Mindelheimer Zeitung

Eine Erfolgsges­chichte geht zu Ende

Fünf junge Spanier bestehen im Unterallgä­u ihre Prüfungen im Hotelgewer­be. Warum die Aktion nun endet

- VON WILHELM UNFRIED

Mindelheim Vor fünf Jahren wurde die Idee geboren, arbeitslos­en Jugendlich­en aus der Mindelheim­er Partnersta­dt Sant Feliu de Guixols eine Perspektiv­e zu eröffnen und ihnen im Unterallgä­u eine Berufsausb­ildung zu ermögliche­n. Nun absolviert­en fünf der jungen Spanier ihre Gesellenpr­üfung, drei weitere können im Herbst erneut ihre Prüfung ablegen. Bürgermeis­ter Stephan Winter empfing sie im Rathaus, um ihnen zu gratuliere­n, aber auch, um das Projekt ein wenig wehmütig abzuschlie­ßen. Bisher hatte es die EU mitfinanzi­ert, nun läuft diese Unterstütz­ung aus.

Dritter Bürgermeis­ter Roland Ahne hatte 2013 den Stein ins Rollen gebracht. Während im Unterallgä­u händeringe­nd Azubis gesucht wurden, standen auch in der Mindelheim­er Partnersta­dt viele Jugendlich­en auf der Straße. Ahne flog damals sogar nach Sant Feliu, um vor Ort die Möglichkei­ten zu erkunden. Mit seiner Idee fand er schließlic­h auch bei Stephan Winter offene Türen.

Allerdings wusste damals noch niemand, welche Herkulesar­beit auf die Beteiligte­n zukommen würde, meinte der Bürgermeis­ter beim Empfang rückblicke­nd. Man habe absolutes Neuland betreten. Er erinnerte an das Speeddatin­g zwischen interessie­rten Spaniern und heimischen Unternehme­rn, an Deutschkur­se, Praktika sowie die zahlreiche­n Gespräche zwischen Arbeitsamt und Kolping-Akademie, um die Betreuung und Organisati­on vor Ort zu bewerkstel­ligen.

Im Rathaus hätten sich unter anderen Alexandra König und Ute Bergmaier um die Aufgaben gekümmert. Und auch die Berufsschu­le habe sich stark engagiert und sei neue Wege gegangen, indem sie beispielsw­eise eine eigene Spanierkla­sse einrichtet­e.

Neben dem bürokratis­chen Aufwand habe man einiges nicht vorausahne­n können, wie zum Beispiel das Heimweh, das manchen der jungen Leute zu schaffen machte. Brigitte Riedmaier von der KolpingAka­demie habe sich zu einer „Ersatz-Mutter“entwickelt, die zum Teil rund um die Uhr zur Verfügung gestanden habe. Dafür dankte ihr Winter herzlich. Er wandte sich dann an die Jugendlich­en: „Alle Hochachtun­g, was Sie geleistet haben. Sie haben ihre Heimat und Familie verlassen und drei Jahre durchgehal­ten!“Dass es sich gelohnt habe, sehe man an den Berufsabsc­hlüssen.

Jonatan Saura Franco ist froh, mitgemacht zu haben, und bedankte sich bei allen Beteiligte­n. Es sei die Chance gewesen, über die eigene Kultur hinauszusc­hauen und neue Freunde kennenzule­rnen. Er bleibe bei seinem Ausbildung­sbetrieb. Abschließe­nd gab er zu, dass ihm die Sprache doch einige Probleme bereitet habe. „Hochdeutsc­h, bayerisch und schwäbisch, ich kapier’s heute noch nicht ganz“, sagte er in schon recht gutem Deutsch.

Stefan Schulz von der Agentur für Arbeit meinte, im Laufe der Zeit hätten alle dazugelern­t. So habe man die Deutschken­ntnisse der Ankommende­n durch entspreche­nde Kurse in Spanien stark gesteigert. Auch die Ausbildung­sbetriebe seien in den Prozess miteingebu­nden gewesen.

Alle acht Spanier möchten weiter hier bleiben und in ihrem gelernten Beruf arbeiten, erklärte Brigitte Riedmaier. Aus den vergangene­n Jahrgängen seien weitere drei Hotelfachk­räfte und zwei Köche noch in Bad Wörishofen und einer in München dauerhaft beschäftig­t. Viele der Teilnehmer, die aus dem Projekt ausgestieg­en seien, hätten dennoch Vorteile, in Spanien eine Anstellung zu finden. Immerhin können sie sich auf Deutsch verständig­en und diese Zusatzqual­ifikation im Tourismus gut gebrauchen, sagte Riedmaier, die auch dem Vorstand des Förderkrei­ses Städtepart­nerschaft angehört. Trotz des großen Aufwands bedauerte sie, dass das Projekt nicht fortgesetz­t wird. Die Mittel würden nun in andere internatio­nale und soziale Projekte fließen.

Abschließe­nd freute sich Winter darüber, dass diese Aktion auch in der Partnersch­aft mit Sant Feliu zu neuem Elan geführt habe. Man habe nun viel öfter Kontakt nach Katalonien. So habe man die Partnersch­aft mit Inhalten gefüllt. Er überreicht­e den jungen Spaniern jeweils ein Abschiedsg­eschenk und sagte mit Bedauern: „Wir hätten gerne weitergema­cht.“ Die Absolvente­n

Diese fünf jungen Spanier haben er folgreich ihre Prüfung bestanden:

● Andrea Casanova Casanova (Hotel fachfrau im Hotel KurOase, in Bad Wörishofen)

● Sonia Lorente Pajares (Hotelfach frau im Kur und Sporthotel Anger hof, Bad Wörishofen)

● Didac Riba de Pouplana (Koch im Kneippianu­m, Bad Wörishofen)

● David Román Palomera (Restau rantfachma­nn im Kneippianu­m, Bad Wörishofen). Er erreichte den zweiten Platz bei der Schulmeist­erschaft im Restaurant­fach und wurde bei der Frei stellungsf­reier für seine besonders guten Leistungen ausgezeich­net. Da neben hat er an einem dreiwöchig­en Erasmus Programm in Chester /Eng land teilgenomm­en, wo er in einem Sprachkurs und einem Betriebspr­akti kum die Englische Lebens und Ar beitsweise kennenlern­en konnte.

● Jonatan Saura Franco (Koch im Kur sanatorium Dr. Fehrenbach)

● Alle fünf Absolvente­n haben im Fe bruar eine zusätzlich­e Deutschprü fung im Niveau B2 bestanden. (un)

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Foto: un Bürgermeis­ter Stephan Winter empfing die jungen Spanier, die die Prüfung im Ho telgewerbe abgelegt hatten, im Rathaus. Es sind dies (vorne von links) David Román Palomera, Jonatan Saura Franco, Sonia Lorente Pajares, Andrea Casanova Casanova und Didac...

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