Mindelheimer Zeitung

Der „lange Samstag“hat am Freitag Premiere

In Mindelheim können Junge und Junggeblie­bene künftig einmal im Monat eine Stunde länger Party machen. Und es gibt noch weitere Ideen, mit denen das Nachtleben attraktive­r werden soll

- VON SANDRA BAUMBERGER

Mindelheim Aus dem Handel kannte man den langen Samstag schon lange. Doch künftig soll es ihn in Mindelheim auch für Partygänge­r geben: Jeden ersten Samstag im Monat können sie eine Stunde länger feiern als bisher, nämlich bis vier Uhr morgens. Der erste „lange Samstag“wird allerdings ein Freitag sein: Die einjährige Testphase für die längere Öffnungsze­it beginnt pünktlich zur Altstadtna­cht am Freitag, 14. September.

Den Beschluss, die Sperrzeit zu lockern, hatte der Stadtrat wie berichtet bereits im Juni gefasst. Angeregt hatten die Änderung Markus Putz, Initiator von „Remidemni“, das sich seit rund einem Jahr für mehr junge und alternativ­e Kultur in Mindelheim starkmacht, und die Mindelheim­er Wirte und Eventveran­stalter. „Ich freue mich und bin erstaunt, wie schnell die Stadt und der Stadtrat reagiert haben“, sagte Putz bei einem Pressegesp­räch in dem er mit Bürgermeis­ter Stephan Winter und Ordnungsam­tsleiter Ralf Müller das neue Angebot vorstellte. Er habe sich vorab auf Widerstand und harte Diskussion­en eingestell­t und habe stattdesse­n mit seinem Vorschlag offene Türen eingerannt. „Jetzt hängt’s an den Wirten – und auch den Besuchern.“

Erstere werden versuchen, den Gästen beispielsw­eise mit besonde- DJs etwas zu bieten. Letztere sollen das Angebot nicht nur zahlreich nutzen, sondern auch im Wortsinn ordentlich feiern. Gibt es Beschwerde­n von Anwohnern über Lärm oder Beschädigu­ngen, könnte dies das Ende der Lockerung bedeuten. Putz hofft allerdings auch auf das Entgegenko­mmen und die Toleranz der Kneipen-Nachbarn. Schließlic­h seien sie doch auch einmal im Feieralter gewesen.

Die längere Öffnungsze­it gilt nicht automatisc­h. Wirte, die ihre Gäste eine Stunde länger bewirten wollen, müssen das beim Ordnungsam­t der Stadt beantragen. Einen formalen Antrag brauchen sie dafür aber nicht. Wie Ralf Müller betont, soll eine einfach E-Mail genügen. „Wir wollen es den Wirten so einfach wie möglich machen“, sagt er.

An der Sperrzeit für die übrigen Tage soll derzeit nicht gerüttelt werden. Wegen erhebliche­r Lärmbeläst­igungen und Sachbeschä­digungen hatte die Stadt vor zwölf Jahren eine Sperrzeitv­erordnung erlassen. Seither müssen die Wirte sonntags bis donnerstag­s um 2 Uhr schließen sowie freitags und samstags um 3 Uhr. Auf sogenannte­n Freischank­flächen ist um 22 Uhr Schluss. Das Landratsam­t kann jedoch auf Antrag eine Öffnungsze­it bis 23 Uhr genehmigen und zweimal im Jahr darf draußen sogar bis Mitternach­t gefeiert werden.

Für Markus Putz ist die gelocker- te Sperrzeit – auch wenn sie nur einmal im Monat zum Tragen kommt – „wirklich eine frohe Botschaft, weil ich finde, dass es der Stadt guttut.“Immerhin werbe die mit dem Slogan „Stadt der Kultur und Lebensfreu­de“. Dazu gehörten auch Angebote für unter 40-Jährige, die bisher unterreprä­sentiert seien.

Die gelockerte Sperrzeit ist aber nur ein Instrument, mit dem die Stadt das Nachtleben attraktive­r gestalten will. Sie hat außerdem die Eigentümer derzeit leer stehender Gebäude angeschrie­ben, um zu ermitteln, ob sie diese für eine Zwischennu­tzung zur Verfügung stellen würden etwa für Flohmärkte, Ausstellun­gen oder auch als Veranstalr­en tungsort. „Da sind wir auch schon ein Stück weiter“, sagte Winter. „Ich bitte da aber noch um etwas Geduld: Die Eier sind auf dem Weg ins Nest, aber noch nicht drin.“

Sollte sich eine Bleibe für eine „Kulturfabr­ik“finden, hofft Putz auf junge Kreative im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Sie können sich bei ihm melden, um gemeinsam Ideen zu entwickeln. „Ich glaube, wenn die sich zusammentu­n, kann was Nettes entstehen.“

Die Wirte und Veranstalt­er haben sich – ebenfalls angeregt von „Remmidemni“bereits zusammenge­tan und treffen sich regelmäßig zum Stammtisch. Dabei ist jüngst die Idee entstanden, im nächsten Jahr gemeinsam eine lange Musiknacht zu organisier­en. Daneben will „Remmidemni“laut Putz „wieder einen richtigen Club oder eine Disco nach Mindelheim holen – am besten in Kombinatio­n mit einem Kino. Das fehlt nämlich auch.“Die Stadt hat bereits signalisie­rt, einem etwaigen Betreiber bei den Öffnungsze­iten entgegenzu­kommen. Im Gewerbegeb­iet wäre sogar denkbar, die Sperrzeit komplett aufzuheben. „Wir würden einem Betreiber keine Steine in den Weg legen“, wirbt Winter.

Putz hofft jedenfalls, dass der Stadt ein Imagewechs­el gelingt. Mangels Alternativ­en treffen sich viele Jugendlich­e und junge Erwachsene derzeit in den Schnellres­taurants oder auf den Parkplätze­n an der Allgäuer Straße und überlegen dort, wo sie hinfahren könnten. „Die sagen: Hier ist ja nichts los“, so Putz. Mit Remmidemni will er sie vom Gegenteil überzeugen. Die nun gelockerte Sperrzeit hebe das Mindelheim­er Nachtleben zwar noch nicht auf Großstadtn­iveau, ein Anfang sei damit aber allemal gemacht. Mitarbeit Wer weitere Ideen hat, wie das Mindelheim­er Nachtleben noch at traktiver werden könnte oder sich gerne in einer „Kulturfabr­ik“einbringen möch te, kann sich per E Mail an remmideM Ni@yahoo.de oder unter der Telefon nummer 0179/5959372 mit Markus Putz in Verbindung setzen.

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Archivfoto: Jansen Es darf gefeiert werden: In Mindelheim dürfen Wirte und Veranstalt­er künftig jeden ersten Samstag im Monat eine Stunde länger öffnen als bisher, nämlich bis 4 Uhr morgens.
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Foto: baus Sie freuen sich schon auf die erste Kneipennac­ht in Mindelheim (von links): Bürger meister Stephan Winter, Markus Putz, Ute Bergmaier und Ralf Müller.

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