Mindelheimer Zeitung

Kampf gegen die Mülldeponi­e einte die Bürger

Vor 25 Jahren formierte sich die Bürgerinit­iative Umwelt in Kirchdorf. Hannes Weber erinnert an eine ziemlich unruhige Zeit. Schnell zeigte sich dann, dass den Mitstreite­rn die Arbeit nicht ausgeht, bis heute nicht

- VON WILHELM UNFRIED

Kirchdorf Anfang der 90er Jahre des vergangene­n Jahrtausen­ds war der Landkreis Unterallgä­u auf der Suche nach einer Müllkippe. Vier Standorte kamen in Frage und Kirchdorf war ein heißer Anwärter. 55 000 Kubikmeter Müll sollten damals pro Jahr in einem Wäldchen bei Kirchdorf verbuddelt werden. Die Bürger schlossen sich in der Bürgerinit­iative Umwelt Bad Wörishofen-Kirchdorf zusammen, um genau das zu verhindern. Der Vorsitzend­e Hannes Weber machte bei seinem Festvortra­g zum 25. Gründungsj­ubiläum deutlich, dass man einen langen Atem braucht, um gegenüber Politik und Behörden etwas zu erreichen. Doch am Ende habe die Vernunft gesiegt, die Mülldeponi­e in Breitenbru­nn wurde erweitert und der Kelch ging an Kirchdorf vorüber. Allerdings war schnell klar, dass die Arbeit einer Umweltinit­iative damit nicht getan ist. Später engagierte sich die Initiative auch noch für den Hochwasser­schutz und aktuell für eine Verbesseru­ng der Lärmsituat­ion entlang der A 96.

Es waren damals unruhige Zeiten, wie Hannes Weber anhand von vielen Zeitungsbe­richten erläuterte. Damals sei schon klar gewesen, dass der Müll verbrannt werden würde, dennoch habe man noch eine Mülldeponi­e den Kirchdorfe­rn „aufs Auge“drücken wollen. Und dies mit einem Etikettens­chwindel, wie es beim Festakt hieß. Offiziell habe der Standort nämlich Katzenhirn geheißen, obwohl sich alles auf Kirchdorfe­r Flur abspielen sollte.

Weber konnte die vielen Vorstöße der neu gegründete­n Bürgerinit­iative nur anreißen. Man habe Plakate an der Autobahn angebracht, eine Demonstrat­ion mit Kindern organisier­t und sogar ein Stück des für die Deponie benötigten Grundes gekauft, um gegen das Vorhaben Klagen zu können. Schließlic­h habe eine Koalition mit der Stadt Bad Wörishofen zu einem Erfolg geführt. Einmal sei der Ruf der Stadt als Heilbad und weiter die Ramminger Trinkwasse­rversorgun­g in Gefahr gewesen, schildert Weber. Den Durchbruch habe ein Gespräch mit dem damaligen Ministerpr­äsidenten Edmund Stoiber gebracht. Der Kampf habe die Mitglieder­zahlen von 35 auf 630 nach oben schnellen lassen.

Weber betonte weiter, dass die Initiative den Umweltschu­tz immer im Auge hatte. Weber erinnerte an eine Vielzahl von Pflanzakti­onen von Bäumen und Büschen, die heute noch die Heimat in Grün erblühen lassen würden.

Ein weiteres Betätigung­sfeld sei der Hochwasser­schutz gewesen, nachdem Anfang 2002 mehrere sogenannte Jahrhunder­tereigniss­e in Sachen Hochwasser eingetrete­n seien. Vor allem Kirchdorf wurde hart getroffen. Auch hier konnte Weber aufzeigen, dass man trotz Abweisung durch die Behörden beharrlich seine Ziele verfolgen müsse. Aber auch in diesem Bereich habe sich der Aufwand gelohnt, nach und nach sei die Hochwasser­situation entspannt worden und in nächster Zukunft erfolgte der letzte Planungssc­hritt. Allerdings habe es zehn Jahre gedauert, ehe konkrete Pläne vorgelegen hätten. Dabei machte Weber klar, dass man es nie nur bei Kritik belassen, sondern sich immer mit Ideen und Mithilfe in die Diskussion­en eingebrach­t habe.

Als Beispiel nannte der Vorsitzend­e die Ansiedlung der Firma Tricor, wo man Ausgleichs­maßnahmen angeregt und tatkräftig begleitet habe.

Das Thema Verkehr sei eine unendliche Aufgabe. Die Initiative habe den Kreisverke­hr beim Skyline-Park angeregt, weil immer mehr Autofahrer den Weg durch den Ort genommen hätten, um die damalige Stoppstell­e am Skylinepar­k zu umfahren. Der Wunsch, eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf der A 96 im Bereich Kirchdorf wie in Landsberg zu erreichen, sei bisher allerdings nicht von Erfolg gekrönt gewesen. „Wir bohren weiter“, versichert­e Weber. Immerhin konnte man die Aufbringun­g eines lärmreduzi­erenden Fahrbahnbe­langs durchsetze­n.

All diese Erfolge, so Weber, habe man nur durch den Rückhalt bei den Mitglieder­n erreichen können. Er dankte den Weggefährt­en im Vorstand, allen voran dem langjährig­en zweiten Bürgermeis­ter Bad Wörishofen­s, Josef Fischer, der immer wieder versucht habe, die Stadt mit ins Boot zu nehmen und mit Beharrlich­keit und Schläue für die Belange gekämpft habe.

Bürgermeis­ter Paul Gruschka sagte mit Blick auf den Zustand der Welt, dass man sich über die Notwendigk­eit des Umweltschu­tzes nicht streiten müsse. An Hand der Entwicklun­g des Hochwasser­schutzes zeigte Gruschka, „dass manche Dinge viel Zeit bräuchten“. Gestern Abend stand das Thema erneut auf der Tagesordnu­ng des Stadtrates. „Sie haben mit Hartnäckig­keit viel erreicht“, lobte Gruschka die Initiative und dankte stellvertr­etend dem Vorsitzend­en Hannes Weber mit einem Geschenk. Und abschließe­nd machte er Hoffnung, dass der Wunsch des Vereines nach Anbindung an den Flexibus doch noch in Erfüllung gehen könnte.

Die Jubiläumsf­eier in der alten Schule rundete ein gemeinsame­s Essen sowie eine Ausstellun­g mit den Berichten und Bildern aus den vergangene­n 25 Jahren ab.

 ?? Foto: Weizenegge­r ?? Bei Kirchdorf sollte einst eine Mülldeponi­e des Landkreise­s Unterallgä­u entstehen. Das Symbolfoto zeigt die Deponie Burgau.
Foto: Weizenegge­r Bei Kirchdorf sollte einst eine Mülldeponi­e des Landkreise­s Unterallgä­u entstehen. Das Symbolfoto zeigt die Deponie Burgau.
 ?? Foto: Wilhelm Unfried ?? Bürgermeis­ter Paul Gruschka (rechts) würdigte die Arbeit von Hannes Weber und dessen Mitstreite­rn von der Bürgerinit­iative Umwelt.
Foto: Wilhelm Unfried Bürgermeis­ter Paul Gruschka (rechts) würdigte die Arbeit von Hannes Weber und dessen Mitstreite­rn von der Bürgerinit­iative Umwelt.
 ?? Foto: Markus Heinrich ?? Der Hochwasser­schutzdamm von Kirchdorf. Die Bürgerinit­iative Kirchdorf hat auch beim Thema Hochwasser­schutz nicht lockergela­ssen.
Foto: Markus Heinrich Der Hochwasser­schutzdamm von Kirchdorf. Die Bürgerinit­iative Kirchdorf hat auch beim Thema Hochwasser­schutz nicht lockergela­ssen.

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