Ihre Welt war die bunte Natur
Der eine suchte die exotische Ferne, der andere blieb in Europa und ordnete zu Hause die Welt der Natur. Paul Hermann, seit 1678 Professor für Botanik an der Universität Leiden und später ihr Rektor, blickte gerne auf die Abenteuer-Jahre zurück, in denen seine Blütenträume reiften. Im niederländischen Leiden hatte der gebürtige Hallenser den dortigen botanischen Garten mit solcher Leidenschaft durchkämmt, dass der Direktor be- schloss, ihn in die Heimat exotischer Pflanzen zu schicken: auf die Tropen-Insel Ceylon, also ins heutige Sri Lanka.
Paul Hermann, der nicht nur Botanik studiert hat, sondern auch ein Doktor der Medizin war, segelte offiziell als Arzt dorthin. Für die Tropenkrankheiten seiner Patienten hatte der Doktor allerdings weniger Zeit. Stattdessen studierte und sammelte er fünf wunderbare Jahre lang seltene und unbekannte Pflanzen aller Art. Das wichtigste Ergebnis seines CeylonAbenteuers war ein gesammeltes Herbarium, das zum Museumsstück wurde.
Von diesem „Musaeum Zeylanicum“war ein paar Jahre später ein gewisser Carl von Linné so angetan, dass er in einem seiner botanischen Werke namens „Flora Zeylanica“auf die Sammelarbeit des Deutsch-Niederländers zurückgriff.
Den Schweden Linné zog es nicht in exotische Fernen, sondern in die heimischen Botanik-Gärten und Bibliotheken. Hier fand er das Material für sein weltumfassendes Hauptwerk mit dem Titel „Species Plantarium“.
Das war nicht nur ein großes Sammelwerk aller bekannten und neu entdeckten Pflanzen, es war vor allem ein Werk der systematischen Namensgebung. Von Linné stammen die lateinischen Doppelnamen, die heute in Fachkreisen alle Pflanzen zieren. Nicht zuletzt dank Linné trägt so ein bescheidenes Gewächs wie unser Gänseblümchen, auch Tausendschön genannt, offiziell den deutlich exklusiveren Namen Bellis perennis. Und die deutsche Eiche, auch Stieleiche genannt, heißt eigentlich Quercus robur.
Dem reisenden Sammler Paul Hermann verdanken wir viel Wissen darüber, dass es auch anderswo tausendfach und sehr schön blüht. Linné verdanken wir die Doppelnamen, die er nicht nur den Pflanzen, sondern auch den Tieren verpasste. Sie gliedern seither die schier unbegreifliche Vielfalt der Natur in ein ordentliches System, damit wir sie wenigstens ein bisschen begreifen können.