Ringen um das Kneippianum
Der Abgeordnete Bernhard Pohl wirft dem Orden der Barmherzigen Brüder mangelnde Transparenz und ein „Spiel auf Zeit“vor. Offenbar machte das Haus seit Jahren Verluste in Millionenhöhe
Bad Wörishofen Rund 250 Menschen sind gegen die Schließung des Kneippianums auf die Straße gegangen, Pfarrer Andreas Hartmann hat zudem eine eigene Messe in der Klinik Bad Wörishofen gelesen, um ein Zeichen zu setzen: Das Aus für die Stiftung Kneipps bewegt die Menschen in der Kurstadt. Auch auf politischer Ebene geht das Ringen weiter. Der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) wirft dem Orden der Barmherzigen Brüder nun vor, es werde „ganz klar auf Zeit gespielt“. Seinen Fragenkatalog zur Schließung des Kneippianums habe der Orden als Eigentümer nicht beantwortet. Stattdessen habe er Post von einer Anwaltskanzlei erhalten, teilt Pohl mit. „Man lässt jegliche Transparenz vermissen“, kritisiert der Abgeordnete. „Wenn wir hier noch etwas retten wollen, müssen wir schnell sein und mit klarer Kante agieren. Ansonsten ist die Entscheidung tatsächlich unumkehrbar. Das darf nicht sein!“Pohl hat den Schriftverkehr mit der Kanzlei nun öffentlich gemacht. Die Schreiben liegen unserer Redaktion vor. Daraus geht hervor, dass das Kneippianum in den Jahren 2010 bis 2017 im Schnitt Verluste in siebenstelliger Höhe pro Jahr gemacht habe. Rückläufige Nachfrage nach Rehamaßnahmen und HotellerieAngeboten werden als Grund genant. Genaue Zahlen werden nicht preisgegeben.
Verwaltungsdirektor Ansgar Dieckhoff rechnet für heuer aber mit einer Auslastung von 66,5 Prozent. Hier ist das Problem also nicht zu suchen. Aus Sicht der Barmherzigen Brüder sei es vielmehr nicht möglich, in Bad Wörishofen die not- wendige Höhe der Übernachtungspreise durchzusetzen, sagte Dieckhoff Anfang August gegenüber unserer Zeitung.
Die Kanzlei legt Pohl nun im Auftrag des Ordens auch dar, dass zudem die nötige Sanierung des Mittelbaus und der beiden Außenflügel des Kneippianums wohl mehrere Millionen Euro kosten würde. Aufgrund dieser Situation sei die Schließung des Kneippianums unausweichlich gewesen. Der Orden habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, heißt es.
Kritik übt Pohl am Verwaltungsdirektor des Ordens, Ansgar Dieckhoff. Er hatte die Mitarbeiter in Bad Wörishofen über die Schließung informiert. „Ich finde es schon bemerkenswert, dass Herr Dieckhoff das mit mir, das ich ihm angeboten habe, meidet und dass er lieber mit mir per Rechtsanwalt kommuniziert“, teilt Pohl mit. Er halte es „für geboten“, dass der Orden der Barmherzigen Brüder gegenüber „der Öffentlichkeit im Allgemeinen und gegenüber den politischen Repräsentanten im Besonderen Transparenz zeigt“, so Pohl. Dies hat er auch den Anwälten des Ordens geschrieben. Der Orden habe eine Verantwortung gegenüber dem Vermächtnis von Sebastian Kneipp und den Mitarbeitern. Er könne aus der Antwort der Kanzlei „jedenfalls nicht ansatzweise nachvollziehen, ob die Schließung des Kneippianums unausweichlich ist, oder ob es hierzu wirtschaftlich zumutbare Alternativen gibt.“
Dass ihm die Kanzlei sinngemäß geschrieben habe, ohne „die Schließung des Kneippianums sei auch das Sebastianeum gefährdet“, müsse erläutert werden, fordert Pohl. Der Abgeordnete will unter anderem wissen, wo der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Häusern besteht und ob „das Sebastianeum ebenfalls defizitär“arbeitet. Es geht ihm um konstruktive Lösungen, betont Pohl. „Ein bequemes Abnicken der mitgeteilten Entscheidungen verstehe ich darunter jedoch nicht“, sagt er und ergänzt: „So einfach wie es sich die Barmherzigen Brüder anscheinend gemacht haben, darf man es sich nicht machen.“
Die Nachricht von der Schließung des Kneippianums hat für große Aufregung und teils für FasGespräch sungslosigkeit in der Kneippstadt Bad Wörishofen gesorgt. Ursprünglich war die Schließung für den Dezember angekündigt.
Auf der Internetseite des Kneippianums wird inzwischen als Termin für die Schließung schon der 1. November genannt: „Die Kneipp’schen Stiftungen der Barmherzigen Brüder haben sich entschlossen, auf die seit vielen Jahren deutlich rückläufige Nachfrage bei den Reha-Maßnahmen und die unzureichende Ertragssituation in der Hotellerie zu reagieren, indem sie die gegenwärtige Zweihäusigkeit mit „Kneippianum“und „Sebastianeum“bündeln und ab 1. November alle Aktivitäten auf das Sebastianeum fokussieren“, heißt es dort zur Begründung.