Wird das Kneippianum jetzt zum Wahlkampf Thema?
Der Orden der Barmherzigen Brüder bleibt weiter auf Tauchstation und gibt keine Stellungnahmen ab. Stattdessen melden sich jetzt Politiker aus der Region zu Wort
Bad Wörishofen Die Verantwortlichen des Ordens der Barmherzigen Brüder sind weiter auf Tauchstation – auf alle Anfragen der
gab und gibt es nach wie vor keine Reaktion des zuständigen Verwaltungsdirektors Ansgar Dieckhoff, der Anfang August die für viele überraschende Schließung des Kneippianums bekannt gegeben und anschließend 68 Mitarbeitern die Kündigung ausgesprochen hatte.
In Bad Wörishofen reagieren nach wie vor viele Bürgerinnen und Bürger betroffen und wütend – nicht nur die Entscheidung zur Schließung des direkt auf Pfarrer Kneipp zurückgehenden Vier-Sterne-Hotels hat vor Ort für Entsetzen gesorgt, auch das von Mitarbeitern als „rüde“beschriebene Vorgehen der Barmherzigen Bruder können viele kaum fassen. Am kommenden Dienstag, 11. September, hat die Bürgerinitiative „Kneippjubiläum 2021“zu einem „Solidaritätsgang“zu den Wirkungsstätten von Pfarrer Kneipp in Bad Wörishofen aufgerufen.
Das große Interesse an dieser Solidaritätsveranstaltung zeigt auch, wie sehr die Schließung des Kneippianums weiterhin die Stimmung in Bad Wörishofen beherrscht: Einheimische und Gäste sind nach wie vor geschockt über die Entscheidung der Verantwortlichen der Kneipp’schen Stiftungen der Barmherzigen Brüder als Träger des Kneippianums, das Kneippianum dicht zu machen.
Ursprünglich war die Schließung für 10. Dezember angekündigt. Auf der Internetseite des Kneippianums wird inzwischen als Termin für die Schließung schon der 1. November genannt: „Die Kneipp’schen Stiftungen der Barmherzigen Brüder haben sich entschlossen, auf die seit vielen Jahren deutlich rückläufige Nachfrage bei den Reha-Maßnahmen und die unzureichende Ertragssituation in der Hotellerie zu reagieren, indem sie die gegenwärtige Zweihäusigkeit mit „Kneippianum“und „Sebastianeum“bündeln und ab 1. November alle Aktivitäten auf das Sebastianeum fokussieren“, heißt es dort.
Eine Schließung des Sebastianeums ist demnach „nicht vorgesehen“. Vielmehr solle die beabsich- Konzentration der Tätigkeiten der Kneipp’schen Stiftungen auf das Sebastianeum dem Ziel dienen, das Sebastianeum aus dem Vermächtnis des Pfarrers Sebastian Kneipp als zukunftsfähige Einrichtung fortführen zu können, heißt es auf der Homepage weiter. Unterdessen halten sich in Bad Wörishofen hartnäckig Gerüchte, wonach auch im Sebastianeum schon Mitarbeiter gekündigt worden sein soll, Verwaltungsdirektor Ansgar Dieckhoff hat auf alle entsprechenden Anfragen der bislang nicht geantwortet und war auch sonst zu keiner Stellungnahme bereit.
Jetzt meldet sich stattdessen die Politik zu Wort. Gemeinsam haben der CSU-Wahlkreisabgeordnete und Bayerische Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer und sein Parteifreund Klaus Holetschek, Bürgerbeauftragter der Staatsregierung und Ex-Bürgermeister von Bad Wörishofen, deshalb Kontakt mit den Verantwortlichen des Ordens der Barmherzigen Brüder aufgenommen. „Wir bedauern die Schließung des Kneippianums zutiefst. Die Einrichtung ist eine der traditionsreichsten Häuser in Bad Wörishofen und geht auf Pfarrer Sebastian Kneipp zurück, der das Kneippianum gegründet hat. Insofern wäre die geplante Schließung des Hauses sowohl wirtschaftlich als auch emotional ein großer Schaden für Bad Wörishofen und die gesamte Region“, teilten die beiden CSU-Polititigte ker mit. Pschierer will zudem Kontakt mit seinen beiden Ministerkolleginnen Kerstin Schreyer (Sozialministerin) und Melanie Huml (Gesundheitsministerin) aufnehmen und sie bitten, „konstruktiv an Lösungsideen mitzuwirken“.
Der FW-Landtagsabeordnete Bernhard Pohl hat den Barmherzigen Brüdern gleich einen ganzen Fragenkatalog zur beabsichtigten Schließung des Kneippianums geschickt und fordert: „Barmherzige Brüder müssen belastbare Fakten nennen“.
Er habe dem Orden der Barmherzigen Brüder seine Hilfe angeboten, um Perspektiven für eine Weiterführung des Hauses auszuloten. Nachdem das erste Gespräch mit Verwaltungsdirektor Ansgar Dieckhoff laut Pohl „nicht zielführend“verlaufen sei , wendet sich Pohl nun schriftlich an den Verwaltungsdirektor und fordert den Träger des Hauses auf, eine Reihe von Fragen zu beantworten. Der FW-Abgeordnete fordert Dieckhoff auf, zeitnah Stellung zu nehmen. „Mindestens aber müssen jetzt von Seiten des Ordens schnelle und umfassende Informationen kommen“, fordert der Abgeordnete.
Pohl hinterfragt auch den Erwerb des Hauses durch die Barmherzigen Brüder sowie die damalige Schenkung von Pfarrer Kneipp an die Mallersdorfer Schwestern: „Es ist gut möglich, dass die damalige Schenkung mit Bedingungen und Auflagen versehen war, die den Fortbestand des Hauses betreffen. Hier brauchen wir umgehend Klarheit. Der Orden der Barmherzigen Brüder ist hier in der Pflicht. Mit lapidaren Aussagen gegenüber der Öffentlichkeit, man habe mehrere Jahre Verluste eingefahren oder die Substanz des Gebäudes erfordere unrentable Sanierungen, ist es nicht getan“, so Pohl abschließend.
Auch Bernhard Mohr, Kreisvorsitzender der FDP Unterallgäu, übt scharfe Kritik: „Gibt es tatsächlich Interesse am Kauf einer Kureinrichtung Kneippianum? Als solche haben es die Mallersdorfer Schwestern an die Barmherzigen Brüder übergeben“.
Eine Totalsanierung oder gar ein Abriss mit Neubau könne laut Mohr „doch wohl nur dem Kopf eines Verwaltungsdirektors entspringen, der einem steuerlich abgeschriebenen Gebäude keinen Wert mehr beimisst, solange nicht durch einen Verkauf eine Wertberichtigung fällig wird“.
Fazit des FDP-Kreisvorsitzenden: „Die Barmherzigen Brüder sind zu bedauern für den Glauben an ihren Verwaltungsdirektor.“
„Wir bedauern die Schließung zutiefst“Die CSU Landtagsabgeordneten Franz Josef Pschierer und Klaus Holetschek