Die Fische brauchen Regen
Wegen der Hitze kämpfen die Fische im Unterallgäu ums Überleben. Das hat nicht nur biologische, sondern auch wirtschaftliche Folgen
Salgen/Unggenried Die Hitzewelle der vergangenen Wochen in Deutschland – darunter hatten nicht nur die Bauern zu leiden: Auch für Fischzüchter und Fische verschlechtert sich die Lage. Die wenigen Regentropfen, die bisher herunterkamen, reichen nicht.
Aufgrund der Hitze sterben die Fische in bayerischen Gewässern – vor allem in den Weihern der Zuchtbetriebe: „Es gab schon vermehrt tote Fische in den Forellenzuchtbetrieben, mehr als in den natürlichen Gewässern“, sagt Roland Paravicini vom Fischereihof Salgen. Einer der Gründe sei, dass sich weniger Wasser in den Zuläufen der Zuchtweiher befinde. „Außerdem sind Forellenarten generell temperaturempfindlicher“, erklärt Paravicini. Sie können laut dem Fischereifachberater mit Hitze nicht so gut umgehen wie andere Fische, beispielsweise Karpfen.
Durch die hohen Temperaturen sinkt die Sauerstoffkonzentration im Wasser und den Fischen geht buchstäblich die Luft aus. Pius Kirner kann deshalb seine Bachforellen schon nicht mehr füttern: „Die Bachforellen brauchen Sauerstoff zum Verdauen“, erklärt der Fischzüchter aus Unggenried. Bekämen sie Futter, gäbe es also noch weniger Sauerstoff im Becken und die Fische würden sterben. „Geht die Temperatur im Wasser hoch, muss auch der Stoffwechsel der Fi- sche mehr arbeiten“, erklärt Kirner. Bedeutet kein Futter im Umkehrschluss den Hungertod für die Forellen? Nein, sagt Pius Kirner: „Die Fische kommen über circa zwei Monate ohne Futter aus.“Allerdings verlieren sie an dieser Zeit auch an Gewicht: „Das ist natürlich auch ein wirtschaftlicher Verlust“, betont er. Momentan könne er keine Fische an seine Kunden ausliefern.
Was in der Zucht bereits zu spüren ist, hält sich in den natürlichen Gewässern noch in Grenzen: „Wir haben noch keine großen Ausfälle festgestellt“, sagt Roland Paravicini. „Dass man einzelne tote Fische findet, kommt im Sommer immer mal wieder vor.“Momentan sei die Situation aber brenzlig: „Das kann sich ganz schnell ändern, wenn die Wassertemperaturen über 28 Grad gehen“, erklärt er. Das sei für Forel- len bereits zu heiß, für Karpfen an der Grenze. Ein Gewässer im Unterallgäu, das Probleme bereitet, ist die Iller: „Hier haben wir mittlerweile zwischen 23 und 24 Grad – das ist vor allem wegen des hohen Salmoniden-Anteils in der Iller ein Problem“, sagt Roland Paravicini. Salmoniden sind Lachs- und Forellenfische, also die Fische, die besonders empfindlich auf Hitze reagieren. „Deswegen wird aktuell Wasser aus dem Rottachspeicher in die Iller abgegeben“, erklärt Paravicini.
Es gibt also Lösungen gegen die Hitze: „Das war vor 30 Jahren noch nicht der Fall“, betont der Fischereifachberater. Damals seien die Gewässerverhältnisse schlechter gewesen und die Zahl der toten Fische wesentlich höher: „Man hat in den Jahren viel getan, um die Gewässer sauber zu halten, das führt auch dazu, dass weniger Fische sterben.“Pius Kirner sorgt außerdem dafür, dass die Becken seiner Fischzucht belüftet werden.
In schlammigen, stehenden Gewässern können die hohen Temperaturen noch ein weiteres Problem verursachen: Aufgrund komplexer biologischer Vorgänge können Gase austreten. „Das wiederum entzieht dem Wasser Sauerstoff“, erklärt Roland Paravicini. Das könne dazu führen, dass das Gewässer „umkippt“und alle Lebewesen darin sterben. „Gott sei Dank kommt das nur alle vier bis fünf Jahre vor“, sagt Paravicini. Ein aktueller Fall aus Baden-Württemberg ist dem Fischereifachberater aber bekannt: Im Stausee Rötlen bei Ellwangen sind vor Kurzem viele Fische gestorben. Das Gewässer liegt circa 150 Kilometer von Mindelheim entfernt.
Wer zuhause einen Gartenteich hat, muss sich laut Paravicini um seine Fische höchstwahrscheinlich keine Sorgen machen: „Das sind meistens Goldfische, die sind robuster und können mit den höheren Temperaturen umgehen.“Will man ihnen das Leben erleichtern, könne man aber mit dem Gartenschlauch kaltes Wasser in den Teich lassen.
In den kommenden Tagen sollen die Temperaturen sinken. Kirner ist sich sicher: „Die Woche überstehen wir auch noch.“Trotzdem wären mehr Regenschauer hilfreich: „Erstens kühlt das die Gewässer ab und zweitens darf man nicht vergessen, dass jeder Tropfen Wasser zählt“, sagt Roland Paravicini. Der Diplom-Ingenieur und der Fischzüchter sind sich einig: „Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.“