Mindelheimer Zeitung

Bauchtänze­rinnen für Parsifal

Auch im dritten Aufführung­sjahr von Richard Wagners Grals-Oper müssen peinliche Bühnenszen­en überwunden werden. Dem Produktion­steam hallt dafür viel Ablehnung entgegen

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es dazu kommt, müssen erst mal weite Strecken an anderen Geschehnis­sen überwunden werden: Bis an die Zähne bewaffnete­s Militär auf der Suche nach IS-Terroriste­n sowohl unter dem Kuppelbau der flüchtling­sfreundlic­hen Gralsbrüde­rschaft als auch bei dem muslimisch­en Klingsor, seines Zeichens Sammler von christlich­en Kirchensch­ätzen wie Kruzifixe und eben Speer. Sollten Söder einmal die Kreuze ausgehen für Bayerns Stuben – hier wird er fündig.

Zu überwinden aber sind in diesem „Parsifal“vor allem jene peinlichen Szenen mit aufreizend­en jungen Damen, die feuchte AltherrenT­räume bedienen: Klingsors Hamam-Bad mit Harems-Damen in Bauchtanz-Fummel, später kurvenreic­he Nackedeis, die sich – zum Karfreitag­szauber – in einer Art Regenwald duschen und dabei neckig anspritzen. Kitsch der schlimmste­n Sorte – weswegen wohl jetzt, zur Wiederaufn­ahme, dem Produktion­steam schwere Ablehnung entgegen hallte. Fragt man den Dramaturge­n der Inszenieru­ng, was sich in der Werkstatt Bayreuth an Wesent- lichem im dritten Aufführung­sjahr verändert, womöglich verbessert hat, tut er sich schwer mit einer Antwort. Dass die beobachten­de Figur hoch über der Szene nun eine Skulptur mit Hirtenstab ist, kann nicht kriegsents­cheidend sein …

So hat die Musik wieder einmal zu retten, was zu retten ist. Semyon Bychkov hat von Hartmut Haenchen die musikalisc­he Leitung übernommen; er verlangt vom Festspielo­rchester vor allem fließende Milde im orchestral­en Strom. Zwei Männerstim­men ragen heraus aus dem Ensemble, die von Andreas Schager in der Titelrolle mit expressive­n Ausbrüchen vor allem im zweiten Aufzug und die des über alle Kritik erhabenen Günther Groissböck als balsamisch­er Gurnemanz. Reine Hörlust – während sich die Kundry von Elena Pankratova mit ihrem Flackern, ihrem Vibrato, ja Tremolo in anderen Geschmacks­welten bewegt. Thomas J. Mayer gelingt es, einen psychisch angegriffe­nen Amfortas zu zeichnen; Derek Welton singt und spielt einen etwas eindimensi­onal-böse angelegten Klingsor. Jubel über die Solisten.

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