Bauland um jeden Preis?
Wo früher Enten schwammen, kann gebaut werden. Der Aufwand in Nassenbeuren ist allerdings beträchtlich
Nassenbeuren Baugrund ist begehrt, und wer eine Wiese neben einer Häuserzeile sein eigen nennt, will schon mal wissen, ob er die Fläche womöglich bebauen darf. Mit einer solchen Bauvoranfrage ist der Eigentümer einer Sumpfwiese im April vergangenen Jahres an die Stadt Mindelheim herangetreten. Obwohl weder die Erschließung geklärt ist und auch Kanal- und Wasserleitungen extra gelegt werden müssen, sahen die Stadträte im Bauausschuss kein Hindernis darin, eine im Flächennutzungsplan von Nassenbeuren als Grünfläche ausgewiesenes Stück Land zweistöckig mit Garage bebauen zu lassen.
Das Grundstück liegt in einer Mulde. Weil dort immer das Wasser zusammengelaufen ist, befand sich an der Stelle vor Jahren noch ein Ententeich. Es liegt genau zwischen dem Gelände des Tennisclubs und einer Häuserzeile von acht Gebäude. Bei Nachbarn hat die Entscheidung Unverständnis ausgelöst.
Eingeschaltet ist in solchen Fällen immer auch die Bauaufsicht, also das Landratsamt. Dort waren auch Lärmfachleute hinzugezogen worden, weil südlich des Grundstückes direkt der Tennisplatz mit Vereinsheim angrenzt. Oft gehen dort erst um 22.30 Uhr die Lichter aus und der Spielbetrieb endet.
Herbert Kugler steht dem Verein seit vielen Jahren vor, der 1979 gegründet wurde. Kugler war von der Entscheidung im Bauausschuss kalt erwischt worden. Vorab informiert worden war der frühere zweite Bürgermeister Mindelheims nicht, weil der Tennisclub offiziell nicht als Nachbar gilt. Zwischen der Wiese und dem Vereinsgelände liegt ein drei Meter breiter Streifen mit Bächlein, der der Stadt gehört.
Der Vereinsvorsitzende war sofort alarmiert, weil zu befürchten stand, dass der Betrieb auf dem Tennisplatz wegen Lärmbeschwerden eingeschränkt werden könnte. Das Landratsamt schrieb deshalb eine 4,40 Meter hohe Lärmschutzeinrichtung vor, nachdem ein Fachbüro eine schalltechnische Untersuchung vorgenommen hat. Damit ist der Tennisverein befriedet.
Nun droht den Nachbarn im Norden, die ihre Häuser Mitte der 70er Jahre gebaut haben, im Süden eine 4,40 Meter hohe Querwand. Letztlich prüft weder die Stadt noch das Landratsamt, ob ein Einfamilienhaus mit Garage dort sinnvoll ist. Geprüft wird lediglich, ob es möglich ist. Der Flächennutzungsplan kann jederzeit durch Beschluss des Stadtrates geändert werden.
Der Bauherr müsste in jedem Fall, um das Gelände baureif zu bekommen, eigenes Geld für Kanalisation und den Hochwasserschutz aufbringen. Wann oder ob es überhaupt angesichts dieser teuren Auflagen zu einem Bau kommt, ist unklar. In Nassenbeuren soll weiter südlich weiteres Gelände in Bauland umgewandelt werden – auf hochwassersicherer Fläche.