Warum es in Schwaben keine „Spätis“gibt
In Berlin ist er Kult, hier sucht man solche Läden vergebens. Es gibt in Bayern jedoch eine Alternative
Landkreis Zu Beginn der ersten Semesterferien steht es da: Das kleine Hänschen, das einst in die Welt hinauszog und nun von seinen Abenteuern in Berlin schwärmt. Den krassen Partys, wie beliebt die Schwaben in der Hauptstadt neuerdings seien und vor allem: dem Späti. Den heiligen Hallen all der Hungrigen, die um 20 Uhr vor leerem Kühlschrank stehen. Der Durstigen, die nachts fürchten, zu dehydrieren. Den Partygängern, die dasselbe fürchten.
Es handelt sich um einen sagenumwobenen Ort, musst du feststellen, wenn Hänschen mit sehnsuchtsvollem Blick vom Späti berichtet. Und er dann lästert, was für eine Schande es doch sei, dass solche Etablissements hierzulande verboten seien. Als grenze es an Blasphemie. Es wird nicht helfen, wenn du beschwichtigst, „Mia san mia“, das reiche völlig aus und der Schwabe spart eben auch zu später Stunde noch gern. Schuld an dem Dilemma sind die bayerischen Gesetze – eiserne Ketten, die jeglichen Hedonismus im Zaum halten.
Seit 2006 ist es Ländersache, wie lange Geschäfte öffnen dürfen. In fast allen Bundesländern brachen daraufhin die Dämme. Überall kann man jetzt bis mindestens 22 Uhr einkaufen, in einigen Bundesländern rund um die Uhr. Mit zwei Ausnahmen: dem Saarland und Bayern. Hier blieb alles bei der guten alten Zeit: Um 20 Uhr ist Ladenschluss.
Aber natürlich gibt es hierzulande Alternativen zum Späti: Tankstellen oder Bahnhöfe. Geschäfte, die Reisende mit dem Nötigsten versorgen, dürfen rund um die Uhr aufhaben. Zu einer solchen Grundversorgung zählt neben Zeitung, Autozubehör und Leberkäse eben auch ein kühles Helles. (Bekanntlich ist Bier in Bayern Grundnahrungsmittel.) Das Problem: Nicht jeder wohnt an einem Hauptbahnhof, an dem der Supermarkt 24 Stunden geöffnet hat. Und die Tankstellenbetreiber wissen um ihre nächtliche Monopolstellung und verlangen dementsprechende Preise. Was bleibt, sind Kioske. Denn der Kiosk gilt in Bayern als Gaststätte und darf 23 Stunden am Tag geöffnet haben.
Übrigens: Erst Ende 2017 haben die Freien Wähler in Bayern eine Initiative gewagt, um die Ladenöffnungszeiten wenigstens bis 22 Uhr zu verlängern. Auf viel Gegenliebe sind sie dabei nicht gestoßen. Der Ladenschluss um 20 Uhr blieb. Bis dahin bleibt für Hänschen in Bayern statt Bier auf dem Bürgersteig nur der Bartresen.