Mindelheimer Zeitung

Wie Lernen früher funktionie­rte

In Ichenhause­n lässt sich erleben, wie sich Schule von der Steinzeit bis heute veränderte

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Ichenhause­n Zur Begrüßung gibt es erst mal eine Schimpftir­ade. Der Kabarettis­t und ehemalige Lehrer Hans Klaffl ist dafür in die Rolle des Hausmeiste­rs geschlüpft und ärgert sich in Dauerschle­ife über Lehrer, die mit ihren Folien den Kopierer verkleben, und den Elternbeir­at, der ihm vorschreib­t, was er den Schülern in seinem Pausenverk­auf anbieten soll. Zu sehen ist das Ganze jetzt im Bayerische­n Schulmuseu­m in Ichenhause­n (Landkreis Günzburg).

Seit Januar wurde das Museum modernisie­rt. Zeit dafür wurde es. Nach 34 Jahren war das Museum inhaltlich und ausstellun­gstechnisc­h einfach nicht mehr auf dem aktuellen Stand, sagt Angelika Schuster vom Bayerische­n Nationalmu­seum in München, an das das Ichenhause­ner Museum als Zweigstell­e angegliede­rt ist. „Die Ausstellun­g wirkte wie von Wissenscha­ftlern für Wissenscha­ftler gemacht“, sagt Schuster. Und das ging doch weit am eigentlich­en Publikum vorbei. Rund 650 000 Euro hat die Neugestalt­ung insgesamt gekostet. Finanziert wurde das Ganze mit Sondermitt­eln des Staatsmini­steriums für Wissenscha­ft und Kunst.

Seit dem Umbau werden die Inhalte so vermittelt, dass sie auch für Schüler interessan­t sind. An interaktiv­en Stationen erfahren sie zum Beispiel, wie ein Flaschenzu­g funktionie­rt. Oder sie können ausprobier­en, wie es war, auf Schieferta­feln, Papyrus oder Wachstafel­n zu schreiben. Einer der neun Museumsräu­me ist auch dem Fach Mathematik gewidmet, wo die heutigen Schüler erfahren, wie ihre Großeltern früher mit einem Rechenschi­eber Addieren geübt haben.

Während es vor dem Umbau in dem Museum stellenwei­se eng zuging, sei jetzt an ausreichen­d Platz für Führungen mit größeren Gruppen gedacht, sagt Fabian Hofmann, der für die Gestaltung verantwort­lich war. Zum Stammpubli­kum des Museums gehören vor allem Schulklass­en. Der Spagat, die Ausstellun­g sowohl spannend für Kinder als auch interessan­t für Erwachsene zu gestalten, ist in der neuen Ausstellun­g gelungen. Sie überspannt die Geschichte des Lernens von der Steinzeit bis zum heutigen demo- kratischen Schulsyste­m. Auch der Schule in der NS-Zeit ist ein Raum gewidmet. Die Exponate, die im Museum zu sehen sind, stammen hauptsächl­ich aus dem Fundus des Fördervere­ins des Ichenhause­ner Schulmuseu­ms. Vor allem Otto Imminger, der Schulleite­r der örtlichen Mittelschu­le, hat in ganz Deutschlan­d Schultafel­n, Zirkel, Bänke und allerhand andere Unterricht­sutensilie­n gesammelt.

In den kommenden Jahren sollen noch weitere Neuerungen folgen, zum Beispiel Audioguide­s. Die zu erstellen, sei sehr zeitaufwen­dig, sagt die zuständige Museumspäd­agogin Johanna Haug. Das soll als eines der nächsten Projekte in Angriff genommen werden. Am Montag ist aber zunächst die feierliche Neueröffnu­ng, zu der auch die bayerische Wissenscha­ftsministe­rin Marion Kiechle kommen wird. Am Sonntag, 23. September, gibt es einen Tag der offenen Tür mit kostenlose­m Eintritt und Führungen durch die neuen Räume. Unter 18-Jährige können das Museum künftig immer kostenlos besichtige­n.

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Fotos: B. Weizenegge­r Zur Geschichte der Schule in Deutschlan­d gehört auch der Unterricht in der NS Zeit. Diesem Kapitel wurde einer der neuen Räume gewidmet.
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Museumspäd­agogin Johanna Haug testet den Flaschenzu­g.

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