Grenzen überwinden in Amberg und Wiedergeltingen
Zur neuen Saison starten Amberg und Wiedergeltingen in einer Spielgemeinschaft in der Kreisliga sowie der A- und B-Klasse. Warum das beim Fußballverband etwas an Überzeugungskraft gekostet hat
Amberg Vor dem Training werden im Sportheim noch Kataloge gewälzt: In welchem Design sollen die neuen Trainingsoutfits der Spieler bestellt werden? Wie sollen die Shirts beflockt werden? Fragen, die sich von Zeit zu Zeit jeder Fußballverein stellen muss. Im Fall des FSV Amberg und der SpVgg Wiedergeltingen aber ist es praktisch erstmals der Fall. Nicht etwa, weil die beiden Mannschaften bisher nicht ausgestattet gewesen wären. Sondern vielmehr deshalb, weil sie sich nun auf ein einheitliches Outfit einigen müssen. Der Kreisligist aus Amberg und der A-Klassist aus Wiedergeltingen gehen nämlich in der kommenden Saison als Spielgemeinschaft an den Start.
Damit schwimmen die beiden Vereine aus dem östlichen Landkreis voll im Trend. In den vergangenen Jahren kam es im Kreis Allgäu vermehrt zu Spielgemeinschaften,
„Es ging nicht mehr darum, ob man eine Spielgemeinschaft eingeht, sondern nun noch um das Wann.“
Sebastian Schulz
da die Vereine alleine oftmals keine Mannschaften mehr stellen konnten. Aktuell finden sich in den Allgäuer Ligen zum Saisonstart 2018/19 27 Spielgemeinschaften – Vereine wie den FC 98 Auerbach/ Stetten, SV Salgen/Bronnen oder SpVgg Baisweil-Lauchdorf nicht mitgerechnet. „Spielgemeinschaften werden auch im Seniorenbereich immer mehr zunehmen“, ist Sebastian Schulz sicher. Seit 2007 ist er Abteilungsleiter bei der SpVgg Wiedergeltingen – und ein großer Befürworter der Kooperation mit dem einstigen Lokalrivalen aus Amberg. „Wir können nur gemeinsam weiter bestehen“, sagt Schulz.
Das sah auch der FSV Amberg um dessen Abteilungsleiter Benedikt Hartung so. Im vergangenen Herbst – beide Mannschaften hatten in der Kreisliga (Amberg) und der A-Klasse (Wiedergeltingen) eine teilweise katastrophale Vorrunde gespielt und steckten im Abstiegskampf – sei man in der Frage einer zukünftigen Spielgemeinschaft konkret geworden. „Es ging nicht mehr darum, ob wir eine Spielgemeinschaft eingehen, sondern nur noch, wann“, sagt Schulz.
„Wir haben im Vorfeld mit den Spielern gesprochen. Die müssen in erster Linie damit einverstanden sein“, sagt Benedikt Hartung. Hier zeigte sich schnell eine große Be- Zumal man in der zweiten Mannschaft sowie in der Jugend bereits in Spielgemeinschaften gespielt hat. „Über die SG sind viele Freundschaften entstanden“, sagt Hartung. Selbst die aktuellen Jugendspieler wurden nach ihrer Meinung gefragt: „Und die finden es super, wenn sie nun länger, über die A-Jugend hinaus, zusammenspielen können“, sagt
Schulz. Diese Zustimmung aus Spielerkreisen war natürlich ein Pfund, mit dem die beiden Abteilungsleiter auf den Generalversammlungen der jeweiligen Vereine wuchern konnten. Sicher habe es auch einige kritische Töne gegeben. So wie vor rund 15 Jahren, als die Idee einer Fusion, ähnlich wie sie zwischen Auerbach und Stetten 1998 vonstattenging, noch keine Mehrheit fand. „Diesmal aber sehen die meisten schon ein, dass eine Spielgemeinschaft mehr Vor- als Nachteile bringt“, sagt Schulz. „Wir müssen den Kindern und Ju- gendlichen eine Zukunft bieten. Und das geht nur, wenn beide Vereine zusammenarbeiten.“
Wie gut das im Sportlichen schon klappt, haben die beiden Mannschaften in der Rückrunde bewiesen. Schon damals hat man einige Male zusammen trainiert. Um sich zu beschnuppern, aber auch, um eine schlagkräftige Trainingsgruppe stellen zu können. „Da war ein guter Zug drin. Jeder wollte sich beweisen – und ich bin der Meinung, dass es beiden Mannschaften in der Rückrunde auch geholfen hat“, sagt Hans Sedlmeir.
Der Trainer des FSV Amberg wird in der neuen Saison die Kreisliga-Mannschaft betreuen, sein Kollege Timo Keppeler aus Wiedergeltingen die A-Klasse-Mannschaft. Sedlmeir, der vor zehn Jahren selbst einmal Trainer in Wiedergeltingen war, war von Beginn an als Cheftraigeisterung. ner gesetzt. Für ihn geht es nun darum, aus dem deutlichen größeren Pool an Spielern nun eine schlagkräftige Kreisligamannschaft zu generieren. Dass auch Spieler aus Wiedergeltingen den Sprung schaffen können, sehen er und sein Abteilungsleiter positiv: „In der Vergangenheit war es immer so, dass Amberg die Breite im Kader gefehlt hat. Die haben wir jetzt“, sagt Benedikt Hartung. „Und es sind schon fünf, sechs Spieler aus Wiedergeltingen dabei, die das Zeug dazu haben, in der Kreisliga zu spielen“, sagt Sedlmeir. Außerdem konnten einige Spieler gehalten werden und bei potenziellen Neuzugängen mit der Kreisligazugehörigkeit geworben werden.
Diese war letztlich möglich, weil der federführende Verein der Kreisligamannschaft der Kreisligist FSV Amberg ist. Bei der zweiten Mannschaft in der A-Klasse ist es genau anders herum. Hier ist Wiedergeltingen der erstgenannte Verein. Auch die dritte Mannschaft läuft unter SG Wiedergeltingen/Amberg 3 und spielt in der B-Klasse. Diese dritte Mannschaft war den beiden Vereinen wichtig, auch wenn der Bayerische Fußballverband hier oft genauer hinsieht. Nach dem Motto: Braucht man eine Spielgemeinschaft, wenn man dann sogar drei Mannschaften im Spielbetrieb anmeldet? Sebastian Schulz und Benedikt Hartung konnten diese Zweifel jedoch ausräumen: „Uns geht es nur darum, die Standorte zu sichern und in beiden Vereinen Fußball bieten zu können“, sagt Schulz.
Die dritte Mannschaft bestehe aus älteren Spielern oder Akteuren, die eben nicht drei Mal in der Woche trainieren können oder wollen. „Ich wollte nicht zehn Spielen sagen, dass sie sich eine Hobbymannschaft suchen sollen. Ich will denen auch etwas anbieten“, sagt er. Und sein Kollege aus Amberg stellt noch einmal klar: „Wir wollen mit dieser Spielgemeinschaft nicht die einzelnen Ligen aufmischen“, sagt Benedikt Hartung. Zumal die Kreisliga für eine Spielgemeinschaft eh das Ende der Fahnenstange ist. In der Bezirksliga ist diese Spielform nicht erlaubt. Dann müsste es zu einer Fusion kommen. „Das ist aber Zukunftsmusik“, sagt Schulz.
Erst einmal gilt es, die Kreisliga und A-Klasse zu halten. „Wir sind zufrieden, wenn wir da bleiben, wo wir sind“, sagt Schulz.