So bleibt die Urlaubserholung länger erhalten
Wer nach einer Reise wieder ins Büro kommt, kennt das: Schon nach ein paar Tagen oder Wochen ist die Entspannung dahin. Damit das nicht passiert, helfen ein paar Tricks
Münster/Köln Ob am Strand oder in den Bergen: Im Urlaub schalten wir idealerweise komplett ab, denken nicht an die Arbeit, den Haushalt oder den Terminkalender. Doch zurück zu Hause halten meist schon nach kurzer Zeit Routinen und Stressgefühle wieder Einzug. Gibt es Möglichkeiten, die Urlaubsentspannung mit in den Alltag zu nehmen?
Wer möglichst lange erholt bleiben möchte, sollte dafür sorgen, dass dieses Gefühl wirklich eintritt – und das geschieht bei jedem Menschen auf andere Art. „Deshalb ist es wichtig, dass man für sich selbst herausfindet, wann und wie man gut Entspannung oder andere Erholungserfahrungen erlebt“, sagt Carmen Binnewies vom Institut für Psychologie an der Universität Münster. „Am Ende ist beim Urlaub auch ganz simpel entscheidend, ob man mit ihm zufrieden ist oder nicht. Bei erlebter Unzufriedenheit erholt man sich kaum.“
Also am besten schon vor der Buchung entscheiden: Sorgt ein Hotelurlaub mit All-Inclusive-Verpflegung für Entspannung? Oder helfen eher Mountainbike-Trips voller Adrenalin? In Familien können die- se Fragen natürlich zu verschiedenen Antworten führen: „Manchmal ist es deshalb sinnvoll, unterschiedlichen Aktivitäten nachzugehen“, rät Binnewies.
Auch der Urlaub selbst ist eine gute Gelegenheit, um herauszufinden, welche Aktivitäten entspannend wirken. „Sehr gut sind kleine Reflexionen am Abend“, sagt Life Coach Laura Letschert. „Wir kön- nen einfach aufschreiben, welche Erlebnisse am Tag besonders schön waren und was wir gerne fortführen würden, wenn wir zurück zu Hause sind.“Vielleicht tat die morgendliche Tasse Tee auf der Terrasse besonders gut? Oder die Spaziergänge am Abend sorgten für ein Entspannungsgefühl? Manche dieser Dinge lassen sich ins tägliche Leben integrieren.
Letschert empfiehlt, sich ein Art Energiefass vorzustellen: „Wenn wir vor uns ein großes Gefäß sehen, können wir uns immer fragen, wie unser aktueller Energiestand ist.“Wöchentlich kann man reflektieren, welche Dinge das Fass geleert haben und wie man es selbst gefüllt hat. Im Urlaub gibt es bestenfalls besonders viele Aktivitäten, die das Level im Energiefass steigen lassen. Wer sich diese Faktoren bewusst macht, kann versuchen, sie im Tages- oder Wochenablauf zu verankern.
„Es hilft auch, sich einzelne Aspekte fest vorzunehmen: zum Beispiel, dass man jeden Sonntag das Handy komplett ausschaltet“, sagt Letschert. Ob es einem gut tut, nicht ständig vor einem Bildschirm zu hocken, lässt sich im Urlaub testen. Wer handy- oder fernsehfreie Zeiten einführt, sollte darüber allerdings mit dem Partner, der Familie oder Freunden sprechen, sagt Letschert. „Und dann sollte ich es auch wirklich durchziehen.“
Auch die eigene Erinnerung kann helfen, Erholung zu erhalten. „Wir müssen gar nicht den berühmten Dia-Projektor aufstellen – oder die Instagram-Fotos immer wieder ansehen“, sagt Familientherapeut Björn Enno Hermans. „Innere Bilder können viel bewirken.“Über die gemeinsamen Bootsausflüge reden oder im spanischen Restaurant den Lieblingscocktail aus dem Urlaub bestellen: „Es gibt auf allen sensorischen Ebenen Erinnerungen, in die man so noch einmal eintauchen kann“, sagt Hermans. „Das geht sicher nicht jeden Tag, aber punktuell kann es helfen, das Urlaubsgefühl wieder zurückzuholen.“
Doch auch diese kurzen Erholungsgefühle haben nur einen Effekt, wenn der Alltag nicht mit Stressfaktoren überlastet ist. Um im Büro nicht sofort wieder in Stress zu versinken, rät Psychologin Binnewies zu einer guten Organisation: „Man sollte möglichst Zeit einplanen, um sich erst wieder einzuarbeiten.“Oft warten nach dem Urlaub Hunderte Mails im Posteingang, Kollegen berichten von verpassten Meetings und Projekten, die aufgearbeitet werden müssen. „Wenn diese Aufgaben zur normalen Arbeit noch dazu kommen, ist eigentlich vorprogrammiert, dass der Urlaubseffekt im Nu wieder weg ist“, sagt Binnewies.