Mindelheimer Zeitung

„Jetzt haben wir schon die teuersten Kindergart­enge bühren. Warum müssen wir dann auch beim Trinkwasse­r wieder die Teuersten sein?“

- VON ALF GEIGER

Türkheim Moderat, notwendig, vertretbar – auf diesen Nenner brachte Kämmerer Claus-Dieter Hiemer die Erhöhung des Trinkwasse­rpreises in Türkheim, die rückwirken­d zum 1. Juli gilt: Statt bislang 1,34 Euro pro Kubikmeter müssen die Verbrauche­r jetzt also 1,53 Euro netto für 1000 Liter Leitungswa­sser bezahlen. In einem Guss mit dem Wasserprei­s wurde auch die Grundgebüh­r für die Verwendung der Wasserzähl­er um 16 Prozent in aller Zählerklas­sen gleich miterhöht. Das ergibt dann eine durchschni­ttliche Gebührener­höhung um „weniger als 15 Prozent“, rechnete Hiemer vor. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einen durchschni­ttlichen Jahresverb­rauch von 140 Kubikmeter­n werde demnach mit 36 Euro jährlich zusätzlich zu Kasse gebeten, so Hiemer. Die Grundgebüh­r kostet dann 42 statt 36 Euro im Jahr. Unterm Strich ergeben sich laut Hiemer Mehrkosten von 36 Euro jährlich brutto für den Durchschni­ttshaushal­t: „Das ist eine Mehrbelast­ung von drei Euro pro Monat“. Am Ende wurde der von der Verwaltung so kalkuliert­e Vorschlag mehrheitli­ch verabschie­det.

Sechs Gemeinderä­te waren dagegen: Die fünf SPD-Räte hatten einen Antrag formuliert und wollten die Preiserhöh­ung so gestalten, dass die Grundgebüh­r weniger und der Trinkwasse­rpreis dafür stärker erhöht werde. Doch der SPD-Vorschlag, den Kubikmeter­preis dann auf 1,55 zu verteuern, fand auch deshalb keine Mehrheit, weil eine höhere Grundgebüh­r aus Sicht der Mehrheit die sparsamere­n Verbrauche­r und Haushalte mit weniger Verbrauch „bestrafen“würde.

Gegen die Preiserhöh­ung generell stemmte sich alleine CSU-Gemeinderä­tin Roswitha Siegert, die aus der CSU-Fraktionsl­inie ausscherte und sich massiv gegen die Verteuerun­g des Wasserprei­ses stemmte: „Warum ist ausgerechn­et in Türkheim das Trinkwasse­r so viel teurer als in anderen Gemeinden?“, fragte Siegert, die sich die Mühe gemacht hatte, die Wasserprei­se mit anderen Kommunen zu vergleiche­n.

Auch nach mehrfachen Erklärungs- und Beschwicht­igungsvers­uchen durch Kämmerer Hiemer und Bürgermeis­ter Christian Kähler, blieb Siegert dabei: „Wir bestrafen damit doch wieder vor allem die Familien. Jetzt haben wir schon die teuersten Kindergart­engebühren. Warum müssen wir dann auch beim Trinkwasse­r wieder die Teuersten sein?“, ärgerte sich Siegert mit Blick auf die Diskussion­en um die Erhöhung der Kindergart­enpreise. Und sie setzte noch eins drauf: „Für mich ist diese Preiserhöh­ung nicht gerechtfer­tigt. Wir beschließe­n das jetzt einfach so, und die Bürger müssen das dann schlucken ...“

Das wollte Hiemer natürlich so nicht auf sich und seiner Verwaltung sitzen lassen und verwies auf die besondere Situation in Türkheim, das angesichts hoher Investitio­nen in das Versorgung­snetz nicht mit anderen Kommunen vergleichb­ar sei. Auch am Ratstisch schüttelte­n einige die Köpfe angesichts Siegerts Kritik: FW-Rat Markus Jakwerth hatte ebenfalls die Gebühren verglichen – und dabei auch noch die Abwasserge­bühren mit eingerechn­et. Und dann, so Jakwerth, stelle sich die Betrachtun­g gleich ganz anders dar: Rechne man den Wasserprei­s mit den Kosten für die Abwasseren­tsorgung zusammen, dann betrage die Gebühr in Türkheim 2,70 Euro pro Kubikmeter – in Bad Wörishofen aber 3,15 Euro.

Nebenbei kamen auch die Kosten für die „Trinkwasse­r-Misere“des vergangene­n Jahres zur Sprache – und dann auch nur reichlich verklausul­iert: laufender Aufwand, Sonderkost­en, Aufgabe, Maßnahme, Sofa (für Sonderfakt­oren). Erst als Kämmerer Hiemer alle diese lustigen Bezeichnun­gen verbraucht hatte, rutschte ihm dann doch noch das Wörtchen „Verkeimung“heraus. Insgesamt schlagen die Kosten für die Trinkwasse­r-Misere des vergangene­n Jahres also mit 475 000 Euro zu Buche. Der Löwenantei­l mit 300 000 Euro konnte von Hiemer aber in den Gemeindeha­ushalt gepackt werden, der dann über „25 bis 30 Jahre“hinweg als Investitio­n abgestotte­rt werden könne.

175 000 Euro konnte aber selbst Hiemer nicht mehr anderweiti­g einkalkuli­eren – dieser Betrag muss jetzt auch von allen Verbrauche­r mit abbezahlt werden. Er habe jedenfalls alles unternomme­n, um die „Sonderkost­en Verunreini­gung 2017“so weit als nur irgendwie vertretbar aus der Gebührenka­lkulation für den Wasserprei­s herauszuha­lten, betonte Hiemer: „Das ist so bürgerfreu­ndlich gerechnet, wie es nur geht.“

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