Ein neuer Ball für das alte Spiel
Ball ist eben nicht gleich Ball. Mögen sie auch alle rund sein und bei leichter Abwärtsneigung freudvoll gen Boden rollen – sie unterscheidet mehr, als dass sie eint. Selbst ihr prominentester Vertreter besticht durch allerlei Unterarten und Erscheinungsformen: Der Fußball. Kinder kicken gegen kleinere als das Erwachsene tun. Kreisligisten gegen günstigere als Bundesligisten.
Als Hoffenheimer und Münchner gestern den Spielball traten, lag wieder ein neuer Vertreter seiner Gattung parat, ließ sich willfährig mal in diese, mal in jene Richtung schießen. Es war ein Ball der Firma Derbystar. Sie hat das AdidasImperium abgelöst. Natürlich war es keine Entscheidung, die aufgrund harter Qualitätsmerkmale gefällt wurde. Adidas wollte schlicht nicht mehr. Derbystar zahlt einen Millionenbetrag pro Saison, um die Bälle stellen zu dürfen. Dieses Recht haben sie vier Jahre lang.
Seine Premiere feierte der Ball zum Start der Zweitligasaison, auch im Supercup zwischen dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt flog das runde Kunststoff-Konstrukt durch das Stadion. So viel lässt sich bereits jetzt schon sagen: Es fällt nicht negativ auf. Anders als einige seiner Vorfahren. Geliebt von Stürmern, von Torhütern an die Füße grobschlächtiger Metzger gewünscht. Bezeichnet als Flatterbälle. Sie trudelten durch die Luft, als hätte im Inneren ein besoffener Adler von ihnen Besitz ergriffen oder stürzten von höheren Mächten gelenkt abrupt in die Tiefe.
Nun aber: 32 Kunststoff-Flicken feinsäuberlich vernäht. 20 Sechsund 12 Fünfecke sollen optimale Flugeigenschaften garantieren. Um eine angenehme Reiseflughöhe erreichen zu können, wird er logischerweise prall mit Luft gefüllt. Aber auch das war nicht immer so. Schon bevor die Engländer für sich reklamiert haben, Urheber des wundervollen Spiels zu sein, kickten Chinesen gegen ballähnliche Gegenstände. Inhalt: Tierhaare und Federn. Später abgelöst von einer Schweinsblase. Weil es noch dauerte, ehe ein Ventil in das SchweineLuft-Leder-Teil integriert wurde, sorgte eine kräftige Verschnürung für Zusammenhalt – und manch blutender Kopfverletzung.
Von der Evolution des Balles profitierten neben Schweinen (deren Blase mittlerweile nicht mehr benötigt wird) also auch die Schädel der Kicker. Ein beherzter Sprung in die Flanke endet nicht mehr unweigerlich mit einer Naht auf der Stirn.
Ball ist nun also wirklich nicht gleich Ball. Egal aber, wer ihn herstellt, gleich, wie er sich in der Luft verhält: Endlich ist er wieder im Spiel und wurde somit seiner Bestimmung wieder zugeführt.