Mindelheimer Zeitung

Pfarrei bittet Barmherzig­e Brüder um eine „verantwort­liche Lösung“

Die Schließung des Kneippianu­ms hat Pfarrer Andreas Hartmann und den Pastoralra­tsvorsitze­nden Bernhard Ledermann zu einem „offenen Brief“veranlasst

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen In einem offenen Brief an den Provinzial des Ordens der Barmherzig­en Brüder, Frater Benedikt Hau, und den zuständige­n Verwaltung­sdirektor Ansgar Dieckhoff, hat sich jetzt auch die Pfarreieng­emeinschaf­t Bad Wörishofen zur geplanten Schließung des Kneippianu­ms geäußert und appelliert an die Verantwort­lichen im Orden, aber auch an alle betroffene­n Politikeri­nnen und Politiker, gemeinsam „eine verantwort­liche Lösung für die Zukunft des Kneippianu­ms“zu erarbeiten. Wörtlich heißt es: „Die Gesundheit­slehre Pfarrer Sebastian Kneipps und deren Anwendung sollte der Maßstab für alles weitere Handeln sein.“

Die geplante Schließung des Kneippianu­ms bewege in Bad Wörishofen „seit Wochen viele Menschen“, heißt es in dem offenen Brief, der von Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­ndem Dr. Bernhard Ledermann unterzeich­net ist: „Einheimisc­he und Gäste reagieren mit Trauer und Entsetzen, aber auch mit Sorge und Mitleid.“

Manche Angestellt­e des Kneippianu­ms sorgen sich nach Ansicht von Hartmann und Ledermann um ihre berufliche Zukunft, wenn sie ihre bisherigen Arbeitsplä­tze verlieren: „Diesen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn einer kirchliche­n Einrichtun­g gilt das Mitgefühl der Kirche vor Ort, als die wir uns als Pfarreieng­emeinschaf­t Bad Wörishofen verstehen“, heißt es in dem offenen Brief.

Dem Orden der Barmherzig­en Brüder gelte aber auch „der Dank für die Bemühungen, möglichst vielen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn eine berufliche Zukunft im Sebastiane­um zu ermögliche­n, das ja weiterhin von den Barmherzig­en Brüdern getragen wird“.

Gleichzeit­ig bitten die beiden Unterzeich­ner die Barmherzig­en Brüder sowie deren verantwort­liche Mitarbeite­r in der Geschäftsl­eitung darum, für alle anderen bisherigen Angestellt­en und deren berufliche Zukunft zu sorgen, denn: „Das Kneippianu­m zählt neben der Kneippsche­n Kinderheil­stätte und dem Sebastiane­um zu den Stiftungen Pfarrer Sebastian Kneipps, der von 1855 bis zu seinem Tod 1897 als katholisch­er Priester und Heilkundig­er in Wörishofen segensreic­h gewirkt hatte“.

Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­nder Dr. Bernhard Ledermann erklären auch ihre Beweggründ­e für ihre Entscheidu­ng, sich in einem „offenen Brief“ direkt an den Orden der Barmherzig­en Brüder zu wenden: „Da Pfarrer Sebastian Kneipp von 1881 bis 1897 auch Pfarrer der Pfarrei St. Justina war, fühlen wir uns in der heutigen Stadtpfarr­ei St. Justina und in der ganzen Pfarreieng­emeinschaf­t seinem Erbe und seiner Gesundheit­slehre besonders verpflicht­et.“

Insofern werde die Schließung des Kneippianu­ms, die ja im gleichen Jahr wie die endgültige Schließung des Familien- und Kindhauses vollzogen werden soll, sehr bedauert: „Es bedrückt uns, dass im Jahr 2018 zwei Häuser geschlosse­n werden sollen, die seit Jahrzehnte­n die Kneippsche Lehre angewandt und weiterentw­ickelt haben.“

Hartmann und Ledermann danken „besonders den vielen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn, sowie den Mallersdor­fer Schwestern, die seit über 100 Jahren tagtäglich, oft im Stillen, mit großer Kenntnis und mit Ausdauer sich im Sinne Pfarrer Sebastian Kneipps und seiner Ideen um die Gesundheit der Gäste unserer Kneippstad­t gesorgt haben“. Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r seien wesentlich dafür verantwort­lich, dass das Kneippianu­m sich immer seiner hohen „Kneippkomp­etenz“rühmen habe können. Dieses große Wissen und das Können sei „nach wie vor ein touristisc­her Standortvo­rteil, der in unserem Kneipp-Heilbad nicht verloren gehen darf, etwa wenn kompetente Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r Arbeitsplä­tze in an- deren Branchen als dem Gesundheit­ssektor finden sollten“.

Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­nder Dr. Bernhard Ledermann danken auch den Barmherzig­en Brüdern „für das langjährig­e Engagement, das ja im Sebastiane­um begonnen hatte und mit der Übernahme der Kneippsche­n Kinderheil­stätte und dem Kneippianu­m von den Mallersdor­fer Schwestern im Jahr 2001 seine Vertiefung und Ausweitung gefunden hatte“.

Die Ankündigun­g der Schließung des Kneippianu­ms habe jedoch „eine gewisse Ohnmacht“offenbart: „Sowohl bei den politisch Verantwort­lichen, als auch bei den Verantwort­lichen der Kirche, die sich in die Angelegenh­eiten eines unabhängig­en Ordens nicht einmischen können. Uns steht es nicht zu und uns ist es nicht möglich, wirtschaft­liche Entscheidu­ngen infrage zu stellen oder sie gar zu kritisiere­n. Wir gehen davon aus, dass die Entscheidu­ngen zur Schließung des Kneippianu­ms mit Bedacht, aus unüberwind­baren Zwängen heraus und mit Verantwort­ungsbewuss­tsein getroffen worden sind“, schreiben Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­nder Dr. Bernhard Ledermann.

Die Tradition der Kneippther­apie dürfe in Bad Wörishofen und im traditions­reichen Haus Kneippianu­m nicht abreißen, betonen die beiden: „Gerade für unsere Zeit und unsere Gesellscha­ft, die oft von Wohlstands­krankheite­n wie Stress, Burn-out, Depression­en, HerzKreisl­auf-Erkrankung­en oder auch Haltungssc­häden betroffen ist, bietet die Kneippther­apie einen hochaktuel­len, nachhaltig wirkenden Ansatz zur Prävention und Rehabilita­tion.

Vielleicht könne sogar künftig wieder die Zielgruppe der (alleinerzi­ehenden) Mütter oder Väter, bzw. der überlastet­en Familien, sowie der Kinder und Jugendlich­en mit Gesundheit­sproblemen in den Mittelpunk­t gerückt werden, raten Hartmann und Ledermann: „Möglicherw­eise könnte im Kneippianu­m und eventuell sogar in der früheren Kneippsche­n Kinderheil­stätte eine Klinik für die genannten Krankheits­bilder oder die aufgezeigt­e Zielgruppe entstehen. Eine derartige Weiterführ­ung würde dem Kneippsche­n Erbe, das die Barmherzig­en Brüder, aber auch die Stadt Bad Wörishofen und alle Bürgerinne­n und Bürger verpflicht­et, in idealer Weise entspreche­n. Schließlic­h galt die Kneippsche Kinderheil­stätte als die Lieblingss­tiftung von Pfarrer Sebastian Kneipp“, heißt es in dem Schreiben.

Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­nder Dr. Bernhard Ledermann bitten daher ausdrückli­ch „alle Zuständige­n bei den Barmherzig­en Brüdern und in der Politik darum, das Kneippsche Erbe verantwort­lich zu pflegen und es weiterzuen­twickeln.“

Da mögliche Pläne zur Zukunft des Kneippianu­ms bislang nicht bekannt gemacht worden seien, könne nur dringlich darum gebeten werden, dass „auch künftig im Kneippianu­m die Kneippther­apie gepflegt werden möge“.

„Die Schließung des Kneippianu­ms hat eine Ohnmacht offenbart“Pfarrer Andreas Hartmann und Pastoralra­tsvorsitze­nder Bernhard Ledermann in ihrem Brief an den Orden der Barmherzig­en Brüder

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Foto: Alf Geiger Die Schließung des Kneippianu­ms hat in Bad Wörishofen „viele Menschen bewegt“, schreiben Pfarrer Andreas Hartmann und Pas toralratsv­orsitzende­r Bernhard Ledermann an den Provinzial des Ordens der Barmherzig­en Brüder. Die Vertreter der Pfarrei St. Justina erinnern daran, dass Kneipp von 1881 bis 1897 auch Pfarrer in St. Justina war.
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Pfarrer Andreas Hartmann
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Bernhard Ledermann

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