Kosten für Arznei explodieren
Verlangt die Industrie zu viel Geld für Spezial-Medikamente?
Berlin Nicht nur die immer älter werdende Gesellschaft treibt die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe, sondern auch bestimmte Einzelposten. Besonders stark sind in den vergangen fünf Jahren trotz aller Dämpfungsbemühungen die Arzneimittelkosten gestiegen. In den vergangenen fünf Jahren um über 30 Prozent. Das liegt weniger an vom Hausarzt verschriebenen Rezepten, sondern an teuren Spezialmedikamenten, um die nun ein neuer Streit ausgebrochen ist.
Die Pharmaindustrie verweist auf ihre Innovationskosten, und dass sie durch Kostendämpfung und billige Nachahmerprodukte unter Druck stehe. Kritiker werfen ihr dagegen vor, mit stark überhöhten Preisen für neu patentierte Schein-Innovationen, die keinen wirklichen Therapie-Fortschritt bringen, alle Kostensenkungsbemühungen der Politik ins Gegenteil zu verkehren.
„Mit Blick auf den Hochpreistrend bei den neuen patentgeschützten Arzneimitteln müssen wir uns fragen, wie lange die Gesetzliche Krankenversicherung in der Lage sein wird, derartige Preise zu tragen“, sagt AOK-Chef Martin Litsch. „Die Beitragszahler der Gesetzlichen Krankenkassen sind nicht dazu da, Pharmafirmen ihre Traummargen zu finanzieren.“
Laut dem neuen Arzneimittelreport der AOK wird fast die Hälfte der insgesamt 40 Milliarden Euro Arzneimittelausgaben aller Kassen für neue patentgeschützte Medikamente ausgegeben, meist für nur einen sehr kleinen Teil von Patienten. „So wurden etwa für die Behandlung
Über ein Drittel der Ausgaben für ein Prozent Behandlung
von Krebserkrankungen, Viruserkrankungen und von schwerwiegenden Erkrankungen des körpereigenen Abwehrsystems 34 Prozent aller Arzneimittelausgaben verwendet, bei nur einem Prozent aller verordneten Tagesdosen“, sagt AOK-Experte Jürgen Klauber.
„Die Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel steigen bedenklich“, kritisiert auch die Grünen-Expertin Kordula SchulzAsche. Sie fordert strenge Wirksamkeitsprüfungen. „Um das sicherzustellen, sollte der Nutzen eines Arzneimittels daher nicht nur zum Zeitpunkt der Zulassung bewertet werden, sondern auch ein paar Jahre später, wenn deutlich mehr Erkenntnisse über dessen Wirkung vorliegen. Anders werden wir die Ausgabensteigerungen kaum kontrollieren können.“Ebenso forderte die Grüne strengere Vorgaben bei der Preisbildung: „Momentan bestimmen im ersten Jahr der Markteinführung die Hersteller den Preis ihrer Medikamente nämlich ganz alleine“, kritisierte Schulz-Asche. „Das ist ein Riesengeschenk an die Pharmaindustrie.“
Auch die Linken-Expertin Sylvia Gabelmann kritisiert, dass Konzerne Milliarden an „ultra-teuren“Medikamenten verdienten: „Für immer mehr Krankheiten werden Behandlungskosten von mehr als 100000 Euro pro Jahr aufgerufen.“