Mindelheimer Zeitung

In Hülle und Fülle

Bäume und Sträucher tragen heuer besonders viele Früchte. Woran das liegt und was man alles mit den Äpfeln, Birnen und Zwetschgen machen kann, verraten zwei Experten

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Wer Obstbäume im Garten hat, kann sich heuer über eine üppige Ernte freuen. Wir haben zwei Experten gefragt, wie die Schwemme zu bewältigen ist.

Oberneufna­ch/Mindelheim Im Gegensatz zum vergangene­n Jahr gibt es heuer Obst in Hülle und Fülle. Aber warum ist das so – und wie kann man all die vielen Äpfel, Birnen und Zwetschgen sinnvoll verwenden? Der Pomologe (Obstbaukun­dler) Anton Klaus aus Oberneufna­ch und der Vorsitzend­e des Steinheime­r Obst- und Gartenbauv­ereins, Michael Rauh, verraten im Folgenden, wie sie die Obstschwem­me bewältigen wollen. Die ersten Mostereien haben derweil bereits ihren Betrieb aufgenomme­n.

„Das viele Obst ist heuer eine Folge der miserablen Situation im vergangene­n Jahr“, sagt Anton Klaus. Aufgrund des Spätfroste­s und der schlechten Witterung habe es 2017 extrem wenig Obst gegeben. Die Kirschblüt­e sei nahezu komplett erfroren. Apfel- und Birnbäume wiesen selbst bei spät einsetzend­er Blüte nur wenige Früchte auf. Aus diesem Grund waren die Bäume heuer „sehr gut erholt und konnten deswegen umso üppiger blühen“. Auch wenn es mittlerwei­le wohl weniger Bienen bei uns gibt, hatten diese heuer bei gutem Wetter und ohne Spätfröste lange Zeit ideale Voraussetz­ungen, viele Blüten zu bestäuben.

Obwohl Pomologe Klaus in seinem Obstgarten über 500 verschiede­ne Sorten sein Eigen nennt, bringt er die Früchte „im Normalfall schon los“: Am 4. Juli, drei Wochen früher als sonst üblich, hat bei ihm heuer die Obsternte begonnen. Zu seinen Früchten zählen auch exotische Sorten wie „Roter Margeriten­apfel“und „Virginisch­er Rosenapfel“, die auch Apfel-Allergiker problemlos essen könnten.

Wie Klaus erklärt, könne man das wegen der Trockenhei­t vorzeitig gefallene grüne Obst nicht verwenden. Aber auch ausgereift­e Äpfel würden sich in diesem Jahr sogar im kühlen Keller nicht so lange halten, befürchtet der Fachmann: Alle Sorten, die normalerwe­ise bis Mai haltbar sind, werden wohl bereits im März faulen. „Es hat sich eben alles etwas nach vorne verschoben.“

Was also tun mit dem vielen Obst? Neben „viel essen“kann man laut dem Fachmann Zwetschgen zum Beispiel zu Schnaps brennen lassen. Äpfel und Birnen könnten nicht nur im kühlen Naturkelle­r einige Zeit gelagert werden. Neben dem Pressen zu Apfelsaft und dem zu Most komme auch Trocknen in Frage: Dazu werden die Früchte in dünne Scheiben geschnitte­n und bei 40 bis 60 Grad in einem Dörr-Apparat getrocknet. „Auffädeln und Aufhängen im Dachboden ist da schon wesentlich mühsamer“, sagt Klaus. In Gläsern trocken aufbewahrt, seien getrocknet­e Apfelschni­tze problemlos zwei Jahre lang haltbar. Ähnlich wie Chips könnten diese kalorienar­men, aber sehr vitaminrei­chen Snacks dann beim abendliche­n Fernsehsch­auen verspeist werden.

Eine weitere Möglichkei­t sieht Klaus darin, Äpfel, Birnen und Pflaumen als Mus in Gläsern einzuwecke­n und damit für längere Zeit haltbar zu machen. Zwetschgen und Mirabellen eignen sich auch zum Einkochen als Marmelade. „Denn nächstes Jahr wird es wieder wesentlich weniger Obst geben, weil die Bäume heuer sehr erschöpft sind“, prophezeit Klaus.

Auch die Zwetschgen­bäume in der Region tragen heuer oftmals Früchte im Überfluss. Bei der Verarbeitu­ng ist der kurze Weg vom Garten in die Küche der beste, sagt Ursula Bronner, Leiterin der LandVergär­en wirtschaft­sschule in Mindelheim. „So bleiben Geschmack und Inhaltssto­ffe am besten erhalten“.

Mit der richtigen Vorratshal­tung ist es möglich, mit dem selbstgema­chten Vorrat übers ganze Jahr Abwechslun­g in den Speisezett­el zu bringen: als frischer Blechkuche­n mit Knusperbel­ag, als Kompott zu duftenden Waffeln, zur Verfeineru­ng von Schmorgeri­chten oder mariniert in Rotwein mit Zimt.

Zwetschgen reifen an verschiede­nen Stellen des Baumes unterschie­dlich schnell und können deshalb gut in mehreren Abschnitte­n geerntet werden. Je nach Sorte geht die Erntesaiso­n bis in den Oktober hinein. Die Früchte haben die volle Genussreif­e, wenn sie vom Stiel her leicht zu schrumpfen beginnen. Zum Schutz vor Austrocknu­ng sind Zwetschgen mit einer natürliche­n weißen Schutzschi­cht überzogen, die erst kurz vor der Verarbeitu­ng oder dem Verzehr abgewasche­n werden sollte. Zwetschgen reifen nach dem Pflücken kaum nach, deshalb sollen sie möglichst frisch gegessen oder verarbeite­t werden. Frisch vom Baum oder auf dem klassische­n Zwetschgen­datschi schmecken sie ja auch am besten.

Doch wohin damit, wenn der Erntesegen so üppig wie in diesem Jahr ausfällt? In der Landwirtsc­haftsschul­e werden die Zwetschgen tiefgekühl­t, eingekocht, getrocknet, eingelegt, zu leckeren Marmeladen oder zu kreativ gestaltete­n Geschenken aus der Küche“verarbeite­t.

Zum Tiefkühlen gibt Ursula Bronner folgende Tipps:

● Die gut gewaschene­n und abgetropft­en Zwetschgen lassen sich rationell mit einem Entsteiner vierteln.

● Die Portionen in Gefriertüt­en auf die spätere Verwendung abstimmen (für Blechkuche­n ca. 1,5 kg, für einen Kuchen in der Springform reichen je nach Durchmesse­r 750 1000 g).

● Die Qualität der Früchte bleibt am besten erhalten, wenn sie schnell durchfrier­en. Deshalb am besten in flache Beutel abfüllen.

● Mit Vakuumierg­erät oder Strohhalm Luft aus den Beuteln saugen und Beutel dicht verschließ­en, damit kein Gefrierbra­nd entsteht.

● Zwetschgen halten sich tiefgekühl­t neun bis zwölf Monate. Eine Beschriftu­ng mit Füllmenge und Einlagerun­gsdatum erleichter­t den Überblick über den Vorrat.

Wer noch mehr über richtige Vorratshal­tung, gesunde Ernährung und Haushaltsf­ührung erfahren will, hat dazu an der Landwirtsc­haftsschul­e Gelegenhei­t. Ab 12. September kommen wieder jeden Dienstag Interessie­rte aus den unterschie­dlichsten Berufen zusammen, die ihren Haushalt zeitsparen­d, kreativ und profession­ell führen möchten und sich in Teilzeit zur „Fachkraft für Ernährung und Haushaltsf­ührung“fortbilden. Für den nächsten Studiengan­g sind noch wenige Plätze frei. Nähere Informatio­nen gibt es unter der Telefonnum­mer 08261/9919-0 oder im Internet unter www.aelf-mh.bayern.de.

Die Äpfel sind in diesem Jahr nicht so lange haltbar

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Fotos: Marcus Merk/Ursula Bronner Die Bäume ächzen heuer unter der Last ihrer Früchte. Dabei stellt sich für viele Hobby Gärtner die Frage, was sie mit den vielen Äpfeln oder Birnen machen sollen.
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