Die Armut im Blick
Gewerkschafter will Probleme vor der Haustür angehen
Kaufbeuren Kriege, Treibhausklima, Plastikteppiche in den Ozeanen – viele Probleme, die den Kandidaten der Partei Die Linke, Paul Meichelböck, umtreiben, spielen sich auf der weltpolitischen Bühne ab. Dort ist er allerdings nicht zuhause, sein Platz ist auch nicht im Bundestag, für den er schon zweimal kandidierte. „Man muss vor der eigenen Haustür anfangen“, sagt der 58-jährige Kaufbeurer. Was den Menschen in seiner Heimatstadt guttue, ließe sich in der Regel auch auf die Landespolitik übertragen, die er im Fall seiner
Paul Meichelböck
Paul Meichelböck kommt aus der Ge werkschaftsarbeit: Der 58 jährige Fernmeldetechniker ist DGB Vorsit zender in Kaufbeuren.
Doch seine Interessen sind vielfältig. Frieden ohne Waffen und Gewalt schaffen, ist ein Thema. Umwelt schutz ein anderes. Auch hier schimmert der Gewerkschafter durch: „Der Schutz der Menschen muss wieder Priorität vor Wirtschaftsinte ressen bekommen.“Er fordert, so ziale Gerechtigkeit in Steuern, Wirt schaft und Abgaben umzusetzen – auch in der EU. Zudem plädiert er da für, Pflege und Pflegeberufe zu stärken.
Der Kandidat der Linken setzt sich für eine Elektrifizierung der Bahn im Allgäu ein und für behindertenge rechte Bahnhöfe. Engagiert ist er neben der Gewerkschaft auch im Kul turverein Podium sowie im Kinder hospiz und in der Familie – immerhin hat er vier Kinder. (vit) Wahl mitgestalten will. Er möchte die Elektrifizierung von Bahnstrecken und den behindertengerechten Zugang zu den Zügen vorantreiben. Mehr politischer Druck sei notwendig, um etwa den Kaufbeurer Bahnhof komplett barrierefrei zu machen. Vorfahrt will Meichelböck sowohl der Bahn als auch den Radlern gewähren. „Der individuelle Autoverkehr ist keine Lösung“, sagt der überzeugte Fahrradfahrer, der „gute Ansätze“bei der jungen Generation erkennt. „Die sehen das Auto nicht mehr als Statussymbol.“
Ein weiteres Thema zieht sich wie ein roter Faden durch Meichelböcks berufliche und ehrenamtliche Vita: das Soziale, die Rechte der Arbeitnehmer sowie die Armut, die es auch im reichen Bayern gebe. „Die anderen Parteien tun leider nichts Effektives dagegen“, meint der langjährige Gewerkschafter. Zahlen der Caritas bestätigen, dass Armut fester Teil unserer Gesellschaft ist. „Mit fatalen Folgen“, sagt Dietmar Bauer, Bereichsleiter Soziales bei der Caritas Augsburg, mit Blick auf Bildungsmöglichkeiten, gesundheitliche Probleme und die Chancen von Kindern aus betroffenen Familien. Wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Prokopfeinkommens auskommen muss, gilt als armutsgefährdet. Diese Definition trifft laut Caritas auf
11,8 Prozent der Bevölkerung zu. Etwa ein Fünftel davon sind Senioren.
Wegen ihrer
Agenda- und Hartzpolitik kehrte Meichelböck der SPD 2006 nach 15-jähriger Mitglied schaft den Rücken. In der Linken fand der gelernte Fernmeldehandwerker eine neue politische Heimat. In Kaufbeuren ist Meichelböck als Vorsitzender des DGB-Ortskartells und stellvertretender Vorsitzender des Verdi-Ortsgruppenvereins stadtbekannt. Der Vater von vier Kindern engagierte sich lange auch beruflich für die Arbeitnehmer: Seit 1996 war er freigestellter Betriebsrat bei der Telekom, seit zwei Jahren ist der Beamte im Ruhestand.
Völlig überschätzt wird für Meichelböck die Migration – ein Thema, das aus seiner Sicht mit dem „Schüren von Urängsten“andere, wichtigere Bereiche überlagert, die Menschen eigentlich viel mehr interessieren müssten – etwa die Defizite in der Pflege. Meichelböck plädiert deshalb dafür, für die Rüstung gedachtes Geld „in sinnvolle Dinge“umzuleiten, Pflegeeinrichtungen und Kliniken dem Wirtschaftsdiktat zu entziehen und zu „vergesellschaften“. Dem Wahlprogramm der Linken für die Landtagswahl bleibt er damit treu: „Uneingeschränkt“, wie er betont.