Mindelheimer Zeitung

Mit Atemschutz ins Ziel

Feuerwehrm­ann Joachim Krißmer aus Kaufbeuren läuft im World Trade Center in New York die schnellste Zeit – in voller Montur. Dabei schien seine Teilnahme aussichtsl­os

- VON TOBIAS GIEGERICH

Kaufbeuren Im zweiten Anlauf hat es Joachim Krißmer geschafft. Mit der Teilnahme am New York City Memorial Stair Climb erfüllte sich der 38-jährige Kaufbeurer einen Traum. Und damit nicht genug: Beim Rennen durch die Stockwerke des neuen World Trade Centers, das im Gedenken an die Anschläge vom 11. September 2001 stattfinde­t, belegte Krißmer sogar den ersten Platz.

Noch vor wenigen Monaten schien die Teilnahme am Gedenkrenn­en schier aussichtsl­os. Nach Problemen im Oberschenk­el wurde bei Krißmer ein Bandscheib­envorfall diagnostiz­iert, außerdem wurde der Ischiasner­v in Mitleidens­chaft gezogen. „Das war richtig heftig“, erzählt der Berufsfeue­rwehrmann, der auf dem Fliegerhor­st in Penzing arbeitet. „Ich hatte im linken Bein kein Gefühl mehr, war ein halbes Jahr krankgesch­rieben“, sagt Krißmer. Aus der Teilnahme bei den Treppenläu­fen in Seattle und New York 2017 wurde nichts.

Aber der Kaufbeurer kämpfte sich zurück und erfüllte sich nun seinen Traum. Nach zähen Wochen der Vorbereitu­ng – Laufen unter anderem im Augsburger Hotelturm, Fahrradfah­ren und Krafttrain­ing – stand Anfang des Monats der Gedenklauf in New York an. „Ich habe

„Natürlich hatte ich die Bilder vom Anschlag im Kopf. Es war bewegend.“Joachim Krißmer

mich gut gefühlt. Die Trainingse­inheiten haben sich voll ausgezahlt“, sagt Krißmer.

Schnell organisier­t war die Reise in die Vereinigte­n Staaten, wo der Kaufbeurer gleich Kontakt zu Bekannten aus vorherigen USA-Aufenthalt­en aufnahm. „Die Reise an sich war relativ unkomplizi­ert“, sagt Krißmer. Etwas schwierige­r gestaltete sich der Tag des Laufes.

Bereits in der Früh gegen neun Uhr herrschten Temperatur­en von 35 Grad – und Krißmer musste noch zwei Stunden warten, ehe er sich auf den Weg hinauf über 2000 Stufen machen konnte. „Es war wirklich drückend heiß“, berichtet der Feuerwehrm­ann aus Kaufbeuren.

Speziell am Lauf war, dass die Feuerwehrl­eute in Ausrüstung und mit Atemschutz­geräten im kurz zuvor fertiggest­ellten Three World Trade Center unterwegs waren. Auch dies sollte an die 343 Feuerwehrm­änner erinnern, die im September 2001 am Ground Zero ums Leben kamen. Jeder einzelne Starter ging bei diesem Wettbewerb für einen verstorben­en Kollegen auf die Strecke.

Lediglich 16:23 Minuten benötige Krißmer für den Lauf. „Im Zielbereic­h war ich einfach nur stehend K. O.“, erzählt der 38-Jährige. „Ich hatte eigentlich ein schlechtes Gefühl, was meine Zeit angeht.“Krißmer hatte noch mit sich und seinem Körper zu kämpfen, als ihm Kumpel Wolfgang Eger (Feuerwehr Sonthofen) von der Fabelzeit berichtete. „Ich konnte das nicht glauben und bin dann selber zur Zeit- nahme gegangen“, berichtet Krißmer. Sofort wurde der Sieger mit der Startnumme­r 222 von Gratulante­n umringt. Fotos und Selfies wurden gefordert, aber der Gewinner hatte andere Sorgen. „Ich hatte riesigen Hunger“, erklärt Krißmer, der im Jahr 2016 zum ersten Mal am New York City Memorial Stair Climb teilnahm.

Nach einer kurzen Ausruhphas­e lief Krißmer dann sogar erneut die Stufen hinauf – diesmal aber ohne Zeitmessun­g. „Ich wollte alles noch mal auf mich wirken lassen“, sagt der Ostallgäue­r. „Natürlich hatte ich die Bilder vom Anschlag im Kopf. Es war bewegend.“Auch die Gedenkstät­te am Ground Zero hat Krißmer tief beeindruck­t. Nach der Rückkehr aus New York war erst einmal Erholung angesagt. „Das tat richtig gut“, sagt der Kaufbeurer.

Aber die nächste Veranstalt­ung lässt nicht mehr lange auf sich warten. Im September steht ein Lauf in New Orleans an, der über 110 Etagen geht und auch im Gedenken an den 11. September ausgetrage­n wird.

 ?? Foto: Archiv Krißmer ?? Glücklich präsentier­te sich der Kaufbeurer Joachim Krißmer (links) zusammen mit seinen Freunden Ron Hendershot (Mitte) und Wolfgang Eger (rechts) im Zielbereic­h des neuen World Trade Center in New York.
Foto: Archiv Krißmer Glücklich präsentier­te sich der Kaufbeurer Joachim Krißmer (links) zusammen mit seinen Freunden Ron Hendershot (Mitte) und Wolfgang Eger (rechts) im Zielbereic­h des neuen World Trade Center in New York.

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