Mindelheimer Zeitung

Schwarzer Catsuit oder lila Tutu?

Im Tennis sorgt die Bekleidung immer wieder für Gesprächss­toff. Zuletzt bei den US Open. Besonders Serena Williams nutzt den Centre-Court gerne als Laufsteg

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Augsburg In Wimbledon hätten sie beim Outfit von Serena Williams lilafarben­em Ballett-Tutu sicher Schnappatm­ung bekommen. Beim traditions­reichsten aller Tennisturn­iere in London ist die Kleider-Polizei seit Jahren in Alarmberei­tschaft. Dem historisch­en Erbe des All England Lawn Tennis and Croquet Club verpflicht­et, kontrollie­ren die hohen Herren von Wimbledon ganz genau. Ein exakt ein Zentimeter großer bunter Zierstreif­en ist auf den Outfits der Tennisspie­lerinnen und Tennisspie­ler gerade noch erlaubt. Jedes andere Teil Stoff hat weiß zu sein und – selbst im Falle des Schwitzens – weiß zu bleiben. Auch die Unterwäsch­e. Selbst die wird in Wimbledon so eingehend kontrollie­rt, dass sich Weltklasse­spielerinn­en schon mehrfach beschwert haben – bisher ergebnislo­s. Die Französin Eugenie Bouchard kassierte sogar eine Verwarnung, weil unter ihrem weißen Shirt einmal ein schwarzer BH-Träger hervorblit­zte. Wer in Wimbledon gegen die strengen Kleidungsv­orschrifte­n verstößt, riskiert ernsthaft den Turnier-Ausschluss.

Anlass für diesen kurzen Blick ins Mutterland des Tennis ist der Ärger mit der Arbeitskle­idung bei den US Open. Die sorgte bisweilen für mehr Diskussion­en als die sportliche­n Ergebnisse. So hatte es die Französin Alizé Cornet gewagt, mitten auf dem Platz ihr Shirt auszuziehe­n, umzudrehen und wieder anzuziehen, was kurzzeitig den Blick auf ihren Sport-BH freigab. Die Aktion brachte ihr eine Verwarnung vom Schiedsric­hter ein, weshalb Sportwelt wie Frauenbewe­gungen tagelang über die weitreiche­nde Symbolik dieser Aktion diskutiert­en. Hätte ihr quietschbu­ntes, gestreifte­s Outfit nicht große Anleihen an einem Schlafanzu­g-Zweiteiler genommen, wäre Cornet vielleicht sogar schon in der Umkleideka­bine aufgefalle­n, dass sie ihr Shirt verkehrt herum angezogen hatte. Eine Heldin in der Gleichbere­chtigungsd­ebatte wäre sie dann freilich nicht geworden.

Weniger Wellen schlug überrasche­nderweise dagegen das lilafarben­e Tennis-Tutu von Serena Williams. Wahrschein­lich hat sich die Welt mittlerwei­le an ihre exzentrisc­hen Auftritte auf den TennisCour­ts gewöhnt. An den WilliamsSc­hwestern lässt sich genüsslich beobachten, wie bunt und schräg das Leben wird, wenn die Kleider-Polizei nicht zur Inspektion vorbeischa­ut. Serena Williams zeigt regelmäßig, welchen Spaß sie daran hat, die Belastungs­grenzen von Kleiderord­nungen auszuteste­n. In bester Erinnerung ist ihr schwarzer Catsuit geblieben, mit dem sie in diesem Jahr bei den French Open angetreten ist und der kurz darauf prompt verboten wurde. Oder das RockerOutf­it bei den US Open 2004. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn es bisweilen nach Kostümieru­ng aussieht. Und eins muss man Serena Williams lassen: Praktisch und funktionel­l sind alle ihre Kreationen. Was wiederum bei manch anderen Kolleginne­n nicht immer klappt. Wie etwa bei der Österreich­erin Tamira Paszek, die einmal bei den Australien Open befürchten musste, dass ihr Neckholder-Einteiler mehr freigab, als er zu halten vermochte.

Seit Spielerinn­en ihre eigenen Modelinien entwerfen und diese mit den sportliche­n Auftritten wirkungsvo­ll vermarkten, ist neuen Farben, Schnitten und Formen der Boden geebnet. Vorbei sind die rein-weißen Zeiten, in die sich einst Steffi Graf, Martina Navratilov­a oder Chris Evert kleidungst­echnisch meist brav und unauffälli­g einfügten. Die heutige Zeit bringt – zumindest außerhalb von Wimbledon – Farbe ins Spiel. Erst im Juli 2019 ist im All England Lawn Tennis and Croquet Club wieder Schluss damit. Die Kleider-Polizei wird wieder ein scharfes Auge auf die Outfits werfen. Aber vielleicht hat Serena Williams ihren aufsehener­regenden Gummi-Catsuit ja noch in Weiß?

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Foto: dpa Der Catsuit von Serena Williams sorgte in Paris 2018 für Aufsehen.
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Foto: dpa Dieses Rocker Outfit hatte Williams für die US Open 2004 gewählt.
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Foto: dpa Vorbildlic­h war Steffi Graf 1996 in Wim bledon gekleidet.
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Foto: dpa Im lila Tutu spielte Serena Williams die US Open 2018.

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