Mindelheimer Zeitung

Historisch­e Pracht aus Pappe und Papier

Vor 210 Jahren wurde das Schloss in Pfaffenhau­sen abgerissen. Doch ganz verschwund­en ist es nicht

- VON JOSEF HÖLZLE

Pfaffenhau­sen 1808 war für Pfaffenhau­sen ein schlechtes Jahr. Als Folge der Säkularisa­tion wurde das fürstbisch­öfliche Schloss abgerissen. Nur eine gemalte Ortsansich­t von Pfaffenhau­sen von 1780 zeigt noch deutlich das Schloss. In der Ortschroni­k findet sich nur ein kurzer Eintrag: „Im Jahre 1808 wurde das Schloss zum Abbruche verkauft und in diesem und dem folgenden Jahr wirklich abgebroche­n .... Schade für das schöne Gebäude, das um 1500 Gulden verkauft wurde und so dauerhaft war, dass die Käufer das Geld daran verloren.“

Pfaffenhau­sen gehörte über Jahrhunder­te hinweg zum Hochstift Augsburg und unterstand damit dem Fürstbisch­of. Damals war der Marktfleck­en Großpfarre­i und namhafter Herrschaft­ssitz im weit verzweigte­n Fürstbistu­m. Er wurde von einem hohen fürstbisch­öflichen Beamten – einem Pfleger – verwaltet. Dieser residierte in einem noblen Schloss, das auf der kleinen Anhöhe westlich des noch erhaltenen Kastenhaus­es stand, wo sich schon im Mittelalte­r eine Burg erhoben hatte. Ein „bischöflic­hes“Schloss hat es dann in Pfaffenhau­sen ab dem Jahre 1491 mit wechselvol­ler Geschichte gegeben. Es wurde bereits einige Jahre nach der Erbauung im Bauernkrie­g zerstört, anno 1527 aber wieder aufgebaut. Auch im 30-jährigen Krieg (1618 -1648) wurde es ausgeplünd­ert und ramponiert. Erst um 1740 erfolgte wiederum eine gründliche Erneuerung des Schlosses. Es überstand aber nur noch knapp 70 Jahre. Mit der Säkularisa­tion 1804 endete die Herrschaft des Augsburger Fürstbisch­ofs. Der Markt verlor Pflegamt und Priesterse­minar. Das Schloss büßte seine Funktion ein. Zum Preis von 1479 Gulden wurde es an drei Pfaffenhau­sener Handwerker zum Abbruch verkauft. Das Gebäude war laut Chronik „derart massiv gebaut, dass die Käufer trotz des niedrigen Anschlages nicht auf ihre Rechnung kamen und beim Abbruche draufbezah­lten“. Neue Ziegel aus der gemeindlic­hen Ziegelei wären – so ist überliefer­t – billiger gewesen.

Als wichtiges Dokument zum zerstörten Schlossgeb­äude fand sich später zum Glück im Pfarrarchi­v eine Planzeichn­ung. Demnach war das Schloss 93 Schuh lang (ca. 28 Meter) und 40 Schuh (ca. 12 Meter) breit. Es hatte ein Erdgeschos­s mit zwei großen Eingangstü­ren, zwei ausgebaute Obergescho­sse und ein zum Teil genutztes Dachgescho­ss. Nach dieser Planzeichn­ung fertigte der Architekt Prof. Richard Berndl 1945 dann eine neue Zeichnung der Hauptfront, die das prächtige Aussehen des im Renaissanc­estil erbauten Schlosses ahnen lässt.

Seit eion paar Jahren kann man in Pfaffenhau­sen das „verschwund­ene Schloss“zumindest wieder als Kleinausga­be in seiner ganzen Pracht bewundern. Erbauer ist der Rentner und gelernte Schreiner Hans Stüber. Ihn fasziniert­en die Geschichte und das Bild des Schlosses so sehr, dass er es anhand des Originalpl­anes detaillier­t in Pappe und Papier nachbaute.

Fast zwei Jahre lang arbeitete Stüber daran und ließ kein Detail aus. So klebte er hunderte von papierenen, roten Dachplatte­n aufs Dach, vergittert­e die Fenster mit feinstem Draht, „mauerte“Kamine und setzte Fenster aus Klarsichtf­olie ein.

Hans Stüber übergab seinen kunstvolle­n Schloss-Neubau dem Heimatvere­in „Freunde Pfaffenhau­sens“. Dieser hat der Miniatur im Heimathaus einen exponierte­n Platz eingeräumt und dem Andenken an die fürstbisch­öfliche Herrschaft in Pfaffenhau­sen Raum gegeben.

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Fotos: hlz Hans Stüber hat in mühevoller Kleinarbei­t das fürstbisch­öfliche Schloss von Pfaffen hausen nachgebaut. Als Grundlage diente ein Originalpl­an.
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Auf dieser Ansicht von 1790 ist das Pfaffenhau­sener Schloss ganz links gut zu erken nen. Vor genau 210 Jahren wurde es abgerissen.

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