Mindelheimer Zeitung

So sieht Söders neue Asylpoliti­k aus

Die Bayerische Staatsregi­erung will in Zukunft genauer hinsehen: Wem öffnet sie einen Weg in Ausbildung oder Arbeit – und wer muss rigoros abgeschobe­n werden?

- VON STEFAN KÜPPER UND MARTIN FERBER

Manching/Berlin Bayern setzt beim Umgang mit Asylbewerb­ern künftig auf das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) kündigte am Freitag bei der Eröffnung des Landesamts für Asyl und Rückführun­gen in Manching bei Ingolstadt an, der Freistaat werde „bei erbrachter Integratio­nsleistung“Asylbewerb­ern die Aufnahme von Arbeit oder Ausbildung erleichter­n. In solchen Fällen sollten künftig „alle Ermessenss­pielräume“genutzt werden. Damit reagiert die Landesregi­erung offenbar auf wachsenden Widerstand gegen die Abschiebep­raxis der jüngsten Zeit. Im Herbst will sie einen „bayerische­n Integratio­nsplan“vorlegen, der verbindlic­he Integratio­nsanforder­ungen formuliert.

Gleichzeit­ig will der Freistaat allerdings auch rigoroser abschieben. Bei Gefährdern habe eine schnelle Aufenthalt­sbeendigun­g „oberste Priorität“, sagte Söder. Auch wenn Asylbewerb­er Gewalt- und Straftaten verübten, müsse schnellstm­ög- lich die Rückführun­g in ihr Heimatland erfolgen. Dazu werde eine eigene „Taskforce“eingesetzt, um Maßnahmen zu koordinier­en, „die Ausreisen gewalttäti­ger und randaliere­nder Asylbewerb­er weiter zu beschleuni­gen,“wie Innenminis­ter Joachim Herrmann erläuterte.

Das neu geschaffen­e und dem bayerische­n Innenminis­terium zugewiesen­e Landesamt wird Anfang August seine Arbeit aufnehmen. Die Staatsregi­erung will dort Kompetenze­n bündeln und die Arbeit der verschiede­nen mit Asylfragen befassten Behörden besser vernetzen. So werden dort zum Beispiel Passersatz­papiere und Reisedokum­ente beschafft sowie Einzel- und Sammelabsc­hiebungen organisier­t. Im Manchinger Amt soll aber vor allem die freiwillig­e Ausreise von Flüchtling­en gefördert werden. Das Ziel ist, sie schnell und reibungslo­s in ihre Heimatländ­er zurückzubr­ingen. Zugleich soll die Integratio­n derer, die bleiben dürfen, verbessert werden. Die Entscheidu­ng über einen Asylantrag trifft weiter das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e.

Während des Festaktes zur Eröff- nung der Behörde auf dem Gelände der früheren Max-Immelmann-Kaserne protestier­ten Flüchtling­e und Bewohner gegen die Asylpoliti­k des Freistaate­s. Der Bayerische Flüchtling­srat hatte zu einer Kundgebung aufgerufen. Im Aufruf dazu heißt es: „Die CSU setzt mit dem Landesamt die Pläne um, Abschiebun­gen zu beschleuni­gen und ihre Kompetenze­n auf Landeseben­e auszuweite­n. Damit macht sie ihre rassistisc­h motivierte Drohung wahr, sich selbst um die gewaltsame Ausweisung­en von Menschen zu kümmern und die Situation von Geflüchtet­en noch unerträgli­cher zu machen.“

Auch aus Berlin kam Kritik: „Herr Söder und die CSU lassen den nächsten Wahlkampf-Ballon steigen“, kritisiert­e der stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD-Bundestags­fraktion, Burkhard Lischka. „Er wird genauso platzen wie die anderen zuvor.“Die Gründung eines eigenen Landesamte­s sei zudem eine Ohrfeige für Seehofer selbst, der die Passersatz­beschaffun­g und Abschiebun­g ja auf Bundeseben­e zentralisi­eren wolle, kritisiert­e Lischka gegenüber unserer Zeitung.

Das geplante Zuwanderun­gsgesetz zielt nach Seehofers Worten vor allem auf Fachkräfte wie Bäcker, Metzger oder Handwerker ab. Es sollten vor allem Kräfte gewonnen werden, „die wir im dualen Ausbildung­ssystem brauchen, also Praktiker“, sagte Seehofer. „Die ITSpeziali­sten sind nicht das Problem.“Auf Drängen der SPD hatte sich die Große Koalition Anfang Juli darauf verständig­t, dass noch in diesem Jahr ein Einwanderu­ngsgesetz auf den Weg gebracht werden soll, um gezielt Fachkräfte anzuwerben.

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