Wie Energiekosten unser Leben immer teurer machen
Die Verbraucherpreise ziehen seit Monaten immer weiter an. Das liegt vor allem am Heizen und Autofahren. Die Kosten für Öl steigen. Strom und Gas werden dagegen günstiger
Augsburg Das Leben in Deutschland ist für viele Bürger teurer geworden. Eine nackte Zahl spiegelt das wider. Die Inflationsrate. Sie lag im Juli bei zwei Prozent. Vor allem ein Posten sticht dabei heraus: die Energiepreise. Für Energie hätten die Haushalte in Deutschland ganze sechs Prozent mehr bezahlen müssen als vor einem Jahr, berichtet das Statistische Bundesamt. Energie – das ist für Haushalte Strom, Gas, Heizöl und Benzin oder Diesel. Wo aber sind die Kosten am meisten gestiegen? Und wie geht es mit den Energiepreisen weiter?
● Öl Lundquist Neubauer, Sprecher des Vergleichsportals Verivox, weiß, dass vor allem Tanken und Heizen teurer geworden sind. Grund sind die gestiegenen Rohölpreise: „Die Preise für Rohöl sind in den vergangenen zwölf Monaten um rund 50 Prozent nach oben geklettert. Heizöl hat sich im gleichen Zeitraum um 30 Prozent verteuert, die Benzinpreise um elf Prozent“, sagt er. „Diese Preisentwicklung hat den größten Einfluss auf den Anstieg der Inflationsrate.“
Im Vergleich zu den Preisen zum Beispiel vor drei Jahren ist der Rohölpreis aber immer noch niedrig, berichtet Johannes Gösling, Geschäfts- führer von Präg Energie in Kempten. Das Unternehmen verkauft in unserer Region Heizöl, Diesel, Pellets, Strom und Gas an die Haushalte. Damals lag der Rohölpreis bei rund 120 Dollar pro Barrel. Nach dem Höhepunkt sei der Preis aufgrund des großen Angebots auf dem Weltmarkt aber regelrecht eingebrochen – auf bis zu 30 Dollar pro Barrel. Die in der Opec organisierten Öl-Länder fürchteten um ihre Einnahmen und deckelten die Produktion. Die Opec hat Förderlimits beschlossen und auch eingehalten, berichtet Gösling. „Seitdem hat sich der Rohölpreis Schritt für Schritt nach oben entwickelt.“Seit drei Monaten pendelt er auf einem Niveau zwischen 70 und 80 Dollar pro Fass.
Ein Unsicherheitsfaktor kommt dazu – die Politik von US-Präsident Donald Trump. Dessen kritischer Kurs gegenüber dem Iran führt gerade dazu, dass das Land weniger Öl ausführen kann. Allerdings sind die USA mit der Fracking-Technologie selbst ein großer Ölproduzent. Und auch Russland orientiere sich an der Opec und helfe, die beschlossenen Förderquoten zu erreichen, berichtet Gösling. „Für den Rohölpreis ist deshalb der Preiskorridor zwischen 70 und 80 Dollar pro Barrel seit rund drei Monaten sehr stabil“, sagt er. Auch der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar ändere sich derzeit nur geringfügig.
Das alles sind internationale Vorgänge. Sie tragen aber dazu bei, dass das Tanken und die Warmwassererzeugung am Ende für die deutschen Haushalte teurer geworden sind. „Eine Änderung des Rohölpreises merkt man unmittelbar an der Tankstelle und beim Heizölpreis“, sagt Gösling. Die Preise für Benzin, Diesel und Heizöl werden täglich mit Blick auf den Rohölpreis neu berechnet. Seit drei Monaten liegen sie damit auf dem höheren Niveau.
Dazu kommen lokale Faktoren, die auf die Preise einen Einfluss haben. Produkte aus Raffinerien werden zum Beispiel auch mit Binnenschiffen transportiert. „Durch die Trockenheit und die niedrigen Wasserstände in den Flüssen könnte es in nächster Zeit Engpässe im Transport geben“, sagt Gösling.
Bleibt die Frage, wie es mit den Ölpreisen weitergeht? Dies zu beantworten, ähnele dem „Blick in die Glaskugel“, meint der Experte. Derzeit seien die Preise recht stabil. Da sich die Heizöl-Käufer zurückhalten, könne man aber nicht ausschließen, dass es zu längeren Lieferzeiten im Herbst komme, sollten dann viele Kunden gleichzeitig Heizöl ordern. „Der Heizölpreis mag höher liegen als im Vorjahr, im langjährigen Vergleich ist er aber immer noch attraktiv“, meint Gösling. „Wer Heizöl braucht, kann sich deshalb jetzt überlegen, ob er bestellt“, rät er.
● Strom In den vergangenen Jahren haben steigende Strompreise viele Kunden geärgert. Doch hier gibt es eine Überraschung: Strom ist nämlich zuletzt nicht teurer geworden, das hat das Portal Verivox berechnet, das bundesweit hunderte Tarife vergleicht. Im Gegenteil: Der Strompreis sei im Jahresvergleich im Schnitt um drei Prozent gesunken, berichtet Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer.
Was ist der Grund für die überraschende Entwicklung? „Die Strompreise sind gesunken, weil die Last an Steuern und Abgaben sowie die Netznutzungsentgelte leicht zurückgegangen sind“, berichtet Neubauer. Die Stromanbieter konnten zudem Elektrizität lange Zeit recht billig einkaufen – dank des großen Angebots an Wind- und Sonnenstrom.
Ob die gute Entwicklung aber mittelfristig anhält, darüber hat man bei Verivox Zweifel: Denn die Großhandelspreise für Strom legten im Jahr 2018 nach der langen Talfahrt zu. „Verfestigt sich der Trend, rechnen wir damit, dass diese Preissteigerungen auch bei den Verbrauchern ankommen werden“, berichtet Neubauer. „Wenn Verbraucher jetzt einen neuen Stromtarif wählen, dann am besten mit langer Preisgarantie“, rät er.
● Gas Deutlich gesunken ist in den vergangenen Jahren auch der Preis für Erdgas. Das hat das Münchner Vergleichsportal Check 24 beobachtet. „Ein Grund ist mit Sicherheit das große globale Angebot und der Wettbewerb, nicht zuletzt auch durch die Förderung von Schiefergas – also Fracking – in den USA“, berichtet dort Sprecher Florian Stark. Damit war der Großhandelspreis recht niedrig. Zugleich sind die Netzgebühren leicht gesunken, berichtet Verivox-Sprecher Neubauer. Ob es bei den niedrigen Gaspreisen bleibt, da hat man – ähnlich wie für Strom – bei Verivox Zweifel. Denn auch hier hätten die Großhandelspreise zuletzt zugelegt. „Die Zeiten sinkender Strom- und Gaspreise scheinen vorbei zu sein“, sagt Neubauer deshalb.