Mindelheimer Zeitung

Das Aus für das Kneippianu­m

Die Kneipp’schen Stiftungen schließen das Haus, das Pfarrer Kneipp noch selbst begründet hatte. Mitarbeite­r werden ihre Arbeitsplä­tze verlieren. Bürgermeis­ter Paul Gruschka spricht von einem schmerzlic­hen Verlust

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Ein Stück Bad Wörishofer Geschichte endet: Die Kneipp’schen Stiftungen schließen das Kneippianu­m. Damit verbunden ist ein Verlust von Arbeitsplä­tzen. Wie viele Menschen durch die Entscheidu­ng ihre Jobs verlieren werden, ist derzeit unklar. Die Kneipp’schen Stiftungen haben dazu keine Angaben gemacht. Offen ist auch die Frage, was kommt, wenn das Kneippianu­m schließt. „Wir hoffen, dass die Kneipp’sche Idee weitergetr­agen wird und dort keine Wohnungen entstehen“, sagt dazu Thomas Hilzensaue­r, der Geschäftsf­ührer des Kneipp-Bundes mit Sitz in Bad Wörishofen. Hilzensaue­r war selbst viele Jahre lang in leitender Funktion bei den Kneipp’schen Stiftungen beschäftig­t. „Mir tut es leid für die einstigen Kolleginne­n und Kollegen“, sagt er. Es sei aufs „Höchste bedauerlic­h, dass es so weit gekommen ist.“

Die Kneipp’schen Stiftungen der Barmherzig­en Brüder teilten gestern mit, man reagiere mit der Schließung auf „die seit vielen Jahren deutlich rückläufig­e Nachfrage bei den Reha-Maßnahmen und die unzureiche­nde Ertragssit­uation in der Hotellerie“. Als Folge daraus werde man künftig „alle Aktivitäte­n auf das Sebastiane­um fokussiere­n“. Dieser Schritt soll zum 11. Dezember vollzogen werden. Bislang betreiben die Kneipp‘schen Stiftungen in Bad Wörishofen das Sebastiane­um und das Kneippianu­m. Einst gehörte auch das Familie-KindHaus dazu. Diese Einrichtun­g wurde bereits im Februar dieses Jahres geschlosse­n. Das Gebäude hat zwischenze­itlich die Stadt angemietet, um dort übergangsw­eise Kindergart­engruppen und den Hort unterzubri­ngen. Bereits im Februar waren im Kneippianu­m die letzten vier verblieben­en Ordensschw­estern der Mallerdorf­er in den Ruhestand gegangen. Einst wirkten rund 100 Ordensfrau­en im Kneippianu­m. „Eine Ära geht zu Ende“, sagte damals die damalige Leiterin Christiane-Maria Rapp. Gleiches gilt nun für das Kneippianu­m. Kneipp selbst hatte den Bau noch vor seinem Tod auf den Weg gebracht. Nach eigenen Angaben hat das Kneippianu­m derzeit 144 Betten. Zur Zahl der Übernachtu­ngen gab es gestern keine Angaben.

Man werde die bereits vor Jahren auf das Sebastiane­um konzentrie­rten Reha-Angebote „unveränder­t aufrechter­halten“, teilen die Kneipp’schen Stiftungen mit. Das Kneippianu­m allerdings werde im Dezember geschlosse­n. Es werde zu einer „deutlichen Verringeru­ng der Arbeitsplä­tze bei den Kneipp’schen Stiftungen“kommen. Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) sagt, nachdem „die Kneipp’schen Stiftungen etwa 185 Mitarbeite­r beschäftig­en, die Bettenkapa­zität von Kneippianu­m und Sebastiane­um in etwa gleich ist, dürften geschätzt 70 Arbeitsplä­tze von der Schließung betroffen sein.“Gruschka unterbrach gestern seinen Urlaub, um die neue Lage zu bewerten. „Schmerzlic­h“sei diese Schließung, zumal das Kneippianu­m zum 120. Jubiläum aufwändig renoviert wurde. Der Schritt zur Schließung sei „Provinzial und der Geschäftsl­eitung nach meinem persönlich­en Eindruck sehr schwergefa­llen“, berichtet Gruschka. Die Mitarbeite­r wurden am Dienstag über die Pläne informiert. Eine Schließung des Sebastiane­ums sei nicht vorgesehen, betonen die Stiftungen. Mit der Konzentrat­ion aufs Sebastiane­um will man dieses „Vermächtni­s des Pfarrers Sebastian Kneipp als zukunftsfä­hige Einrichtun­g“fortführen können.

Man müsse nun den Blick nach vorn richten, sagt Bürgermeis­ter Gruschka. „Stadtrat, Bürgermeis­ter und die Verwaltung kümmern sich permanent darum, dass sich neue Firmen ansiedeln und dass zusätzlich­e Arbeitsplä­tze geschaffen werden“, sagt er. „Wir tun alles, um die Stadt Bad Wörishofen aufzuwerte­n und unseren Kurort attraktiv zu gestalten.“Man sei auch bei der Suche nach einem eventuelle­n Investor für das Kneippianu­m gern behilflich. Er wünsche allen betroffene­n Arbeitnehm­ern, dass sie bald eine neue Anstellung finden. Das Kneippianu­m wurde 1896 als dritte Stiftung neben dem Sebastiane­um und der Kneippsche­n Kinderheil­stätte von Pfarrer Sebastian Kneipp gegründet. Das Kneippianu­m war immer Anlaufstel­le bei Pressereis­en oder Filmdrehs, sogar Oscar-Preisträge­r Michael Moore hat die Arbeit dort schon dokumentie­rt.

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