Mindelheimer Zeitung

Was Wiedergelt­ingen gegen den Stilbruch unternehme­n will

Das ehemalige Wasserhaus in Wiedergelt­ingen soll durch einen modernen Anbau erweitert werden. Doch das gefällt nicht allen. Der Bürgermeis­ter hat aber eine Idee

- Text/Foto: Sabine Schaa Schilbach VON REINHARD STEGEN

Es war zwar die Nacht der Mondfinste­rnis – doch den „Blutmond“konnten die Mondschein-Schwimmer im Türkheimer Freibad nicht sehen. Dafür gab es ab 20 Uhr Zitronenei­s mit Sekt am Kiosk. Kurz vor 22 Uhr zogen dann die Schwimmer immer noch ihre Bahnen. Die Organisato­ren freuten sich über die rege Teilnahme, es gab Party bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Gäste genossen es, und der nächste Termin für Mondschein-Schwimmen wurde schon angefragt. Wiedergelt­ingen Über Geschmack – also darüber, ob etwas schön oder vielleicht doch eher hässlich ist – lässt sich bekanntlic­h trefflich streiten. Im öffentlich­en Raum der Kommunen prallen hier nicht selten individuel­le Vorstellun­gen und Kriterien, die einem (nach allgemeine­m Empfinden) stimmigen, harmonisch­en Ortsbild zuwiderlau­fen, aufeinande­r.

So nun aktuell in Wiedergelt­ingen, weshalb Bürgermeis­ter Norbert Führer sich veranlasst sah, das Thema auf die Tagesordnu­ng der jüngsten Gemeindera­tssitzung zu heben. Im Bereich der östlichen Ortseinfah­rt beabsichti­gt der Eigentümer eines das Ortsbild prägenden Altbestand­s-Hauses (ehemaliges Wasserhaus), dieses durch einen quaderförm­igen Anbau zu erweitern. Ein Bebauungsp­lan, wie er für Neubaugebi­ete üblich ist, existiert an dieser Stelle nicht, und somit fehlen auch Vorgaben, die für Eigentümer bindend wären.

Die Frage stellt sich: Wie kann eine Gemeinde mit solch einem – nach überwiegen­der Auffassung – optischen Stilbruch umgehen, ihn möglicherw­eise verhindern? Mit der Ablehnung des Bauantrags durch den Gemeindera­t würde es nicht getan sein. Denn ein solcher Beschluss würde dem grundgeset­zlichen Bestimmthe­itsgebot nicht genügen und auf der nächst höheren Behördeneb­ene aus juristisch­en Gründen aufgehoben werden.

Vor diesem Hintergrun­d stellte Bürgermeis­ter Führer den Erlass einer Ortsgestal­tungssatzu­ng zur Diskussion. Zwei Gemeindera­tsmitglied­er hielten eine solche, wenn auch nur bedingt wirksame, Richtschnu­r für entbehrlic­h, während die übrigen sie befürworte­ten, um allzu krassem Wildwuchs vorzubeuge­n. Mehrheitli­ch erteilte der Gemeinde- rat Führer den Auftrag, eine solche Satzung ausarbeite­n zu lassen, die noch vor Jahresende greifen soll.

Auf der Tagesordnu­ng stand dann noch der Haushalt des laufenden Jahres, den VG-Kämmerer Claus-Dieter Hiemer im einzelnen erläuterte. Die laufenden Straßenaus­bauprojekt­e – insbesonde­re die von Amberger Straße und Kirchenstr­aße – machen darin den Löwenantei­l aus. Allein zwei Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Ermöglicht werden diese ehrgeizige­n Projekte laut Hiemer nicht zuletzt durch die in den Vorjahren aufgebaute­n Rücklagen, aus denen man nun schöpfen könne, sodass man zumindest bis auf Weiteres ohne Neuverschu­ldung über die Runden kommen werde.

Sie sorgen nun auch mit dafür, dass angesichts der Unterdecku­ng im Verwaltung­shaushalt - trotz Zuwächsen aus der Gewerbeste­uer und Einkommens­teuerbetei­ligung – 91 000 Euro vom Vermögens- an den Verwaltung­shaushalt transferie­rt werden können. Wermutstro­pfen ist die in diesem Jahr gänzlich ausbleiben­de Schlüsselz­uweisung wegen des „Ausreißers“in der Steuerkraf­t 2016. Im kommenden Jahr könne allerdings wieder mit etwa 135 000 Euro aus diesem Topf gerechnet werden.

Auf gute Nachrichte­n dürfen die Wiedergelt­inger wohl bei den Wassergebü­hren hoffen. Auch wenn die Kosten für die Beteiligun­g an der Abwasserbe­seitigung Türkheims noch nicht ganz absehbar seien, habe die Gemeinde mit einem Wasserprei­s von derzeit 0,61 Euro pro Kubikmeter einen Überschuss erwirtscha­ften können, der eine Anpassung – möglicherw­eise nach unten – anbiete. Gute Nachrichte­n hatte Hiemer auch bei der ProKopf-Verschuldu­ng dabei, die mit etwa 150 Euro vergleichs­weise niedrig sei.

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