Was Wiedergeltingen gegen den Stilbruch unternehmen will
Das ehemalige Wasserhaus in Wiedergeltingen soll durch einen modernen Anbau erweitert werden. Doch das gefällt nicht allen. Der Bürgermeister hat aber eine Idee
Es war zwar die Nacht der Mondfinsternis – doch den „Blutmond“konnten die Mondschein-Schwimmer im Türkheimer Freibad nicht sehen. Dafür gab es ab 20 Uhr Zitroneneis mit Sekt am Kiosk. Kurz vor 22 Uhr zogen dann die Schwimmer immer noch ihre Bahnen. Die Organisatoren freuten sich über die rege Teilnahme, es gab Party bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Gäste genossen es, und der nächste Termin für Mondschein-Schwimmen wurde schon angefragt. Wiedergeltingen Über Geschmack – also darüber, ob etwas schön oder vielleicht doch eher hässlich ist – lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Im öffentlichen Raum der Kommunen prallen hier nicht selten individuelle Vorstellungen und Kriterien, die einem (nach allgemeinem Empfinden) stimmigen, harmonischen Ortsbild zuwiderlaufen, aufeinander.
So nun aktuell in Wiedergeltingen, weshalb Bürgermeister Norbert Führer sich veranlasst sah, das Thema auf die Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung zu heben. Im Bereich der östlichen Ortseinfahrt beabsichtigt der Eigentümer eines das Ortsbild prägenden Altbestands-Hauses (ehemaliges Wasserhaus), dieses durch einen quaderförmigen Anbau zu erweitern. Ein Bebauungsplan, wie er für Neubaugebiete üblich ist, existiert an dieser Stelle nicht, und somit fehlen auch Vorgaben, die für Eigentümer bindend wären.
Die Frage stellt sich: Wie kann eine Gemeinde mit solch einem – nach überwiegender Auffassung – optischen Stilbruch umgehen, ihn möglicherweise verhindern? Mit der Ablehnung des Bauantrags durch den Gemeinderat würde es nicht getan sein. Denn ein solcher Beschluss würde dem grundgesetzlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen und auf der nächst höheren Behördenebene aus juristischen Gründen aufgehoben werden.
Vor diesem Hintergrund stellte Bürgermeister Führer den Erlass einer Ortsgestaltungssatzung zur Diskussion. Zwei Gemeinderatsmitglieder hielten eine solche, wenn auch nur bedingt wirksame, Richtschnur für entbehrlich, während die übrigen sie befürworteten, um allzu krassem Wildwuchs vorzubeugen. Mehrheitlich erteilte der Gemeinde- rat Führer den Auftrag, eine solche Satzung ausarbeiten zu lassen, die noch vor Jahresende greifen soll.
Auf der Tagesordnung stand dann noch der Haushalt des laufenden Jahres, den VG-Kämmerer Claus-Dieter Hiemer im einzelnen erläuterte. Die laufenden Straßenausbauprojekte – insbesondere die von Amberger Straße und Kirchenstraße – machen darin den Löwenanteil aus. Allein zwei Millionen Euro sind dafür vorgesehen.
Ermöglicht werden diese ehrgeizigen Projekte laut Hiemer nicht zuletzt durch die in den Vorjahren aufgebauten Rücklagen, aus denen man nun schöpfen könne, sodass man zumindest bis auf Weiteres ohne Neuverschuldung über die Runden kommen werde.
Sie sorgen nun auch mit dafür, dass angesichts der Unterdeckung im Verwaltungshaushalt - trotz Zuwächsen aus der Gewerbesteuer und Einkommensteuerbeteiligung – 91 000 Euro vom Vermögens- an den Verwaltungshaushalt transferiert werden können. Wermutstropfen ist die in diesem Jahr gänzlich ausbleibende Schlüsselzuweisung wegen des „Ausreißers“in der Steuerkraft 2016. Im kommenden Jahr könne allerdings wieder mit etwa 135 000 Euro aus diesem Topf gerechnet werden.
Auf gute Nachrichten dürfen die Wiedergeltinger wohl bei den Wassergebühren hoffen. Auch wenn die Kosten für die Beteiligung an der Abwasserbeseitigung Türkheims noch nicht ganz absehbar seien, habe die Gemeinde mit einem Wasserpreis von derzeit 0,61 Euro pro Kubikmeter einen Überschuss erwirtschaften können, der eine Anpassung – möglicherweise nach unten – anbiete. Gute Nachrichten hatte Hiemer auch bei der ProKopf-Verschuldung dabei, die mit etwa 150 Euro vergleichsweise niedrig sei.