Seehofer redet wie Trump
Wir Journalisten sollten nicht so schnell beleidigt sein, wenn Politiker uns kritisieren. Es ist ihr gutes Recht. Genauso wie es das Recht – oder besser die Pflicht – der Medien ist, Politiker und deren Arbeit kritisch zu hinterfragen. Was Donald Trump macht, hat damit aber nichts zu tun. Der amerikanische Präsident beschimpft Journalisten als „entsetzliche, abscheuliche Leute“. Er verweigert unliebsamen Zeitungen oder Fernsehsendern die Möglichkeit, überhaupt Fragen zu stellen. Er unterstellt Medien pauschal, absichtlich zu lügen. Und lügt selbst oft, dass sich die Balken biegen.
Alles, was ihm nicht in den Kram passt, nennt Trump Fake News, selbst wenn Journalisten belegen können, dass sie die Wahrheit berichten. Damit vergiftet er das gesellschaftliche Klima.
Horst Seehofer ist nicht Donald Trump. Er ist (ohne jede Ironie!) ein lupenreiner Demokrat. Aber immer öfter redet der CSU-Chef wie der US-Präsident. Auch Seehofer fühlt sich als Opfer von Journalisten, denen er eine Kampagne unterstellt. Natürlich sind nicht alle Artikel, nicht alle Sendungen über jeden Zweifel erhaben. Aber so zu tun, als sei eine riesige Verschwörung gegen ihn im Gange, ist albern. Schließlich nutzt der Innenminister die Medien so geschickt und so oft wie kaum ein anderer, um eigene Botschaften zu platzieren.
Seine Behauptung, er müsse künftig twittern, um „manche Wahrheiten“öffentlich zu machen, ist deshalb Unsinn. Dass er sich vorsichtshalber vorab vom TwitterStil des Polterers im Weißen Haus distanzieren muss, ist bezeichnend.