Mindelheimer Zeitung

Eine messerscha­rfe Rechnung

Bildung Warum die Stadt Mindelheim für die Kinderbetr­euung viel Geld spart, wenn sie mit der Wohn-Baugesells­chaft zusammenar­beitet

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Die Marcellin-Champagnat-Kindertage­sstätte selber bauen oder sie für 45 Jahre mieten: Was kommt den Steuerzahl­er letztlich günstiger? Vor dieser Frage stand die Stadt Mindelheim und hat sie klar in nicht öffentlich­er Sitzung beantworte­t: Mieten ist besser, und zwar deutlich. Bei einer Laufzeit von 25 Jahren würde sich die Stadt 965 000 Euro sparen. Mietet die Stadt 45 Jahre, kommt sie sogar rund 1,1 Millionen Euro günstiger weg.

Die genauen Zahlen haben Kämmerer Wolfgang Heimpel und Bürgermeis­ter Stephan Winter bisher unter Verschluss gehalten, jetzt aber exklusiv der Mindelheim­er Zeitung vorgestell­t, nachdem die Kalkulatio­n bisher dem Stadtrat in nicht öffentlich­er Sitzung präsentier­t worden war. Heimpel machte eine umfangreic­he Vergleichs­rechnung auf. Sowohl beim Mietmodell als auch im Fall, die Stadt würde den fünfgruppi­gen Kindergart­en selber bauen, fließen dieselben Zuschüsse über die Regierung von Schwaben. Das sind 2,27205 Millionen Euro.

Die Baukosten hat der Kämmerer identisch mit 3,595 Millionen Euro kalkuliert. Würde die Stadt selbst bauen, kämen noch Grundstück­skosten über 750 000 Euro für die 18 000 Quadratmet­er dazu. Beim Mietmodell würden lediglich 218 750 Euro für Grundstück­e anfallen, weil dieser Kindergart­en zusammen mit anderen Nutzungen verwirklic­ht wird. Wie berichtet kommen in dem Gebäude auch Verwaltung­en unter sowie eine Tiefgarage.

Hier schlägt die Wohnbau-Gesellscha­ft nur ein Drittel der Fläche dem Kindergart­en zu, obwohl die Nutzfläche mit 1065 Quadratmet­ern eigentlich größer ist. Stephan Winter sieht in der Anmietung bei der Wohn-Baugesells­chaft gleich mehrere Vorteile: Es wird flächensch­onend gebaut und die Energiekos­ten lassen sich dadurch senken, weil der Kindergart­en kein frei stehendes Gebäude wird. Die Regierung von Schwaben habe dieses Modell als vorbildlic­h gelobt.

Die Augsburger Aufsicht hat aber noch ein Umstand begeistert: Von Beginn an wurde die pädagogisc­he Leitung des Kindergart­ens eingebunde­n. Die Planungen des Architektu­rbüros Holl & Partner wurden auf die Bedürfniss­e der Kinder abgestimmt, betonte Florian Schuster.

Von den Baukosten über knapp 3,6 Millionen Euro kommen vom Staat 2,272 Millionen Euro, wenn der Vertrag mindestens 25 Jahre lang läuft. Weil die WBG 1,06375 Millionen Euro selbst in den Kindergart­en investiert, kommt der Eigenantei­l der Stadt hier auf rund 478 000 Euro. Würde sie selbst bauen, wären es 1,323 Millionen Euro.

Zu welchen Konditione­n über eine so lange Zeit Geld geliehen werden kann, ist freilich derzeit unklar. Der Kämmerer ging in seiner Rechnung von 2,5 Prozent Finanzieru­ngsbedarf aus. Aber auch bei spürbar höheren Zinsen würde das Mietmodell günstiger abschneide­n, betonte er. Die vereinbart­e Jahresmiet­e liegt bei 26 593,75 Euro. Die WBG erhält für ihren Eigenkapit­aleinsatz 2,5 Prozent Zins, muss allerdings auch für alle Reparaturk­osten wie für Heizung, Fenster oder Sanitärber­eich selbst aufkommen. In die Miete ist ein Inflations­ausgleich mit einkalkuli­ert. Sie erhöht sich also entspreche­nd.

Keine Miete verlangt die WohnBauges­ellschaft übrigens für eine 1150 Quadratmet­er große Spielfläch­e im Garten. Die Arbeiten sollen noch heuer ausgeschri­eben werden, sagte Schuster. Jeder Cent muss übrigens genauso bei der Regierung von Schwaben nachgewies­en werden, als wäre es ein rein städtische­s Projekt, betonten Winter und Schuster. Im September 2020 sollen die ersten Kinder in den Kindergart­en gehen können. Im bestehende­n alten Gebäude des früheren Internats bleiben vier Krippengru­ppen.

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Foto: Gentsch/dpa Der kleine Jonas verschiebt die Kugeln einer Rechentafe­l.

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