzte, dass die Brüder die Konsequenzen wohl nicht richtig eingeschätzt hätten.
Auch die Angeklagten selbst erschienen – anders als vor dem Amtsgericht – reumütig. Der jüngere Bruder sprach vom größten Fehler seines Lebens, der ihm unendlich leidtue. Der Ältere entschuldigte sich ebenfalls für „den Blödsinn, den wir gemacht haben“. Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, welchen Stein er ins Rollen gebracht habe. „Was ich meiner Frau und den Kindern angetan habe, nagt an mir“, sagte er.
Ihr Geständnis wurde vom Gericht um Herbert Krause honoriert: Die Brüder wurden zu je einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Der ältere Bruder muss 1500 Euro an das Blaue Kreuz in Memmingen bezahlen, der jüngere, der weniger verdient, 1000 Euro an den Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe.
Die sogenannte „nicht geringe Menge“des Cannabis’ sei bei den angebauten und von der Polizei abgeernteten Pflanzen deutlich überschritten worden, erläuterte der Richter, und zwar um mehr als das Sechsfache. Er sprach von mehr als 3000 Konsumeinheiten. „Bei dieser Menge sträubt sich das Gericht, einen minderschweren Fall anzunehmen.“Dennoch blieben er und die Schöffen im unteren Bereich des Strafrahmens, der bei einem bis 15 Jahren Haft liegt.
Das Urteil sei ein Signal, „dass ein Geständnis was bringt“, erläuterte Krause. In der ersten Instanz sei gepokert worden, urteilte der Richter. „Beim Amtsgericht wäre mit einem Geständnis das Gleiche herausgekommen“, glaubt er. In diesem Fall wären die Männer günstiger davongekommen. Rechtsexperten zufolge muss man für einen Fall wie diesen mit einem vierstelligen Euro-Betrag an Mehrkosten für die Berufung rechnen. Das Urteil ist rechtskräftig.