Es muss ja nicht immer gleich Blut fließen
Das Morden und Putschen, um an die Macht zu gelangen, ist aus der Mode gekommen. Vermutlich werden die Kollateralschäden als zu hoch empfunden. Nicht selten wurde der Griff zu Messer oder Pistole mit einer Schlinge um den eigenen Hals bezahlt.
Heutzutage regeln meistens Wahlen, wer denn nun das Sagen hat. Zumindest, wenn es sich um Regierungsarbeit und ein durchschnittliches mitteleuropäisches Land handelt. Freilich gibt es auch Bereiche, in denen permanentes Nölen und Quengeln zum Erfolg führen. Man kann sich auch an die Macht södern.
Im Leistungssport gilt meistens der Leistungsgedanke. Sich nach oben zu schleimen, mag in manchem Betrieb klappen, aber nicht auf dem Feld. Besonders geduldige Exemplare warten ein MachtVakuum ab und stoßen dann in die Lücken, die Pensionierungswellen hinterlassen. Der Transfermark verhindert derartiges Gebaren im Sport. Verdienste zählen nichts.
Der Herausforderer muss stärker sein als der Champion. Am einfachsten lässt sich dieses Prinzip im Boxen umsetzen. Einmal auf die Glocke, fertig ist der Machtwechsel. Eine Sonderrolle nehmen Sportarten ein, in denen sich der Herausforderer nicht Herausforderer nennen darf, sondern als Helfer firmiert. Auch wenn er sich stärker fühlt als der Boss, muss er zuarbeiten. Jan Ullrich beispielsweise musste Bjarne Riis Getränke bringen und Windschatten spenden, obwohl er zweifellos der schnellere Radler war. Erst ein Jahr später durfte er dem Kapitän davonfahren und die Tour gewinnen. Geraint Thomas schließlich musste erst 32 Jahre alt werden, ehe er die Freigabe von seinem Chef Christopher Froome erhielt, die Frankreich– Rundfahrt auf eigene Rechnung zu bestreiten. Froome verhielt sich dabei mindestens ebenso weise wie sein Nachfolger. Hätte er nämlich seinem vormaligen Edelhelfer den Sprung an die Spitze des Feldes untersagt, hätte sich Thomas die Vormachtstellung gegen seinen gesichert. Mit einem Putsch auf zwei Rädern.