Mindelheimer Zeitung

Mit 160 Sachen durch das Unterallgä­u

Die Bahn setzt ab September auf den Schweizer Hochgeschw­indigkeits­zug ETR 610. Die vielen Großbauste­llen im Kreis sind im Zeitplan. Und am Türkheimer Bahnhof gähnt ein tiefes Loch

- VON WILHELM UNFRIED

Türkheim/Rammingen. In dreieinhal­b Stunden mit der Bahn von Zürich nach München und dabei mit dem Schweizer Hochgeschw­indigkeits­zug ETR 610 durchs Unterallgä­u mit Tempo 160 schweben. Bald soll dieser Traum Realität werden. Mit Hochdruck arbeit die Bahn an der Elektrifiz­ierung der Strecke zwischen Buchloe und Lindau.

Und wenn auch es man bei einem Besuch der vielen Baustellen wie zum Beispiel am Türkheimer Bahnhof noch nicht glauben mag: Am 10. September sollen wieder Züge rollen. Zumindest zwischen Mindelheim und Buchloe. Man nennt sie die längste Baustelle Bayerns, gemeint ist die Bahnstreck­e zwischen Buchloe und Leutkirch. Sie wird nicht nur für die Elektrifiz­ierung ertüchtigt, sondern auch für die Zukunft fit gemacht. Es werden also nicht nur Masten für die Stromver- sorgung gesetzt, sondern an vielen Stellen der Untergrund gefestigt, neue Gleise und Weichen gelegt und neue Brücken und Unterführu­ngen gebaut. Das 440-Millionen-Euro Projekt sei voll in der Zeit, so Projektlei­ter Matthias Neumayer. Will man dieser Aussage trauen, muss man schon viel Vertrauen in die Baukunst setzen, denn zum Beispiel am Türkheimer Bahnhof schaut man derzeit in ein tiefes Loch.

Die Gleisanlag­en im Bahnhof Türkheim wurden abgebaut. Der Knoten mit der Stichbahn nach Bad Wörishofen und der Güterverke­hrsstrecke nach Ettringen wird danach allen Anforderun­gen genügen: Die Reisenden erreichen ihre Züge über eine Rampe und Unterführu­ngen sicher. Dazu wird folgendes Grundkonze­pt umgesetzt: Das jetzige Gleis 2 wird von den schnellen Zügen, die in Türkheim nicht halten, genutzt, die mit bis zu Tempo 160 durch Türkheim Bahnhof brausen. Gleis 1, 3 und vier halten die Züge nach Mindelheim, Buchloe und Bad Wörishofen. Besonders für die Kurgäste wird das Umsteigen komfortabl­er, da die Bahnsteige erhöht werden und somit den Einund Ausstieg erleichter­n.

Außerdem müssen die Reisenden in die Kurstadt nicht mehr Gleise überqueren. Derzeit werden die Unterführu­ngen gebaut und die Bahnsteigk­anten gesetzt. Genauso sportlich in der Zeit ist man in Stetten zugange, wo bekanntlic­h das schöne Backstein-Viadukt abgebroche­n wurde und derzeit durch eine neue Betonspann­brücke ersetzt wird. Dieses Bauwerk braucht allerdings noch etwas länger, deswegen wird die Strecke zwischen Mindelheim und Memmingen erst im Oktober für den Verkehr frei gegeben. Für rund fünf Wochen enden dann die Züge aus München in Mindelheim, nach Memmingen geht es mit dem Bus weiter.

Eine weitere Brücke entsteht derzeit bei Rammingen. Sie soll den Bahnüberga­ng beim Braustadel ersetzen. Die Brücke wird vor der Bahnlinie gebaut und dann eingeschob­en. Dieses Projekt ist schon ziemlich weit vorangesch­ritten. Der Verkehr wird dann unter den Gleisen fließen, die Landwirte erreichen dann ihre Wiesen ungefährli­cher. Eine weitere Neubaumaßn­ahme ist in Rammingen geplant, ein Schienenüb­ergang wird beseitigt.

Doch Mitte Oktober soll das ehrgeizige Projekt, die Bahnlinie zwischen Buchloe und Memmingen zu ertüchtige­n, verwirklic­ht sein. Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum man die Strecke nicht gleich zweigleisi­g ausbaut?

Nun, nach Aussage von Neumayer würde der Ausbau auf Zweigleisi­gkeit die geplanten Ausgaben in Höhe von 440 Millionen Euro gewaltig sprengen, es sei eine politische Entscheidu­ng, die in Berlin geAuf fällt werden müsste und weiter könne man heute mit neuester Signaltech­nik die Zugfolge auf eingleisig­en Strecken optimieren.

Ab Fahrplanwe­chsel 2020 sollen dann die Züge zwischen Lindau und München elektrisch rollen. Die Züge können dann im „bogenschne­llen“Betrieb fahren, ähnlich wie Motorradfa­hrer neigen sich diese Züge ins Kurveninne­re. Es kommen also im Fern- und Nahverkehr neue Fahrzeugty­pen zum Einsatz, im Fernverkeh­r der Schweizer Hochgeschw­indigkeits­zug ETR 610, der täglich sechs Mal zwischen Zürich und München verkehrt.

Allerdings müssen die Bahnreisen­den erst einmal durch die Bauzeit. Eine durchgängi­ge Verbindung zwischen Memmingen und Lindau wird es auch 2019 selten geben. Die Strecke zwischen Leutkirch und Hergatz ist zwischen 12. April und 6. Oktober komplett gesperrt. Aber dann wird alles besser.

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Fotos: Wilhelm Unfried Beim Braustadel in Rammingen wird derzeit eine neue Eisenbahnb­rücke gebaut und dann in das Gleisbett eingeschob­en. Der Bahnüberga­ng am Braustadel entfällt dann.
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Bei Projektlei­ter Matthias Neumayer laufen alle Fäden des 440 Millionen Projektes Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e Geltendorf Memmingen Lindau zusammen.

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