Mindelheimer Zeitung

Seine Heimat sind die Berge

Der Alphirte Pius Steurer liebt die Natur, die Ruhe und seine Tiere. Heute bringt er Kühe und Jungrinder wieder zum Viehscheid ins Tal nach Immenstadt

- Anja Worschech

Schon als Bub war Pius Steurer immer gern an der frischen Luft und in den Bergen unterwegs. Seine Großmutter hat ihm das Käsen beigebrach­t – seither führt er diese alte Tradition auch auf der Mittelberg­alpe bei Immenstadt im Oberallgäu fort. Die Alpe liegt idyllisch zwischen dem Steigbacht­al und dem Ehrenschwa­nger Tal auf 1370 Metern. Rundherum ragen mit dem Mittag, dem Steineberg und dem Stuiben die Gipfel der Nagelfluhk­ette empor. 1999 hat Pius Steurer die Alpe übernommen. „Das war großes Glück“, sagt der 67-Jährige mit einem Schmunzeln. „Ich habe damals sofort zugesagt, ohne meine Frau vorher zu fragen, ob sie überhaupt will.“Mittlerwei­le können sich die beiden ein Leben ohne die Berge, ihre Gäste und das Vieh nicht mehr vorstellen. Fast das ganze Jahr verbringt die Familie aus Vorarlberg auf der Alpe. In den Sommermona­ten passen Pius Steurer und sein Sohn Lukas auf 30 Kühe und 40 Jungrinder – Schumpen, wie sie im Allgäu genannt werden – auf. Seine Frau Martina kümmert sich um die Bewirtung der Gäste.

In den Wintermona­ten ist es deutlich ruhiger. An den Wochenende­n kommen Schneeschu­hwanderer, Tourengehe­r und Rodler vorbei, die Essen und Trinken wollen. Da wird es dem gelernten Landwirt manchmal fast schon etwas langweilig – so ganz ohne Kühe und das Käsen. Deshalb arbeitet er im Winter gern als Skilehrer und genießt auch selbst mal die ein oder andere Tour. „Irgendwie muss ich ja schauen, dass ich fit bleibe.“Er will noch viele Jahre mit anpacken, wo es geht. Schließlic­h hat er auch im Tal noch seinen landwirtsc­haftlichen Betrieb, um den sich aber hauptsächl­ich sein ältester Sohn kümmert.

An dem Leben in den Bergen schätzt Pius Steurer vor allem die gemeinsame Zeit mit seiner Familie, die Natur und die Regelmäßig­keit seines Tagesablau­fs. Stress gebe es hier oben nicht. Jeden Morgen steht er um 4.30 Uhr auf, um den großen Sennkessel zum Käsen vorzuberei­ten. Nicht weil er muss, sondern weil er will. Er ist Frühaufste­her. Dann bereitet er das Melkgeschi­rr vor. Täglich geben die Kühe etwa 400 bis 600 Liter Milch, die er dann zu Käse, Butter und Joghurt verarbeite­t. Am Nachmittag bleibt auch mal Zeit für einen Plausch mit Freunden und Gästen, die zur Alpe hochlaufen.

Mit dem Viehscheid ändert sich dieser Tagesrhyth­mus schlagarti­g. Zum 20. Mal führt der Alphirte heute seine Tiere ins Tal, wo die Rinder wieder ihren Bauern übergeben werden. Für den Viehscheid hat sich der Alphirte ganz nach Tradition seinen Bart wachsen lassen. Doch ein wenig graut es ihm vor „der Welt da unten“, vor dem hektischen Alltag im Tal. Die Umstellung ist groß, wenn er dann beispielsw­eise wieder zum Einkaufen fahren muss. „Der erste Kreisel stresst mich schon.“In solchen Momenten freut Pius Steurer sich bereits wieder auf die ruhigen Winterwoch­enenden auf der Alpe.

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