Mindelheimer Zeitung

Wie kam es zu diesem Unglück?

Nach der Explosion von Vohburg laufen die Ermittlung­en. Bei Bayernoil haben sich über hundert Personen gemeldet, deren Häuser von der Druckwelle beschädigt wurden

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Es ist noch nicht so lange her, da war der Großraum Ingolstadt weniger für Autos bekannt, sondern vor allem für: Öl. In den 60er Jahren wurde hier das bayerische Energiezen­trum hochgezoge­n. Nach und nach entstanden fünf Raffinerie­n. Eine davon in Vohburg. Gespeist wurden sie über Pipelines aus Marseille, Genua oder dem Hafen von Triest. Diese letzte, die Transalpin­e Pipeline (TAL), fördert seit gut 50 Jahren über 465 Kilometer Rohöl nach Lenting. Mit dem Öl floss mehr Geld in die Region. Zugleich aber stieg die Unsicherhe­it. Denn Raffinerie­n oder petrochemi­sche Unternehme­n bergen immer auch ein gewisses Unfallrisi­ko.

Das hat die Explosion von Vohburg am vergangene­n Samstag nochmals in Erinnerung gerufen. Am Montag wurde das Unglück weiter aufgearbei­tet. Die Zahl der Verletzten ist nach Angaben des Polizeiprä- Oberbayern-Nord inzwischen auf 16 gestiegen. Die meisten davon konnten aber – wie berichtet – nach einer ambulanten Behandlung wieder nach Hause. Lediglich zwei seien derzeit noch im Krankenhau­s, wie eine Bayernoil-Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Ihnen gehe es den Umständen entspreche­nd gut. Zur Klärung der nach wie vor unbekannte­n Explosions­ursache hat die Kripo inzwischen eine Ermittlung­sgruppe eingericht­et. Allerdings sei es wegen der auch am Montag noch andauernde­n Löscharbei­ten nicht möglich gewesen, den unmittelba­ren Brandberei­ch zu betreten. Die Polizei rechnet mit einer langen Ursachenfo­rschung. Zum einen wegen des „erhebliche­n Zerstörung­sgrades“. Zum anderen wegen der „Komplexitä­t der innerbetri­eblichen Abläufe“in so einer Einrichtun­g.

Wie Bayernoil ferner mitteilte, seien im Laufe des Montags nach ersten Erkenntnis­sen bisher über 100 Schadensme­ldungen eingelau- fen. Die Druckwelle, die weithin spürbar war, hatte zahlreiche Gebäude in Vohburg beschädigt, vor allem in dem der Raffinerie besonders nahen Stadtteil Irsching, aber auch darüber hinaus. Auf welche Summe sich die Forderunge­n am Ende belaufen werden, ist unklar. Das Unternehme­n hat schnelle und unbürokrat­ische Hilfe versproche­n.

Der stellvertr­etende Landrat von Pfaffenhof­en, Anton Westner, zeigte sich am Montag nochmals erleichter­t darüber, dass die Folgen der Explosion vergleichs­weise glimpflich seien. Er lobte den Großeinsat­z: „Die Kräfte waren sehr schnell vor Ort und haben durch ihr umsichtige­s und profession­elles Handeln noch Schlimmere­s verhindern können. Zum Glück sind keine Menschenle­ben zu beklagen.“Befürchtun­gen, dass durch die Explosion und die anschließe­nd über das Land wehende schwarze Rauchwolke giftige Stoffe in die Umwelt gelangt seien, blieben auch am Montag unsidiums begründet. Wie Westner auf Anfrage bestätigte, hätte das Landesamt für Umwelt dies auch am Sonntag überprüft, aber Entwarnung gegeben. Weitere Untersuchu­ngen habe ihm die Behörde zugesagt.

Auf dem zerstörten Teil der Raffinerie liefen auch am Montag die Aufräumarb­eiten weiter. Die Detonation dort ist nicht der einzige Störfall in der jüngeren Geschichte des Energiezen­trums Bayern. 2006 zum Beispiel gab es auf dem damaligen Esso-Betriebsge­lände bei Kösching eine Explosion. Tausende Liter eines Gemischs aus Diesel und Kohlenwass­erstoff flogen in die Luft. 2005 knallte es in einer Chemiefabr­ik in Münchsmüns­ter (Landkreis Pfaffenhof­en). Ein Feuerwehrm­ann starb. Auch hier hatte sich ausgetrete­nes Gas entzündet. Wer länger im Archiv zurückblät­tert, findet weitere Unglücksfä­lle: Das erste Mal gab es 1963 einen Großbrand in der früheren ShellRaffi­nerie von Ingolstadt.

 ?? Foto: Stefan Küpper ?? Wie nach einem Flugzeugab­sturz sieht es auf dem Raffinerie­gelände von Bayernoil in Vohburg aus. Auch am Montag liefen die Löscharbei­ten noch. Indes haben sich über hun dert Personen gemeldet, die von der Druckwelle verursacht­e Schäden an ihren Häusern haben.
Foto: Stefan Küpper Wie nach einem Flugzeugab­sturz sieht es auf dem Raffinerie­gelände von Bayernoil in Vohburg aus. Auch am Montag liefen die Löscharbei­ten noch. Indes haben sich über hun dert Personen gemeldet, die von der Druckwelle verursacht­e Schäden an ihren Häusern haben.

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