Jurist und Anwalt seiner Heimatstadt
Landgerichtspräsident Dr. Thomas Ermer über seine Wurzeln, Kindheitsausflüge und einen schrulligen Mitbewohner
Memmingen Grundschulzeiten, Ferienausflüge Ende der 1960er Jahre, lange Fahrten auf der Landstraße und die großen Gänge im Maximiliansbau: All das kommt Dr. Thomas Ermer in den Sinn, wenn er seine frühesten Erinnerungen an Memmingen wachruft. Denn sein Vater, von Beruf Rechtsanwalt, nahm seine beiden Söhne ab und an mit, wenn er zu Verhandlungen von Günzburg aus zum Landgericht fuhr.
Heute ist es für Ermer, inzwischen 58 Jahre alt, der tägliche Weg zur Arbeit: Denn fast genau ein Jahr ist es her, seit er die Position als Präsident des Landgerichts übernommen hat. Dass dies einmal so kommen würde, zeichnete sich während der Ferienausflüge damals freilich nicht ab. „Ich habe mich schon immer für Technik und Naturwissenschaft interessiert“, erzählt Ermer. Als Jugendlicher tüftelte er gerne beim Modellbau herum, am Gymnasium belegte er Physik und Chemie als Leistungskurse. Doch als er vor der Wahl des Studiums – Physik oder Jura – stand, lag noch anderes in der Waagschale.
„Ich bin Steinbock. Und diesem Sternzeichen sagt man ja nach, dass das eher nüchterne und überlegt handelnde Menschen sind“, meint Ermer. So hatte er als Jugendlicher ebenfalls Einblick in die Arbeitsweise seines Vaters gewonnen – mitbekommen, wie dieser Fälle bearbeitete und mit Leuten sprach. „Das konnte ich mir auch gut vorstellen.“Als Patentanwalt beide Interessen kombinieren? – Eine reizvolle Idee. Wäre da nicht die tiefe Verwurzelung in seiner Heimatstadt gewesen. Dort, das wusste Ermer, gab es mit diesem Beruf keine Zukunft. Um in Günzburg bleiben zu können, nahm der Richter später über Jahre hinweg tägliches Pendeln in Kauf, als er in Augsburg und München arbeitete. Das handhabt Ermer jetzt wieder so – den 15 Jahre alten Familienwagen hat er allerdings auf Drängen seiner Frau Claudia durch ein moderneres und sichereres Modell ersetzt. Gleichzeitig will Ermer versuchen, „auch in Memmingen Fuß zu fassen“: Mit seiner Frau hat er bei mehrtägigen Besuchen schon einiges für sich entdeckt: die Altstadt, das
Angebot oder zuletzt Atmosphäre und Geselligkeit beim Fischertag. Durch den Stadtpark spaziert er bei diesem Interview jedoch beispielsweise zum ersten Mal.
Seine Familie, das Haus an einem Kanal der Günz mitsamt Garten voller Obstbäume sind Ermers Rückzugsraum. Während er davon spricht, unterbricht sich der Jurist kurz: Seine Aufmerksamkeit gilt für einen Moment der weiß-schwarzen Katze, die an einer Hecke entlang-
streicht. Er selbst, erzählt er, habe einen 17-jährigen schrulligen Kater zuhause. Der genieße gewisse, durch Alter erworbene Sonderrechte, verrät der Landgerichtspräsident schmunzelnd.
Diplomatie und Verhandlungsgeschick sind aber nicht nur im Umgang mit dem Haustier gefordert, sondern auch bei Ermers erklärtem „Haupthobby“. Denn er ist zwar, anders als anfangs gedacht, nicht in die Kanzlei seines Vaters eingestiekulturelle
gen, hat in seiner Heimatstadt aber eine andere wichtige Aufgabe übernommen: „Seit ich 16 Jahre alt bin, engagiere ich mich in der Kommunalpolitik.“Fraktionsvorsitzender ist er inzwischen nicht mehr, doch noch immer für die CSU Mitglied des Stadtrats. Und dass er sich speziell für die Stadtentwicklung interessiert: logisch angesichts seiner Verbundenheit mit Günzburg. „Man braucht da klare Ziele, aber auch Geduld.“
Dass ihm die abhandenkommt, sei eher eine Seltenheit, sagt Ermer. Mit einem Lächeln erzählt er von einer Begebenheit bei der Abiturfeier seiner jüngeren Tochter: „In dem Lokal ist wirklich viel schiefgelaufen und als ich gegenüber der Bedienung dann doch mal etwas lauter geworden bin, waren einen Moment lang alle still. Das hat meine Familie so überrascht, dass sie sich noch Jahre danach daran erinnert haben.“