Ehefrau betrogen
Ein Unterallgäuer betrügt seine Frau um 165 000 Euro. Dahinter stecken eine zerrüttete Ehe und ein vermeintlicher Rettungsversuch
Ein Unterallgäuer behauptet, seiner Frau eine Menge Geld geschenkt zu haben. Nach der Trennung wollte er es zurück. Warum er vor Gericht steht, lesen Sie auf
Unterallgäu Eigentlich wollte er nur seine Ehe retten. Das behauptet zumindest der 45-jährige Angeklagte. Tatsächlich hat er seine Ehefrau betrogen. So sieht es das Gericht. Von einem „gewöhnlichen Betrug“kann allerdings nicht die Rede sein, das betont auch Richter Nicolai Braun.
Die Geschichte beginnt im Januar 2016: Manuela S.* steht gerade in der Küche, die vier Kinder sind auch da, als ihr Mann Markus* hereinkommt: „Es war Tohuwabohu, er hat mir Zettel zum Unterschreiben hingelegt, ich habe mir nichts dabei gedacht, als ich unterschrieben habe“, schildert das 43-jährige Opfer, das vor dem Amtsgericht Memmingen als Zeugin auftritt. Es sei immer so gewesen, dass ihr Mann sich um die Finanzen gekümmert habe. „Er hat die zwei Formulare hingelegt, das eine lag über dem anderen.“Manuela S. habe daher nur die Unterschriftenzeile des zweiten Papiers gesehen. „Ich war zwar kurz misstrauisch, aber er meinte, das sei ein Duplikat für uns.“Als sie den Zettel sehen wollte, legte ihr Mann die Hand auf die Formulare: „Er hat das Blatt weggerissen und mich dann weggestoßen“, erzählt die 43-Jährige. Sie sei aber nicht weiter beunruhigt gewesen, denn: „Beim ersten Formular ging es ja nur um die Schließung eines Bankschließfachs.“
Was Manuela S. zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste: Auf dem zweiten Papier stand folgender Text: „Hiermit bestätigt meine Ehefrau den Erhalt von 165 000 Euro Bargeld sowie sämtlicher privater Gegenstände. Rückgabe nach Verlangen oder Trennung.“
Diese 165 000 Euro habe er seiner Frau dann auch übergeben, erklärt der Angeklagte vor Gericht: „Ein oder zwei Tage später, in meiner Firma habe ich ihr das Geld gegeben.“Die Summe habe er sich von langjährigen Freunden geliehen und alles „in bar“übergeben. Das angebliche Ziel: „Ich wollte meine Frau mit dem Geld besänftigen, dass sie das ausgeben kann und Ruhe in die Ehe einkehrt“, so begründet Markus S. die angebliche Geldübergabe vor Gericht.
Im Juli 2016, trennt sich das Ehepaar S. nach fünf Jahren voller Streitigkeiten: „Es war immer ein Hin und Her“, erzählt Manuela S. Obwohl sie unter psychischer und körperlicher Gewalt vonseiten ihres Mannes gelitten habe, sei sie weiterhin bei ihm geblieben: „Die Familie ist für mich das Wichtigste, das Größte und zu einem Vater gehören auch Kinder.“
Markus S. schildert seine ExFrau als eine unzufriedene Ehepartnerin, die nur „Geld verprassen“wollte. Dass seine Frau selbst Geld verdienen wollte, gefiel ihm laut Manuela S. aber nicht: „Ich wollte immer arbeiten gehen, hatte zwischendrin auch Stellen und das hat er schlecht geredet: ,Für die paar Kröten?’“Das eigenständige Arbeiten sei für sie eine „Selbstbestätigung“gewesen, es sei ihr nicht um mehr Geld gegangen: „Ich bin sehr jung Mutter geworden und wollte auch mal etwas anderes machen.“
Der Streit um ihren Job wurde bei der Familie S. ebenso häufig geführt wie der um seine Arbeit: „Sie hat mir immer vorgeworfen, ich sei ein Workaholic“, erzählt der Angeklagte. Seine Ex-Frau berichtet von nicht eingehaltenen Terminen: „Man konnte sich nicht auf ihn verlassen, er war nie da und hat auch die Kinder nicht abgeholt oder Ähnliches.“
Markus S. arbeitete viel in der eigenen Firma, 2012 folgten Burnout und Herzprobleme. Daraufhin sei ihr Mann immer wieder ausgezogen, erzählt Manuela S.: „Er hat dann in der Firma geschlafen und auch in Hotels.“Sie habe sich allein um die Kinder gekümmert und sich dann eben auch „ab und an etwas gegönnt“: Friseurbesuche, neue Kleidung. „Das hat er mir dann vorgeworfen – er war der Stärkere, das war 20 Jahre so.“Während sie von der Ehe erzählt, kommen der Unterallgäuerin die Tränen.
Manuela S. berichtet auch von „Aussetzern“ihres Ex-Mannes: „Wir hatten öfter die Polizei im Haus, einmal haben auch meine Kinder die Polizei gerufen wegen körperlicher Gewalt.“Auf der Polizeiinspektion Bad Wörishofen ist Markus S. bekannt, bestätigt ein Polizist, der als Zeuge geladen ist.
Nach der Trennung beantragt Manuela S. Unterhaltszahlungen von ihrem Ex-Mann, die nicht genehmigt werden: Weil sie schon 165 000 Euro von ihm erhalten habe. „Ich habe dann von seiner Anwältin die Kopie des Dokumentes erhalten“, erzählt die 43-Jährige. „Und war natürlich geschockt, außer mir.“Schließlich sei ihr damals nicht bewusst gewesen, was sie da unterschrieben habe: „Und das Geld habe ich ja auch nie bekommen.“
Das jedoch behauptet Markus S. – bis sich das Gericht zur Beratung zurückzieht. Staatsanwältin, Schöffen und Richter besprechen sich in einem Raum, auf dem Gang flüstert die Verteidigerin mit ihrem Mandanten, aus dem Zuschauerraum kommt nur ein leises: „Der hat sich sein eigenes Grab geschaufelt.“
Auch Richter Nicolai Braun ist nach der Besprechung der Ansicht: „Die Geschichte passt nicht zusammen. Und vor allem: Wie soll das der Rettung der Ehe dienen?“Er gibt dem Angeklagten die Möglichkeit, zu gestehen, daraufhin erwidert Verteidigerin Anja Bader: „Der
„Ich war zwar kurz misstrauisch, aber er meinte, das sei ein Duplikat für uns.“
Manuela S.
„Wir hatten öfter die Polizei im Haus, einmal haben auch meine Kinder die Polizei gerufen.“Manuela S.
Sachverhalt hat sich so zugetragen, wie in der Anklage beschrieben.“Ihrem Mandanten bricht die Stimme, als er hinzufügt: „Ich bitte, dass das Urteil nicht zu hart ausfällt.“
Verurteilt wird Markus S. am Ende zu einer Geldstrafe von 2100 Euro: „Er ist nicht vorbestraft, die Tat liegt lange zurück und man darf nicht vergessen, dass das Ganze im Rahmen eines regelrechten Ehekriegs passiert ist“, da sind sich Richter, Verteidigerin und Staatsanwältin einig.
Zudem sei letztlich kein Schaden entstanden – zumindest kein finanzieller: Manuela und Markus S. sind inzwischen seit zwei Monaten geschieden, die vier Kinder leben bei ihrer Mutter.
* Namen von der Redaktion geändert.