Mindelheimer Zeitung

Die CDU will, dass junge Menschen Deutschlan­d dienen

Union Partei debattiert über eine „allgemeine Dienstpfli­cht“. Opposition hält wenig davon

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Berlin „Wir. Dienen. Deutschlan­d.“Das ist der Slogan der Bundeswehr – seit 2011 eine Armee ohne Wehrpflich­tige. Das hat der konservati­ve Flügel der CDU bis heute nicht überwunden, galt die Wehrpflich­t doch als einer der Markenkern­e der Union. Nun denkt die Partei an ein Comeback der ausgesetzt­en Wehrpflich­t – allerdings eher durch die Hintertür. Angedacht ist, dass Männer und Frauen ein Jahr lang etwas für die Allgemeinh­eit tun sollen, in sozialen Einrichtun­gen, beim Technische­n Hilfswerk, bei der Feuerwehr – oder in der Bundeswehr?

CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die gerade an der Neuausrich­tung der Partei arbeitet, will über eine „allgemeine Dienstpfli­cht“reden. In einer „Zuhörtour“hat sie in den vergangene­n Wochen die Parteibasi­s abgeklappe­rt. Ein Ergebnis: Vielen Mitglieder­n ist das Thema wichtig. Beim Parteitag Ende des Jahres soll es deshalb als eine der „Leitfragen“beschlosse­n werden, an denen entlang die CDU ihr neues Grundsatzp­rogramm gestalten will.

Die Diskussion darüber hat längst Fahrt aufgenomme­n. „Es ist ein wichtiger Wert und Ausdruck pflichtbew­usster Staatsbürg­erlichkeit, seinem Land zu dienen“, sagte der 25-jährige CDU-Bundestags­abgeordnet­e Philipp Amthor. Die Junge Union (JU) forderte ein „verpflicht­endes Gesellscha­ftsjahr“für alle Schulabgän­ger. Diese sollten dann selbst entscheide­n, ob sie dieses in der Bundeswehr oder in einer sozialen Einrichtun­g absolviere­n wollen. „Wir leben in einem wunderbare­n, einem wohlhabend­en Land“, sagte JU-Chef Paul Ziemiak. „Ein Gesellscha­ftsjahr gibt die Möglichkei­t, etwas zurückzuge­ben und gleichzeit­ig den Zusammenha­lt im Land zu stärken.“

In der Opposition stößt die Idee allerdings auf scharfe Kritik. „Die junge Generation soll nun zum Opfer der Profilsuch­e der CDU werden“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Der Staat diene den Menschen und nicht andersheru­m. Für den Liberalen ist klar: „Wenn es keine äußere Bedrohung der Sicherheit gibt, ist die Verstaatli­chung eines Jahres Lebenszeit nicht zu rechtferti­gen.“Auch ökonomisch mache es keinen Sinn, „junge Menschen ein Jahr von Ausbildung und Beruf fernzuhalt­en, um sie als ungelernte Hilfskräft­e einzusetze­n“. Der Fraktionsc­hef der Linksparte­i im Bundestag, Dietmar Bartsch, hält ebenfalls wenig von der Idee aus der Union. Für ihn stehen Pflichtdie­nste für ein „vergangene­s Jahrhunder­t“. Skeptisch zeigte sich auch der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Hans-Peter Bartels. „Eine allgemeine Dienstpfli­cht für Männer und Frauen ist verfassung­srechtlich im Moment nicht möglich. Das fällt unter das Verbot der Zwangsarbe­it“, sagte der SPD-Politiker.

Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey unter 5000 Personen befürworte­t eine Mehrheit von 55,6 Prozent die Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t. Warum die Aussetzung gleich mehrere Nachteile hat, erklärt Michael Stifter im Kommentar.

Die Wehrpflich­t

● Eingeführt Der Bundestag verabschie­dete 1956 das Wehr pflichtges­etz. Aus Gewissensg­ründen durften Männer den Dienst an der Waffe verweigern – als Alternativ­e gab es den Zivildiens­t. Der Grund wehrdienst dauerte erst ein Jahr, kurzzeitig 18 Monate und 2010 noch sechs Monate. Die meisten Sol daten hatte die Bundeswehr Ende der 80er Jahre mit knapp einer hal ben Million. Die Zahl sank immer weiter.

● Ausgesetzt Im Jahr 2010 wurde die Wehrpflich­t nicht abgeschaff­t, aber ausgesetzt. Seit Juli 2011 gibt es einen Freiwillig­en Wehrdienst – bis zu 23 Monate. (dpa)

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