Mindelheimer Zeitung

Die „stille Autorität“im Freibad Türkheim

Nur noch diese Woche: Peter Jäger sorgt im Sommer als Bademeiste­r und Rettungssc­hwimmer für Sicherheit und Ordnung. Im Winter wechselt er dann ins Eisstadion. Er kann gut mit Kindern - egal, wie alt sie sind...

- VON SABINE SCHAA SCHILBACH

Türkheim In Türkheim kennen ihn alle Kinder, die im Sommer ins Wasser und in der übrigen Saison aufs Eis gehen: den Peter, den Bademeiste­r. Er ist anerkannt bei den Kids und bei den Erwachsene­n, als stille Autorität des Freibads. Ein Blick vom Peter, ein Handzeiche­n: das reicht aus und jeder weiß, wer gemeint ist und warum. Trillerpfe­ife ist out. Die lustige und dabei sehr bestimmte Art des Türkheimer­s Peter Jäger ist bekannt. Noch bis inklusive Sonntag ist er im Freibad im Einsatz. Ab Montag, 17. September, ist das Freibad geschlosse­n.

Er ist Rettungssc­hwimmer und seit 2003 von der Gemeinde im Freibad Türkheim angestellt, als einer von zwei Bademeiste­rn, vom ersten Mai des Jahres bis zum Ende der Saison. Danach für die übrige Zeit ist er Eismeister. Für den ESV Türkheim kümmert er sich im Eisstadion um die Technik, um Aufbau und Markierung der Eisfläche und um ihre Pflege. Und noch viel mehr. Er schleift und verleiht Schlittsch­uhe, kassiert und kümmert sich um die Kabinen.

Das Eisstadion in Türkheim, gleich neben dem Freibad, bietet offizielle­n Unterricht für Schulkinde­r und freies Laufen und Eis-Disko für alle. Peter Jäger ist also „Mädchen für alles“, und sein liebevolle­r, aber auch strenger Umgang mit den Kindern ist wohl der Hauptgrund dafür, dass er so beliebt ist, und dass ihn jeder kennt. Auch wenn er mit seinem Fahrrad im Ort unterwegs ist: „Da fährt der Bademeiste­r, der ist jetzt angezogen!“

Was macht seine Arbeit im Freibad aus, dass er immer gerne hingeht, auch wenn im Sommer der Dienst oft arg lang ist? „Der Um- gang mit den Menschen“, sagt er, „und jeder Tag ist anders.“Ihm ist es wichtig, dass ein Schwimmbad­Besuch eine gemeinsame Sache von Eltern und Kindern ist und dass die Kids mal vom Computer wegkommen. Ihm gefällt es, dass er nicht anonym arbeitet, sondern dass ein Echo zurückkomm­t. Er mag es, wenn die Kinder Freude haben und wenn er diese Freude in ihren Augen sehen kann.

Sein Aufgabenge­biet ist weit gefächert und erfordert echtes „MultiTaski­ng“. Neben der Beobachtun­g von allen und allem werden die Kleinen auch seelisch und praktisch versorgt, bei Stürzen, Verletzung­en oder Wespenstic­hen. Schwimmflü­gel, Brillen, Bälle, Schwimmnud­eln und Tauchringe werden auf Anfrage ausgeliehe­n.

Jeder kann sich spontan fürs Schwimmabz­eichen melden, für das Seepferdch­en in Bronze oder Silber. Wird sofort erledigt, nur Mama oder Papa oder am besten beide sollten dabei sein.

Und zur Urkunde („Aufheben! Zimmer aufräumen!)“gibt es noch die begehrte süße Extra-Überraschu­ng. Wie bei vielen Prüfungen ist das erst der Anfang, denn wer nicht übt, wird unsicher. Peter Jäger, der Kenner der Kinderpsyc­he, macht es so klar: Er erzählt, dass er alle Bademeiste­r der Gegend kennt, und wer von den frischen Seepferdch­en nicht hier oder anderswo seine Bahnen schwimmt und übt, der würde ihm gemeldet und müsste die Urkunde wieder abgeben.

Und die Kids schwimmen dann brav ihre vier Bahnen, machen ihre Liegestütz­e und dürfen danach zur Belohnung rutschen oder springen. Bademeiste­r Peter Jäger macht den „Dreierturm“auf, und ein stolzer Siebenjähr­iger darf das „Ge- sperrt“-Schild selber wegtragen. Auf die Frage, wie oft er schon Stress mit erwachsene­n, uneinsicht­igen Badegästen hatte und wie das ausging, überlegt Peter Jäger eine Weile. Zweimal hätte er schon jemanden des Bades verwiesen, weil es anders nicht ging. Zweimal in 15 Jahren.

Das Zauberwort dafür ist De-Eskalation. Peter Jäger ist ein Meister dieser Kunst. Er erzählt ein Beispiel: ein Bub springt mehrmals vom Beckenrand ins Wasser, obwohl das dort nicht erlaubt ist. Der Bademeiste­r kennt den uneinsicht­igen Kandidaten, winkt ihn zu sich. Folgender Dialog:

„Du bist doch aus Tussenhaus­en?“„Ja, wieso?“

„Dachte ich es mir doch. Habt ihr in Tussenhaus­en keine Schule?“„Doch. Wieso?“

„Lesen hast du dort nicht gelernt.“„Ich? Doch!“

„Na dann lies mal, was hier steht.“„Reinspring­en verboten…“„Na also. Kapiert?“„Ja…“

Also mit Kindern kann er, der Peter Jäger. Unbelehrba­re Eltern machen eher mal Probleme, wenn sie sich nicht da raushalten, wo er das Sagen hat.

Für 2018 ist die Saison im Freibad Türkheim bald vorbei, alles ist gutgegange­n, keine Unfälle oder schweren Verletzung­en. Die Kinder wissen, dass ihr Bademeiste­r Peter bald in Urlaub nach Ägypten fährt, ans Rote Meer. Er ist ein Mensch, der Sommer und Sonne liebt und braucht.

Ob er nicht dort bleiben will, wo es immer Sommer ist? Die Kinder haben darauf eine klare Antwort: „Du bleibst nicht in Ägypten. Weil dann ist das Freibad nicht mehr das Türkheimer Freibad.“

 ?? Foto: Sabine Schaa Schilbach ?? Der Bademeiste­r vom Türkheimer Freibad, Peter Jäger, in typischer Pose und typi schem Outfit. Ihm entgeht nicht das kleinste Detail von dem, was sich im Wasser und drum herum abspielt.
Foto: Sabine Schaa Schilbach Der Bademeiste­r vom Türkheimer Freibad, Peter Jäger, in typischer Pose und typi schem Outfit. Ihm entgeht nicht das kleinste Detail von dem, was sich im Wasser und drum herum abspielt.

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