Das stille Sterben der Traditionshotels
Während ganz Bad Wörishofen über die Schließung des Kneippianums diskutiert, verschwinden kleinere Traditionshotels sang- und klanglos. Auch Einzelhändler spüren wenig von steigenden Übernachtungszahlen
Bad Wörishofen Die Schließung des Kneippianums hat die Kneippstadt Bad Wörishofen bis ins Mark getroffen: Im Dezember wird das Vier-Sterne-Hotel mit 144 Betten endgültig dicht gemacht. Während diese Nachricht eine Schockwelle der Entrüstung ausgelöst hat, geht das Hotel-Sterben in Bad Wörishofen unversehens weiter. Im Hotel Kreuzer, wo sich früher Promis dieser Welt wie Bruno Kreisky oder Prinzessin Soraya von den Mühen ihres Daseins bei einer Kneipp-Kur erholten, sind längst die Lichter ausgegangen. Mit dem Löwenbräu wird ein weiteres Traditionshaus verschwinden und durch einen 40-Millionen-Euro-Neubau ersetzt, der als „Löwenbräu-Arkaden“nur noch durch diese Bezeichnung an die Brauereigaststätte erinnern wird. Das sind die Schlagzeilenträchtigsten Negativ-Beispiele für den anhaltenden Rückgang des Übernachtunsangebots in Bad Wörishofen. Es gibt jedoch auch Beispiele für den Verlust von Traditionshotels, die sich eher im Verborgenen abspielen – für den Tourismus-Standort Bad Wörishofen aber nicht minder schmerzlich sind.
Jüngste Beispiele sind die HotelVilla Hofmann von Rosi und Peter Hofmann in der Eichenwaldstraße, das Hotel-Garni „Rosenhag“von Andreas Seidenspinner in der Kathreiner Straße und das KneippKurhaus Bartholomäus von Bartholomäus Ernst im Erlenweg.
Rosi und Peter Hofmann haben sich nach langem Zögern entschlossen, ihr „Hotel Villa Hofmann“dicht zu machen und an einen Investor zu verkaufen, der das Gebäude zu einem Wohnhaus umbauen will
In der dritten Genaration hatten Rosi und Peter Hofmann das Hotel-Villa geführt, doch nachdem die Tochter weggezogen sei, war keine Nachfolgeregelung mehr möglich, bedauert Rosi Hofmann. „Schweren Herzens“habe sich das Ehepaar dann entschlossen, ihr Hotel zu verkaufen. Mit ein Grund dafür sei schon auch gewesen, dass es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden sei, kostendeckende Preise für die Hotelzimmer verlangen zu können, sagt Rosi Hofmann. Als gebürtige Marktoberdorferin werde sie gemeinsam mit ihrem Mann – einem gebürtigen Wörishofer – wohl zur Tochter in den hohen Norden ziehen: „Es ist uns sehr schwer gefallen, doch man muss ja auch an später denken“, sagt Rosi Hofmann (56). Am Sonntag, 16. September, werden Rosi und Peter Hofmann daher ihr Hotel-Villa endgültig schließen.
Sogar schon vier Generationen Hotel-Tradition in Bad Wörishofen hatte das Hotel Garni „Rosenhag“in der Kathreinerstraße – doch spätestens fünf Jahre nach der Übernahme von seinen Eltern musste Andreas ebenfalls schweren Herzens erkennen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb des Hotels mit seinen 23 Einzel- und Doppelzimmern nicht mehr möglich war.
Daher hat Andreas Seidenspinner den Hotelbetrieb stillgelegt und bietet nur noch acht Ferienwohnungen im Eichenwald an – und dieses Angebot kommt so gut bei den Gästen an, dass Seidenspinner damit inzwischen fast genauso viel Umsatz erzielt wie zuvor mit dem Hotel.
Die Schwierigkeiten, gutes Personal zu finden, hätten ihm schwer zu schaffen gemacht, sagt Andreas Seidenspinner – doch auch vonseiten der Stadt hätte er sich insgesamt mehr Unterstützung gewünscht, sagt der Ex-Hotelier, dessen Großeltern das Hotel-Garni 1957 aufgebaut hatten und dessen Urgroßvater auch schon ein Kurhotel betrieben hatte.
Wie es jetzt mit dem Gebäude weitergehen wird? Er führe derzeit Gespräche mit mehreren Investoren, noch sei es aber zu früh, um eine konkrete Aussage zu treffen. Nur in einem Punkt ist sich Andreas Seidenspinner sicher: „Eine Nutzung als Hotel wird es nicht mehr geben“.
Dass zuletzt von der Kurverwaltung über einen deutlichen Anstieg der Übernachtungszahlen gejubelt werde, sei laut Seidenspinner ein „sehr trügerisches Bild“. Er ist noch immer der Meinung, dass solche positiven Erfolgsmeldungen den generellen Trend in Bad Wörishofen nur kaschieren: Von „Defiziten in der Außendarstellung“spricht Andreas Seidenspinner und würde sich mehr finanziellen Aufwand bei der Werbung wünschen.
Denn dass die traditionsreiche Kurstadt angesichts ihrer Lage, ihrer Historie und den vorhandenen Möglichkeiten bis hin zu Skyline Park und Therme über ein außergewöhnliches touristisches Potenzial verfüge, steht nicht nur für Andreas Seidenspinner außer Frage. „Nur leider wird zu wenig dafür getan, um diese Trümpfe auch auszuspieSeidenspinner len“, appelliert der Bad Wörishofer an die Verantwortlichen im Rathaus. Auch Bartholomäus Ernst, der als gebürtiger Westfale vor mehr als fünf Jahrzehnten krankheitsbedingt nach Bad Wörishofen gekommen und hier sesshaft geworden ist, sieht Defizite in der Außendarstellung.
Der 76-Jährige wird am 15. November endgültig sein Kneipp Kur haus „Bartholomäus“im Erlenweg abschließen. Nach zähem Ringen sei es ihm gelungen, dass das Gebäude umgebaut werden kann: Wo bisher 50 Hotelbetten für Kurgäste zur Verfügung standen, sollen dann sechs Wohnungen entstehen. Mit dem Erlös wird sich Bartholomäus Ernst einen Traum verwirklichen: Seine außergewöhnliche Kunst- und Brauchtumssammlung soll dann hier eine neue Heimat finden. Der
„Viele reden hier über Kneipp – aber nur sehr wenige haben eine Ahnung, was für ein Jahrhundert Geschenk dieser Mann für Bad Wörishofen war und ist.“Bartholomäus Ernst schließt im November sein Hotel im Erlenweg. Er wünscht sich eine Rückbesinnung auf die Kneipp’schen Werte
„Von den positiven Zahlen aus dem Kur und Touris musbetrieb und den angeblich steigenden Übernachtungszahlen spüren wir leider nichts.“Ein Einzelhändler aus der Innenstadt wunder te sich über die Nachricht, dass der „Super Sommer“dem Kurbetrieb eingeheizt habe
überzeugte Kneipp-Kenner würde sich wieder eine stärkere Konzentration auf das Erbe des „Wasserdoktors“mit all seinen Facetten und auf eine Rückbesinnung auf die Kneipp’schen Werte wünschen, denn: „Viele reden hier nur über Kneipp, aber nur sehr wenige haben wirklich eine Ahnung, welches Jahrhundert-Geschenk dieser Mann für Bad Wörishofen war und ist“, sagt Ernst.
Die zuletzt in der
veröffentlichten Erfolgsmeldungen der Kurverwaltung mit der Schlagzeile „Super-Sommer heizt dem Kurbetrieb ein“hat auch beim örtlichen Einzelhandel eingeschlagen. Denn von diesen positiven Zahlen sei aus Sicht vieler Einzelhändler „leider nichts zu spüren“, wunderte sich ein Geschäftsmann gegenüber der Er und seine Kollegen wollen jetzt mal bei der Kurverwaltung nachfragen, wie diese positiven Zahlen zustande kommen konnten, denn: „Wir Einzelhändler haben da ganz andere Erfahrungen“, so der Ladenbesitzer.