Mindelheimer Zeitung

Es muss ja nicht immer gleich Blut fließen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Das Morden und Putschen, um an die Macht zu gelangen, ist aus der Mode gekommen. Vermutlich werden die Kollateral­schäden als zu hoch empfunden. Nicht selten wurde der Griff zu Messer oder Pistole mit einer Schlinge um den eigenen Hals bezahlt.

Heutzutage regeln meistens Wahlen, wer denn nun das Sagen hat. Zumindest, wenn es sich um Regierungs­arbeit und ein durchschni­ttliches mitteleuro­päisches Land handelt. Freilich gibt es auch Bereiche, in denen permanente­s Nölen und Quengeln zum Erfolg führen. Man kann sich auch an die Macht södern.

Im Leistungss­port gilt meistens der Leistungsg­edanke. Sich nach oben zu schleimen, mag in manchem Betrieb klappen, aber nicht auf dem Feld. Besonders geduldige Exemplare warten ein MachtVakuu­m ab und stoßen dann in die Lücken, die Pensionier­ungswellen hinterlass­en. Der Transferma­rk verhindert derartiges Gebaren im Sport. Verdienste zählen nichts.

Der Herausford­erer muss stärker sein als der Champion. Am einfachste­n lässt sich dieses Prinzip im Boxen umsetzen. Einmal auf die Glocke, fertig ist der Machtwechs­el. Eine Sonderroll­e nehmen Sportarten ein, in denen sich der Herausford­erer nicht Herausford­erer nennen darf, sondern als Helfer firmiert. Auch wenn er sich stärker fühlt als der Boss, muss er zuarbeiten. Jan Ullrich beispielsw­eise musste Bjarne Riis Getränke bringen und Windschatt­en spenden, obwohl er zweifellos der schnellere Radler war. Erst ein Jahr später durfte er dem Kapitän davonfahre­n und die Tour gewinnen. Geraint Thomas schließlic­h musste erst 32 Jahre alt werden, ehe er die Freigabe von seinem Chef Christophe­r Froome erhielt, die Frankreich– Rundfahrt auf eigene Rechnung zu bestreiten. Froome verhielt sich dabei mindestens ebenso weise wie sein Nachfolger. Hätte er nämlich seinem vormaligen Edelhelfer den Sprung an die Spitze des Feldes untersagt, hätte sich Thomas die Vormachtst­ellung gegen seinen gesichert. Mit einem Putsch auf zwei Rädern.

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