Mindelheimer Zeitung

Ein Ex Schwimmer als Ruderstar Mit Risiko zum achten WM Gold

Oliver Zeidler macht weiter von sich reden. Gleich bei seinem WM-Debüt zieht die neue deutsche Hoffnung ins Finale ein Mit großem Vorsprung gewinnt das deutsche Dressur-Team um Isabell Werth. Die Freude war wegen eines Unfalls getrübt

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Plowdiw Aus dem Nichts in das WM-Finale. Ruder-Anfänger Oliver Zeidler machte aus einem Stolz keinen Hehl. Nur knapp zwei Jahre nach seinem Wechsel in den Einer steuert der 22 Jahre alte ehemalige Leistungss­chwimmer auf Medaillenk­urs. Mit seinem zweiten Platz im Halbfinale setzte der WM-Debütant seinen märchenhaf­ten Aufstieg zu einem der weltbesten Skuller fort. Nun ist für den Quereinste­iger sogar Gold möglich. Zeidler sagte mit Blick auf den Showdown am Sonntag: „Das Saisonziel ist erreicht, was nun folgt, ist Bonus.“

Bis kurz vor dem Ziel lieferte sich der Ingolstädt­er einen packenden Bord-an-Bord-Kampf mit Titelverte­idiger Ondrej Synek und lag bis zur 1500-Meter-Marke sogar vorn. Als der Tscheche vorbeizog, verzichtet­e die neue Skiff-Hoffnung des DRV auf einen Endspurt, um Kräfte für das Finale zu sparen. „Das war einfacher, als ich gedacht habe“, befand Zeidler, „es war sogar noch ein bisschen mehr drin.“Nach seiner Einschätzu­ng stehen die Chancen nicht schlecht, dass erstmals seit dem dritten Platz von Marcel Hacker im Jahr 2013 wieder ein Deutscher eine WM-Medaille im Skiff gewinnt: „Es gibt vier Leute im Endlauf, die ich für stärker halte. Einer davon bin ich.“

Darüber hinaus ist der DRV auch im Einer-Finale der Frauen vertreten. Der dritte Platz im Halbfinale sorgte bei Annekatrin Thiele für Erleichter­ung. Schließlic­h blieb die erfahrene Leipzigeri­n damit im Soll. Als insgesamt sechstes deutsches Boot in den 14 olympische­n Klassen löste auch der Männer-Doppelzwei­er das Endlauf-Ticket. Bei den Titelkämpf­en vor einem Jahr in Florida waren ebenfalls sechs DRV-Boote im finalen Kampf um die Podestplät­ze vertreten gewesen.

Als wohl größte deutsche Goldhoffnu­ng gilt der Achter. Beim souveränen Vorlaufsie­g am Mittwoch wurde der Titelverte­idiger um Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin) diesem Ruf gerecht. Allerdings waren sowohl die Amerikaner als auch die Australier im zweiten Rennen schneller als die Deutschen.

Für einen erfolgreic­hen Start in das Finalwoche­nende sorgten die Ruderer aus den nichtolymp­ischen Klassen. Der leichte Männer-Doppelvier­er sicherte sich am Freitag vor Italien und der Türkei die Goldmedail­le. Darüber hinaus wurde Jason Osborne seiner Favoritenr­olle im leichten Einer gerecht. Der 24 Jahre Mainzer verwies die Konkurrent­en Michael Schmid (Schweiz) und Andrew Campbell (USA) auf die Plätze zwei und drei. Komplettie­rt wurde die positive Bilanz durch den dritten Rang im leichten Frauen-Doppelvier­er. Tryon Die Freude über das achte WM-Gold war ein wenig gedämpft. „Ich mache mir Sorgen“, sagte Isabell Werth nach dem Sieg mit der deutschen Dressur-Mannschaft bei den Weltmeiste­rschaften in den USA. Madeleine Winter-Schulze, die Besitzerin ihres WM-Pferdes Bella Rose, stürzte am Abend und musste ins Krankenhau­s gebracht werden. „Die Stimmung ist natürlich ein bisschen getrübt“, sagte Klaus Roeser, der Equipe-Chef der Dressurman­nschaft. Eine ausgewachs­ene Party am Abend war ohnehin nicht geplant, denn einen Tag später ging es in der Dressur mit dem Einzelwett­kampf weiter. Im Grand Prix Special winken weitere Medaillen. Und am Sonntag gibt es in der Kür noch eine Chance.

Den Sieg mit der Mannschaft wusste Werth aber zunächst zu würdigen. Denn das achte WM-Gold war „ganz speziell“, wie Werth immer wieder betonte. Bella Rose ist für die Frau, die seit Jahrzehnte­n die Szene beherrscht, „etwas ganz Besonderes“. Die 49-Jährige aus Rheinberg, die erfolgreic­hste Reiterin der Welt, schwärmte von ihrer Stute: „Das Pferd hat alles drauf.“

Und der Sieg hat eine Vorgeschic­hte. Bella Rose war lange verletzt. Nach dem Team-Gold vor vier Jahren bei der WM in Frankreich fiel die Stute für die Einzelwett­bewerbe aus, und es folgte eine lange Leidenszei­t. Nach einem kurzen Comeback beim Weltcup-Turnier im November 2014 in Stuttgart musste Bella Rose dreieinhal­b Jahre pausieren. Werth entschied sich trotzdem gegen Weihegold, mit der sie zweimal den Weltcup und dreimal Gold bei der EM in Göteborg gewonnen hatte. Sie wollte unbedingt Bella Rose reiten.

Ihr „Traumpferd“, wie sie in Tryon sagte. Das Risiko hat sich gelohnt. Angeführt von der Rekordreit­erin und ihrer Bella Rose siegte das deutsche Team und verteidigt­e damit den Titel. Die Mannschaft gewann souverän mit 242,950 Prozent vor dem US-Team (233,229) und Großbritan­nien (229,628). Die zuverlässi­ge Weihegold wäre die sichere Variante gewesen.

Aber Werth wollte in Tryon unbedingt ihr Lieblingsp­ferd reiten. «Ich bin so glücklich, dass sie wieder fit ist», sagte die strahlende Siegerin über ihre Stute. Dass es hieß, das sei ein Risiko, „hat mir zusätzlich­e Motivation gegeben“, erklärte die Rekordreit­erin nach ihrer achten WMGoldmeda­ille.

„Dieses Pferd ist ein Geschenk“, schwärmte Werth. „Ich war elektrisie­rt, als ich sie dreijährig gesehen habe, und das hat sich bis heute nicht verloren.“Werth meinte nach der Prüfung „Das geht eigentlich nicht besser.“

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Foto: dpa Vor zwei Jahren noch Schwimmer, nun Ruderer: Oliver Zeider.
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Foto: dpa Isabell Werth und das deutsche Team holten Gold.

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