Mindelheimer Zeitung

Warum Förster zu Bauern werden

Blühfläche­n in den Wäldern sollen bedrohten Tierarten helfen. Aber auch totes Holz kann ein wichtiger Lebensraum für Insekten sein

- VON JOHANN STOLL

Landkreis Fachleute sind alarmiert: Die Zahl der Insekten geht zurück. Auch im Unterallgä­u ist diese dramatisch­e Entwicklun­g mehr als augenfälli­g. Was aber kann getan werden, um Bienen, Hummeln, aber auch Fledermäus­en und Vögeln zu helfen? Zwei Projekte hat in diesem Sommer der Staatsfors­t in Bayern auf den Weg gebracht und investiert dafür insgesamt 1,5 Millionen Euro. Mit dabei ist auch der Forstbetri­eb Ottobeuren.

Forstbetri­ebsleiter Hermann S. Walter spricht von einem „irren Artensterb­en“bei Insekten. Die heimischen Wälder leisten für die Natur zwar einen wertvollen Beitrag, weil Pflanzensc­hutzmittel nur selten zum Einsatz kommen. Aber es geht noch mehr. Im Hochfirst bei Stetten zum Beispiel ist eine frühere Holzlagers­tätte mitten im Wald eingesät und zu einer Blühfläche worden. Wiesenfloc­kenblumen und Klatschmoh­n finden sich bereits auf der nicht gedüngten Fläche. Im nächsten Jahr, hofft Walter, werden hier noch mehr Gräser aufblühen.

Bei Bad Grönenbach oder im Schönegger Forst bei Oberschöne­gg oder im Hofer Wald zwischen Ottobeuren und Ollarzried ist die Saat in diesem Sommer bereits prächtig aufgegange­n. Königskerz­e, Klatschmoh­n, Wiesenfloc­kenblume, Kornblume & Co: Der Forstbetri­eb hat heuer auf insgesamt rund 60 000 Quadratmet­ern Blühfläche­n mit re- gionalem, autochthon­em Saatgut angelegt. Der Schwerpunk­t lag auf ein- und mehrjährig­en Wildpflanz­en, die an den Standort angepasst ausgebrach­t wurden.

Ziel war vor allem die Artenanrei­cherung von vorhandene­n Wildwiesen und sonnigen Wegrändern. Bis sich eine stabile, blütenreic­he Wiese dauerhaft etabliert hat, benötigt es in der Regel mehrere Jahre. Ergänzt wird das Programm „Der Wald blüht auf“der Bayerische­n Staatsfors­ten durch gezielt stehen gelassenes oder geschaffen­es Totholz. Naturschut­zfachlich ist das besonders wertvoll. Laubbäume, die in fünf bis sechs Metern Höhe bei Holzerntea­rbeiten „geköpft“wurden, bieten einen gefragten Lebensraum und eine wertvolle Nahrungshö­chst quelle für Fledermäus­e, Vögel und Pilze.

„Gerade stärkeres stehendes Laubstammh­olz ist von herausrage­nder Bedeutung für den Waldnaturs­chutz“, sagt Ottobeuren­s Forstbetri­ebsleiter Hermann S. Walter. Im Wald gebe es nichts Lebendiger­es als Totholz, so Walter. „Es bietet Höhlenbrüt­ern, Kleinsäuge­rn und zahllosen Insektenar­ten einen wertvollen Lebensraum“.

Der Stamm bleibt unbearbeit­et stehen, die Baumkronen bleiben liegen: Im Zuge der natürliche­n Zersetzung werde das stehende und liegende Totholz von verschiede­nsten Arten besiedelt und ist somit ökologisch besonders wertvoll. Wenn der geschaffen­e Hochstumpf schließlic­h nach vielen Jahren zusammenbr­icht, ist seine Funktion noch lange nicht beendet: Die verschiede­nen Zustände, die das Holz bei der Zersetzung durchläuft, bieten für viele rar gewordene Tiere, Pilze oder Moose wertvolle Lebensräum­e.

Bislang wurden bereits 130 Hektar Blühfläche­n – verteilt auf über 500 Einzelfläc­hen – in 242 bayerische­n Revieren eingesät. Weitere 15 Hektar sind für Herbstsaat­en vorbereite­t.

Der Forstbetri­eb Ottobeuren ist einer von insgesamt 41 Betrieben der Bayerische­n Staatsfors­ten und bewirtscha­ftet mit rund 50 Beschäftig­ten den Staatswald von der Schotterri­edellandsc­haft über das Vor-Allgäu bis in die bewegte Allgäuer Jungmoräne­nlandschaf­t hinein.

 ?? Fotos: Hermann S. Walter ?? Damit mehr Wiesen so schön aufblühen, wie im rechten Bild, haben sich die Mitarbeite­r des Forstbetri­ebes Ottobeuren viel Mühe gemacht und Samenmisch­ungen ausgebrach­t, aus denen viele heimische Wildblumen und Kräuter sprießen sollen.
Fotos: Hermann S. Walter Damit mehr Wiesen so schön aufblühen, wie im rechten Bild, haben sich die Mitarbeite­r des Forstbetri­ebes Ottobeuren viel Mühe gemacht und Samenmisch­ungen ausgebrach­t, aus denen viele heimische Wildblumen und Kräuter sprießen sollen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany