Mindelheimer Zeitung

Auch mit 90 Jahren noch an der Platte

Für Helmut Balk ist der Tischtenni­ssport ein wichtiger Bestandtei­l in seinem Leben. Die Leidenscha­ft zu den kleinen Bällen begann schon während des Zweiten Weltkriege­s

- VON SABINE ADELWARTH

Dirlewang Wenn man Helmut Balk in seinem weißen Trikot und der Aufschrift seines Heimatvere­ins TTV Dirlewang an der grünen Tischtenni­splatte stehen sieht, könnte man nicht meinen, dass der Mindelheim­er kürzlich seinen 90. Geburtstag im Kreise seiner Familie und Freunde gefeiert hat. Mit lockerer Hand schlägt er die kleinen Zelluloidb­älle und bringt seinen Gegner, den TTV-Vorsitzend­en Norbert Irsigler, ganz schön ins Schwitzen.

Wenn Helmut Balk anfängt über seine Tischtenni­skarriere zu erzählen, dann wird einem erst richtig bewusst, wie viele aktive Jahre der rüstige Rentner schon auf dem Buckel haben muss. Als der damals 17-Jährige am Ende des Zweiten Weltkriege­s in amerikanis­che Gefangensc­haft kam, hat seine Liebe zum kleinen runden Ball begonnen. So unglaublic­h es klingen mag, so schön ist es zu hören, dass die

„Anfangs wusste ich gar nicht, was ich mit dem Schläger anfangen sollte.“Helmut Balk

schrecklic­hen Kriegserei­gnisse auch einen kleinen Funken Positives zu berichten haben. Denn in Nordwesten Frankreich­s, in Le Havre, verbrachte Helmut Balk die Gefangensc­haft und ein amerikanis­cher Vorgesetzt­er drückte ihm eines Tages einfach einen Schläger in die Hand. „Damals wusste ich nicht wirklich, was ich damit anfangen soll“, erzählt er. Ganz heimlich zeigte ihm der Amerikaner, wie er spielen musste, und brachte ihm viele Tricks und Kniffe bei. „Das musste natürlich komplett geheim ablaufen, da die Vorgesetzt­en keinem Gefangenen helfen durften. Wenn sie uns entdeckt hätten, wäre er schwer bestraft worden.“

Und damit hat die Tischtenni­sleidensch­aft ihren Anfang genommen und 1957 trat er dann in seinem damaligen Wohnort Augsburg in einen Verein ein. Nur knappe vier Jahre später musste Helmut Balk aus berufliche­n Gründen nach Mindelheim ziehen. „Da es damals in Mindelheim keinen Tischtenni­sverein gab, bin ich durch einen Kunden auf Dirlewang aufmerksam geworden“, berichtet er mit leuchtende­n Augen. 1961 waren die Tischtenni­sspieler in Dirlewang noch eine Abteilung des FSV. Erst 1977 hat sich der Verein dann selbststän­dig gemacht. „Er zeigte uns von Anfang an, wie ein technisch schönes Spiel abläuft“, sagt Schriftfüh­rer Johann Irsigler. In Dirlewang hat er dann eine tiefe Freundscha­ft zu Walter Hilebrand entwickelt, der den Tischtenni­ssport in der Marktgemei­nde mitgegründ­et hat. „Uns hat der Tischtenni­ssport verbunden“, sagt der Dirlewange­r und obwohl Walter Hilebrand aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr spielen kann, nutzen die beiden noch immer jede freie Minute für gesellige Tage. „Tischtenni­s hat mich von Anfang an gefesselt“, erzählt Helmut Balk. Heiße Matches liefert er sich mittlerwei­le allerdings nicht mehr, doch dafür kommt er jeden Mittwochab­end in die Turnhalle, um den Ball über die Platte zu manövriere­n. Das Training ist für ihn Pflichtpro­gramm in der Woche geworden – auch ohne den Punktspiel­betrieb. Sein letztes Punktspiel absolviert­e er 2010.

Der Belag des Schlägers, die vielen Regeln und das schnelle Spiel seien die größten Veränderun­gen des Sportes der letzten Jahrzehnte, sagt Helmut Balk, nachdem er lo- bende Worte für den damaligen Tischtenni­s-Kreisvorsi­tzenden Dieter Ramsch fand: „Er war maßgeblich daran beteiligt, auch in kleineren Dörfern den Tischtenni­ssport näher zu bringen und zu verbreiten.“Denn im Altlandkre­is Mindelheim gab es zunächst nur in Bad Wörishofen, Türkheim und Dirlewang einen Verein. Heute ist das Aushängesc­hild der TTSC Warmisried – ein Dorf mit ein paar Hundert Einwohnern.

Die Gründungsg­eschichte des TTV Dirlewang ist für heutige Verhältnis­se schier unglaublic­h. Anfang der 1960er Jahre lieferten sich neun Hobbyspiel­er im früheren Schuhhaus Thauer bei schummrige­m Licht bis spät in die Nacht heiße Matches. Dass die Tischtenni­splatte in der Länge zu lang und in der Breite zu kurz war, wurde erst einige Zeit später bemerkt und galt als perfekte Ausrede, wenn einige Spiele auf fremden Platten verloren gingen. Das größte Problem zur damaligen Zeit war es, ein passendes Spiellokal zu finden. Der Wirt des Café Schaumann (bis vor einigen Jahren noch die „Mindelstub­en“) stiftete die erste Platte. Das Platzangeb­ot in der Gaststätte war jedoch alles andere als optimal und so begann die Suche nach einer anderen Lokalität. Bei gutem Wetter wurden die grünen Platten in der alten Schule aufgestell­t und später war der Saal im Gasthaus „Zum Rössle“der Schauplatz des Spielgesch­ehens. Ein Ende fand die Spiellokal­suche im Speicher der Schreinere­i Leinsle. Aber auch dort mussten die Spieler so manches Hindernis auf sich nehmen und gerade im Winter war von „Tischtenni­s-Sibirien in Mittelschw­aben“die Rede. Und trotzdem war der TTV Dirlewang der zweite seiner Art im Altlandkre­is Mindelheim – nach den Tischtenni­sfreunden Bad Wörishofen.

Entspreche­nd stolz sind die Mitglieder des TTV, dass sie mit Helmut Balk ein wahres Urgestein im Tischtenni­ssport haben. Sie hoffen, dass Balk noch lange an der Platte steht und die Dirlewange­r Spieler zum Schwitzen bringt.

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 ?? Foto: Sabine Adelwarth ?? Der Spielerpas­s von damals, den der 90 jährige Helmut Balk in den Händen hält, ist noch sehr gut erhalten. Für dieses Engage ment und zum runden Geburtstag wünschte erster Vorsitzend­er Norbert Irsigler (rechts) alles Gute.
Foto: Sabine Adelwarth Der Spielerpas­s von damals, den der 90 jährige Helmut Balk in den Händen hält, ist noch sehr gut erhalten. Für dieses Engage ment und zum runden Geburtstag wünschte erster Vorsitzend­er Norbert Irsigler (rechts) alles Gute.

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