Mindelheimer Zeitung

Gewaltig unterschät­zt

- VON MARKUS HEINRICH redaktion@mindelheim­er zeitung.de

Die Schließung des Kneippianu­ms trifft alle. Zuerst natürlich die Mitarbeite­r, die ihre Arbeitsste­lle verlieren – und davon offenbar kalt überrascht wurden, wie die Darstellun­gen nahelegen. Ein Orden, der noch dazu das „Barmherzig“im Namen trägt, hätte das auch anders lösen können.

Das Aus für das Kneippianu­m zum 1. November – noch früher als zunächst erklärt – trifft aber auch die Kurstadt als Ganzes, die ja gerade heuer endlich den ersehnten – wenngleich sanften – Aufschwung erlebt. Die Übernachtu­ngszahlen steigen – und das ist nun einmal die entscheide­nde Größe, denn mit den Übernachtu­ngen wird das Geld verdient. In Sichtweite ist zudem das große Jubiläumsj­ahr 2021, in dem sich Kneipps Geburtstag zum 200. Mal jährt. Von seinen drei eigenen Stiftungen wird dann – Stand heute – nur noch eine einzige übrig sein. Welche Schmach.

Die Auswirkung­en der Schließung des Kneippianu­ms haben die Barmherzig­en Brüder offenbar gewaltig unterschät­zt. Nun schlägt ihnen die Kritik entgegen. Rund 250 Menschen sind gegen die Schließung und aus Solidaritä­t mit den Beschäftig­ten auf die Straße gegangen. Sogar eine eigene Messe wurde in dieser Woche gelesen, um ein Zeichen gegen die Schließung zu setzen.

Das Thema wühlt die Menschen in Bad Wörishofen auf. Da war es keine gute Idee, den Umgang mit der Situation zunächst gänzlich in einer nichtöffen­tlichen Sitzung diskutiere­n zu wollen. Das Kneippianu­m ist eben kein Betrieb wie jeder andere. Er ist Kneipps Erbe, dem sich offenbar noch viele Bad Wörishofer sehr verpflicht­et fühlen – und nun wissen wollen, wie die kommunalpo­litischen Vertreter die Lage bewerten.

Entspreche­nd wurde den Barmherzig­en Brüdern nun auch gezeigt, wie es laufen könnte. Stefan Ibel hat schon einmal klargemach­t, dass mit ihm keine Wohnungen auf dem (Filet–)Grundstück des Kneippianu­ms entstehen werden. Der Wink mit dem Planungsre­cht ist ein Wink mit dem Zaunpfahl. Es darf unterstell­t werden, dass diese Sichtweise mehrheitsf­ähig im Rat ist. Die Barmherzig­en Brüder wären nun gut beraten, mehr Transparen­z in Sachen Kneippianu­m an den Tag zu legen und die Menschen in Bad Wörishofen in die Überlegung­en einzubinde­n, wie es dort weitergehe­n könnte.

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