In Berlin soll Ostzone gespielt werden
Zwischen Staatsoper und Schinkelplatz wird wieder hinter einer Mauer gelebt und gearbeitet
Berlin Fast 30 Jahre nach dem Fall der Mauer soll in Berlin wieder ein Betonwall die Menschen in hüben und drüben teilen. In einem geheimnisumwitterten Kunstprojekt will der russische Filmemacher Ilya Khrzhanovsky ein Häuserkarree am Boulevard Unter den Linden einriegeln und dort Diktatur spielen.
Kommenden Dienstag wollen die Verantwortlichen die Pläne erstmals vorstellen, aber schon vorher schlagen die Wellen hoch. Denn nach allem, was bisher durchgesickert ist, handelt es sich bei „DAU“um ein Projekt von neuen Dimensionen. Künstler wie Tom Tykwer (Film), Marina Abramovic (Performance) Banksy (Street-Art) sind beteiligt. Kulturstaatsministerin Grütters spricht von einem „Weltereignis“.
Herzstück ist die Premiere von 13 Filmen, drei Serien und einer digitalen Filmplattform, die Khrzhanovsky seit 2008 geschaffen hat. In einer nachgebauten Stadt in der Ukraine ließ er für zwei Jahre den stalinistischen Überwachungsstaat wiederauferstehen – bis hin zu Details wie kratzender Unterwäsche und Kohlsuppe. Für viele der bis zu 400 Menschen, die dort lebten und arbeiteten, sei die Kulisse nach und nach zur Realität geworden, schreibt das Kunstmagazin das den Filmemacher schon länger begleitet. Den Namen „DAU“hat das Projekt von dem sowjetischen Atomphysiker Lew Landau († 1968), um dessen Institut es vor allem geht. Unter dem Titel „Dau Freiheit“soll die Zeitreise nun in Berlin weitergehen.
Laut Bezirksamt haben die Berliner Festspiele als Veranstalter ein Areal am Kronprinzenpalais beantragt – einschließlich Staatsoper, Bauakademie, Schinkelplatz. Dort entstehe eine „Stadt in der Stadt, die ein Leben nach anderen Regeln zeigt und erfahrbar macht“, hieß es seitens der Festspiele.
Auf der Homepage DAU, für die man sich registrieren lassen muss, verspricht ein vorgeschalteter Traiund ler: „Sie entscheiden selbst, wie weit Sie gehen.“Für die neue „Mauerstadt“sind Medienberichten zufolge strenge Kontrollen geplant. Nur Bewohner erhalten einen Dauerausweis, Besucher müssen Eintritt zahlen. Nach dem Start Mitte Oktober soll am 9. November, dem Tag des Mauerfalls, auch die Fake-Mauer wieder fallen.
Weitere DAU–Stationen sind Paris und London. Freilich: Ob es in Berlin so weit kommt, ist noch nicht ausgemacht. Das Projekt war schon einmal abgeblasen worden. Im vergangenen Jahr hatte es eigentlich zur Eröffnung der umstrittenen Intendanz Dercon an der Volksbühne laufen sollen. Nach Angaben von Insidern war Khrzhanovsky damals aber noch nicht mit der Bearbeitung seines Filmmaterials fertig. Auch jetzt scheint nicht alles in trockenen Tüchern. Zudem steht ein Hindernislauf bei den Behörden bevor. Bau-, Straßen- und Grünflächenamt, Denkmalschutz, Polizei und Feuerwehr müssen zustimmen.
Unbekannt ist, wer hinter dem Projekt (finanziell) steckt. Berliner Beteiligte dürfen keine Auskunft geben. Nach einer Recherche des
ist die Londoner Stiftung Phenomen Trust verantwortlich, gegründet von dem russischen Multimillionär Sergej Adoniev.