Mindelheimer Zeitung

Wettlauf um die besten Ideen

Immer mehr Firmen veranstalt­en sogenannte Hackathons. Bald können auch in Augsburg Programmie­rer und Kreative Produkte entwickeln und von einer Jury bewerten lassen. Mancher junge Entwickler wurde so zum Unternehme­r

- VON GALINA BAUER

Auf der Suche nach neuen Ideen haben sich in den vergangene­n Jahren in Unternehme­n Hackathons etabliert. Überwiegen­d junge Leute melden sich zu diesen Veranstalt­ungen an, um ihre Ideen umsetzen zu können. Oft gehen aus diesen Hackathons Start-ups hervor.

Der Begriff kommt ursprüngli­ch aus der Entwickler­szene und ist eine Verbindung aus den Wörtern „hacken“und „Marathon“. Ursprungsg­edanke eines Hackathons: Wenn Entwickler gemeinsam ein paar Tage lang zusammenar­beiten, könnte ein Prototyp eines Programms entstehen.

„Das haben andere Branchen schnell übernommen“, sagt Lina Timm vom Media Lab Bayern. „In der Medienszen­e gibt es den Trend seit etwa vier Jahren.“Das Projektunt­ernehmen der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien fördert und betreut Start-ups. Media Lab Bayern hat aber auch schon eigene Hackathons veranstalt­et.

Laut Timm entscheide­t jedes Unternehme­n prinzipiel­l selbst, wie ein Hackathon abläuft. Einige feste Bestandtei­le hätten sich dennoch durchgeset­zt. In der Regel begrenzen Unternehme­n ihre Veranstalt­ung zeitlich auf zwei bis drei Tage. Häufig geben Unternehme­n auch Themenschw­erpunkte vor. Nachdem jeder Teilnehmer die Chance bekommen hat, seine Idee vorzustell­en, bilden sich Gruppen. Diese müssen ihr Projekt dann noch überzeugen­d präsentier­en, man nennt das „Pitch“. Eine perfekte Gruppe gibt es nicht, sagt Lina Timm vom Media Lab Bayern. Es sei aber gut, wenn möglichst unterschie­dliche Fachbereic­he abgedeckt seien.

Bei einem Medien-Hackathon kann eine Gruppe zum Beispiel aus einem Journalist­en, einem Programmie­rer, einem Designer und jemandem, der Ahnung von Geschäftsm­odellen hat, bestehen. „Unsere Erfahrung sagt uns, dass eine Team-Größe von drei bis fünf Personen am besten ist“, sagt Timm. Bei weniger Leuten komme man nicht schnell genug voran; größere Teams diskutiert­en zu viel.

Ziel eines Hackathons ist es, in einer vorgegeben­en Zeit brauchbare Ergebnisse vorzulegen. Das könnte eine App sein. Die zentralen Fragen, die sich Gruppen bei einem Hackathon stellen, sind: Lässt sich aus der Idee ein Prototyp entwickeln? Gibt es einen Markt für mein Produkt?

Für Unternehme­n und Teilnehmer ist ein Hackathon gleicherma­ßen interessan­t, ist sich Lina Timm sicher. Firmen sehen entweder, welche Ideen die eigenen Mitarbeite­r haben, oder sie öffnen den Hackathon für Außenstehe­nde und schauen, was der Arbeitsmar­kt hergibt. Teilnehmer bekommen kein Geld dafür und opfern ihre freie Zeit. Warum sie das machen? Lina Timm sagt: „Diese jungen Leute haben Spaß daran, eigene Ideen umzusetzen. Sie können mit anderen Diszipline­n zusammenar­beiten, werden ein ganzes Wochenende voll versorgt und wenn es gut läuft, werden sie vom Unternehme­n rekrutiert oder gründen ein eigenes Startup.“Das haben auch Programmie­rer Sami Boussaid und Projektkoo­rdinatorin Miriam Mogge aus München geschafft.

Kennengele­rnt haben sich die beiden vor zwei Jahren bei einem Hackathon. Mit dem dort entstanden­en Prototypen haben sie das Unternehme­n Factfox gegründet. Ihre Idee: ein virtuelles Werkzeug, das Journalist­en die Arbeit auf sämtlichen Social-Media-Kanälen erleichter­t. Konkret unterstütz­t das Programm Redakteure bei der Beantwortu­ng von Kommentare­n.

Mittlerwei­le verwenden sechs Redaktione­n dieses Tool. Gerade sind Boussaid und Mogge dabei, das Werkzeug zu verfeinern, Funktiobei­spielsweis­e nen zu ergänzen und den Markt zu erforschen. Bis vor kurzem wurden sie vom Media Lab Bayern gefördert.

Seit dem Hackathon hat sich das Factfox-Team verkleiner­t. Mogge sagt: „Während der Veranstalt­ung hat sich ziemlich schnell herauskris­tallisiert, wer an diesem Unternehme­n weiterarbe­iten will.“An den Hackathon denkt die Gründerin gerne zurück. Sie beschreibt die Veranstalt­ung als „große Übernachtu­ngsparty, gepaart mit einer Schnitzelj­agd“. Laut Mogge sind während der Veranstalt­ung damals „kleine Wunder“entstanden, die große Konzerne in jahrelange­r Arbeit nicht vollbringe­n würden. Das liege wohl daran, dass in großen Unternehme­n alles bis zum Ende gedacht und sämtliche Meinungen berücksich­tigt würden. „Beim Hackathon sind die Gruppen klein und der Zeitdruck groß. Man kann nicht 30 Mal das Für und Wider abwägen.“

Mogges’ Team hat im Laufe des Hackathons das Thema geändert, weil schnell klar war, dass eine erste Idee nicht umzusetzen war. „Das ist Teil eines kreativen Prozesses. Wir waren vom Fieber gepackt und niemand wusste, was am Ende rauskommt“, sagt sie. Mit ihrer Idee haben sie schließlic­h eine Jury überzeugt. Und gleich nach dem Hackathon konnten sie sich über erste Anfragen aus verschiede­nen Redaktione­n freuen. „Wir haben mit Factfox wohl den Zahn der Zeit getroffen“, meint Mogge.

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