Volle Auftragsbücher und dennoch Sorgen
Worüber Handwerker klagen
Ottobeuren Viele Handwerksbetriebe können sich vor Aufträgen kaum noch retten: „Uns geht es gut“, sagte Hans-Peter Rauch, Präsident der schwäbischen Handwerkskammer bei einer Diskussion mit Politikern in Ottobeuren. Die Unternehmen haben trotzdem Sorgen, vor vor allem den Fachkräftemangel, und sie fordern Steuersenkungen.
Zimmerer Hermann Rehklau berichtete, dass er es in seinem Memminger Betrieb derzeit mit einer Auftragsflut zu tun habe: „Ich könnte glatt doppelt so viele Fachkräfte beschäftigen.“Doch die seien am Markt nicht verfügbar. Und von den Handwerkern selbst ausgebildete Gesellen blieben häufig nicht im Betrieb. Entsprechende Zahlen lieferte Wirtschaftsminister Franz Pschierer: Er sagte, dass von 100 Gesellen durchschnittlich 28 in die Industrie oder in andere Branchen abwandern. Asylbewerber einzusetzen, ist für Rehklau derzeit keine Option: Die Mitarbeiter hätten engen Kontakt mit den Kunden, da seien gute Deutschkenntnisse unerlässlich.
Auch Alois Göppel berichtete von einer guten Auftragslage. Er ist Chef eines Fellheimer Landmaschinenbetriebs mit 17 Mitarbeitern. Göppel klagte ebenfalls, dass es zu wenig Fachkräfte gebe: Den Betriebsbereich Melktechnik habe er mangels Mitarbeitern schließen müssen. Etwa 15 Beschäftigte hat Günther Landauer in seiner Legauer Bäckerei. Ihm falle es schwer, Auszubildende zu finden, sagte er. Den Grund hierfür sieht er darin, dass der Arbeitstag in einer Bäckerei mitten in der Nacht beginnt. Einen Weg, um Schulabgänger für eine Bäckerlehre zu gewinnen, sieht Landauer in höheren Löhnen. Positiv vermerkte er, dass ein Flüchtling aus Gambia bei ihm nun in das dritte Lehrjahr startet.
Bei der Diskussion ging es auch ums Thema Steuern. Die Unternehmer forderten eine Entlastung und stießen bei Pschierer auf offene Ohren. Er sei erstaunt, dass sich das Handwerk hier nicht stärker zu Wort melde, sagte er. Die Töpfe der Sozialkassen seien voll, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um die Beiträge der Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu senken.
Josef Walter (Metall-Innung) klagte, dass Sozialkassen wegen der Negativzinsen Millionen an Euro einbüßten und die Regierung nichts dagegen unternehme: Da werde „viel Geld kaputtgemacht“. Kreishandwerksmeister Robert Plersch sagte, es könne nicht sein, dass ein Leistungsträger über 40 Jahre in einem Betrieb arbeitet, Beiträge einzahlt und in der Rente dennoch nicht genug zum Leben hat.