Mindelheimer Zeitung

Ein Signal gegen den Trend

NRW-Städte wollen mehr Bootsflüch­tlinge aufnehmen

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Angela Merkel bekommt viel Post. Immer dann aber, wenn die Zusendunge­n als offener Brief angelegt sind, geht es dem Absender darum, ein politische­s Zeichen zu setzen. So ist es auch in diesem Fall: Die Oberbürger­meister von Köln, Bonn und Düsseldorf haben in ihrem Schreiben an die Bundeskanz­lerin die Wiederaufn­ahme der Seenotrett­ung im Mittelmeer gefordert, gleichzeit­ig aber auch angeboten, zusätzlich „in Not geratene Flüchtling­e“aufzunehme­n. Bemerkensw­ert ist, dass die Verfasser aus unterschie­dlichen politische­n Lagern stammen: Thomas Geisel (Düsseldorf) gehört der SPD an, Ashok Sridharan (Bonn) der CDU, Henriette Reker (Köln) ist parteilos.

Das Trio stemmt sich gegen die vermeintli­ch vorherrsch­ende Meinung, dass „Zäune und Mauern statt eines gerechten europäisch­en Verteilsys­tems die Not der Geflüchtet­en lösen können“. Merkels Kurs wird unterstütz­t: „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass es eine europäisch­e Lösung für die Aufnahme, die Asylverfah­ren sowie die Integratio­n oder die Rückführun­g von Geflüchtet­en geben muss.“

Das Ausmaß der Tragödie ist gewaltig. Nach Zahlen der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) sind seit Jahresbegi­nn mehr als 1400 Menschen ertrunken. Die Situation hat sich noch verschärft, seit die italienisc­he Regierung Schiffen der internatio­nalen Rettungsmi­ssionen das Einlaufen in italienisc­he Häfen verweigert. Viele Hilfsorgan­isationen haben ihre Missionen deshalb ausgesetzt.

Wie viele Menschen die drei Städte tatsächlic­h aufnehmen können und wollen, steht allerdings nicht in dem Brief. Was wäre möglich? Beispiel Köln: Die Stadt verfügt derzeit über rund 5000 Plätze – davon sind nach Auskunft der Behörden etwa 80 Prozent belegt. Danach könnten bis zu 1000 Bootsflüch­tlinge zusätzlich in der Domstadt untergebra­cht werden.

Wie zu erwarten war, ist die Bandbreite der Reaktionen gewaltig: Der Deutsche Städtetag hat das Angebot der Oberbürger­meister als „große Geste“begrüßt. Die AfD in Köln forderte Henriette Reker zum sofortigen Rücktritt auf.

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