Mundgesundheit im Mittelpunkt
Tag der Zahngesundheit: Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung im Fokus
Schon die Zähne richtig zu put zen, fällt vielen nicht leicht. Zu einer guten Mundhygiene gehört aber auch noch die Reinigung der Zahnzwischenräume und da wird es richtig knifflig. Um diese gründlich zu säubern, gibt es etwa Zahnzwischenraumbürs ten oder auch Interdentalbürs ten. Sie eignen sich bei größeren Abständen zwischen den Zäh nen, erklärt Dirk Kropp von der Initiative proDente. Es gibt sie in verschiedenen Größen. Sie wer den am Zahnfleischrand zwi schen die Zähne geschoben und dann ein bis zweimal Richtung Mundhöhle und wieder zurück bewegt, erklärt Kropp. Wer möchte, kann sie mit Zahnpasta benutzen. Zahnseide können auch Menschen mit sehr eng an einanderliegenden Zähnen ver wenden. Man nimmt ein etwa 30 Zentimeter langes Stück und wi ckelt es um die Zeigefinger. Dann schiebt man es zwischen zwei Zähne über den Kontakt punkt hinweg und bewegt die Zahnseide zwei bis dreimal an der gebogenen Zahnfläche ent lang nach oben. tmn
Obst und Fruchtsäfte erhöhen das Risiko für Zahnerosionen. Die Säure greift den Zahn schmelz an. Mit der Zeit wird der Zahnschmelz dünner, der Zahn verändert seine Form und schließlich schimmert das Zahn bein gelblich durch. Das kann zu erhöhter Temperaturempfind lichkeit führen. Besonders säure haltig sind Kiwis, Orangen, Bee ren oder mit Essig angemachter Salat. Nach oder zu Saurem soll te man Kalziumhaltiges wie Milch, Käse oder Quark zu sich nehmen das neutralisiert den pH Wert und remineralisiert. Au ßerdem putzt man besser eine Stunde nicht die Zähne, um die erweichte Schmelzoberfläche nicht wegzubürsten. tmn
Bei Piercings in der Zunge und im Mundbereich ist die Infekti onsgefahr besonders hoch. Da rauf weist der Berufsverband der Kinder und Jugendärzte (BVKJ) hin. Zudem könne ein Zungen piercing die Zähne beschädigen oder das Zahnfleisch verletzen. Wird ein Schmuckstück eingeat met oder verschluckt, kann dies ebenfalls schwerwiegende Fol gen haben. Die Kinder und Ju gendärzte raten grundsätzlich von Tätowierungen und Pier cings bei Minderjährigen ab. Ne ben Piercings ist auch die Tech nik des Zungenspaltens riskant. Dabei kann der Patient viel Blut verlieren, Muskeln und Nerven können verletzt werden. tmn
Wer seine Zähne nach einem zu ckerhaltigen Essen schützen will und keine Zahnbürste dabei hat, kann zum zuckerfreien Kaugum mi greifen. Das Kauen regt den Speichelfluss an, erklärt Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsi dent der Bundeszahnärztekam mer. Der Speichel habe eine an tibakterielle und reinigende Wir kung. Außerdem sorge er dafür, dass Mineralien, die durch Zu cker oder Säuren entzogen wer den und den Zahn dadurch an fälliger für Karies machen, wie der im Zahnschmelz angelagert werden. Einen ähnlichen Effekt wie ein Kaugummi hat es, wenn man kauaktive Nahrung wie Rohkost oder Hartkäse isst, emp fiehlt Oesterreich. Käse, wie auch andere Milchprodukte, unter stützt die Remineralisierung des Zahnschmelzes. tmn Entgegen einer weitverbreiteten Fehleinschätzung hat Karies im Kleinkindalter auch äußerst negative Auswirkungen auf die spätere Mundgesundheit von Erwachsenen. Darauf weist die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) anlässlich des Tages der Zahngesundheit. „Wenn schon Milchzähne an Karies erkranken und nicht rechtzeitig behandelt werden, ist auch für später nachwachsende Zähne das Kariesrisiko deutlich erhöht“, sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV zu dem Thema.
Aktuelle Studie belegt Risiken Eine aktuelle, wissenschaftliche Studie der Universität Witten/Herdecke (Jordan et al. 2016) kommt zu entsprechend eindeutigen Ergebnissen: So wiesen bei Studienteilnehmern, die bereits kariöse Erkrankungen an den Milchzähnen hatten, durchschnittlich 14,8 mehr Zahnflächen eine Karies auf, als bei solchen, die als Kind kariesfrei waren. Ein Unterschied war ebenfalls an der Zahl fehlender Zähne erkennbar: Hier hatten Probanden, die bereits an frühkindlicher Karies erkrankt waren,
im Schnitt 3,8 funktionstüchtige Zähne weniger. Auch hinsichtlich der Mundhygiene zeigten sich deutliche Defizite im Vergleich zu den Personen, deren Milchgebiss kariesfrei war.
Milchzähne pflegen
Dr. Wolfgang Eßer: „Viele Eltern unterschätzen leider immer noch die mitunter verheerenden Auswirkungen frühkindlicher Karies, auch als Nuckelflaschenkaries bekannt.
Dabei sind Erkrankungen an Milchzähnen nicht einfach verschwunden, weil später bleibende Zähne nachwachsen. Vielmehr sind häufig gravierende Folgeschäden im späteren Kindes- und Erwachsenenalter die Konsequenz. Diese Entwicklung hat nicht zuletzt auch erhebliche ökonomische Konsequenzen für Betroffene und Kostenträger. Nach uns vorliegenden Zahlen ist die Versorgung von Menschen mit frühkindlicher Karieserfahrung immerhin etwa viermal so teuer, wie die Behandlung von Patienten mit gesunden
Milchzähnen.“ Aus vertragszahnärztlicher Sicht werde Eltern deshalb dringend empfohlen, die zahnärztlichen Vorsorgeangebote für ihre Kinder wahrzunehmen, die die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vorsehe: „Neben der Vorsorge zuhause, durch richtiges Zähneputzen und eine zahngesunde Ernährung, sollten Eltern mit ihrem Kind ab dem Durchbruch der ersten Milchzähne zweimal im Jahr zur Kontrolle in die Praxis gehen. Denn besonders diese regelmäßigen Termine tragen nachweislich zur Früherkennung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten bei“, sagte Eßer. pm
OInformationen
Das zahnärztliche Versorgungskon zept „Frühkindliche Karies vermei den“(ECC Konzept), ein entspre chender Ratgeber für die zahnärztli che Praxis, die Broschüre „Gesunde Zähne für Ihr Kind“, sowie weitere nützliche Informationen können im Internet auf der Website der KZBV ab
gerufen werden. Am 25. September stellt der diesjährige Tag der Zahngesundheit die Mundgesundheit von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt.
„Im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt ist die Mundgesundheit in diesen beiden Bevölkerungsgruppen oft schlechter“, erklärt Prof. Dr. Ina Nitschke (Universität Leipzig), Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ). „Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung sind insbesondere häufiger von Karies sowie Parodontalund Mundschleimhauterkrankungen betroffen.“Das kann ihre Gesundheit und ihre Lebensqualität erheblich einschränken. Denn nur mit gesunden Zähnen und einer gesunden Mundhöhle sowie gut sitzendem, belagfreiem Zahnersatz kann man schmerzfrei essen, trinken und sprechen. Auch begünstigen Zahn- und Munderkrankungen Allgemeinerkrankungen wie Lungen- oder HerzKreislauf-Krankheiten. Neu sind vorbeugende zahnärztliche Leistungen: Seit dem 1. Juli 2018 haben gesetzlich Krankenversicherte, die einem Pflegegrad nach §15 SGB XI zugeordnet sind oder die Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII erhalten, Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen. „Ziel ist es, die Mundgesundheit von Menschen mit besonderen Bedürfnissen deutlich zu verbessern“, so Nitschke. Es spielt keine Rolle, ob die Behandlung in einer stationären Einrichtung, zu Hause oder in der Praxis stattfindet. Die neuen Leistungen beinhalten im Einzelnen:
• den Status der Mundgesundheit zu erfassen,
• einen individuellen Mundgesundheitsplan zu erstellen,
• zur Mundgesundheit aufzuklären,
• einmal im Halbjahr harte Zahnbeläge zu entfernen. Die Leistungen zur Aufklärung über die Erhaltung der Mundgesundheit richten sich auch an die Angehörigen und Pflegepersonen. So erhalten die Pflegenden zum Beispiel Hinweise, welche individuellen Hilfsmittel sie bei der Mundhygiene des zu Pflegenden einsetzen können oder was bei der Reinigung und Pflege von Zahnersatz zu beachten ist. pm