Ryanair sagt weitere Flüge ab
Arbeitskampf Der Billigflieger hat für diesen Freitag weitere Verbindungen gestrichen. Wir erklären, welche Rechte Passagiere haben und ob sie mit Entschädigungen rechnen können
Berlin Der Billigflieger Ryanair hat einige weitere Flüge für diesen Freitag abgesagt. Wegen der zusätzlichen Teilnahme der deutschen Pilotengewerkschaft Cockpit an einem europäischen Streik sollen 35 bis 45 Flüge von und nach Deutschland ausfallen, erklärte Marketing-Chef Kenny Jacobs am Donnerstag in Dublin. Das wären nur rund zehn Prozent des geplanten Programms. Wegen der angekündigten Streiks in anderen europäischen Ländern hatte Ryanair schon 150 von 2400 Europaflügen abgesagt. Insgesamt fallen damit weniger als 200 Flüge aus. andere Transportmittel gebucht werden, wenn das Ziel per Bus oder Bahn erreichbar ist. Stranden Passagiere vorübergehend am Flughafen, muss die Fluggesellschaft sie betreuen – unabhängig davon, ob das Unternehmen für die Verspätungen und Ausfälle verantwortlich ist. Passagiere haben Anspruch auf Verpflegung. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline die Hotelübernachtung übernehmen.
Ist der Ryanair-Flug Teil einer Pauschalreise, ist nicht die Airline der Ansprechpartner, sondern der Reiseveranstalter. Er ist nach Angaben der Verbraucherzentralen auch bei Streiks verantwortlich für Kosten, die Reisenden durch eine Verspätung entstehen. Das können zum Beispiel Ausgaben für Verpflegung, Unterkunft, Taxifahrten und Telefonate sein. Bei großen Verspätungen können Pauschalreisende außerdem den Reisepreis mindern. Dafür gibt es Rechentabellen: Ab fünf Stunden Verspätung können Urlauber pro Stunde Verspätung fünf Prozent des anteiligen Tagespreises zurückfordern. Bei Pilotenstreiks haben Reisende eigentlich keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für Ausfälle oder Verspätungen von mehr als drei Stunden. Ein Streik gilt als außergewöhnlicher Umstand. Das gilt aber nur unter der Bedingung, dass die Airline alles in ihrer Macht stehende unternimmt, um die Folgen des Ausstands zu minimieren. Allerdings hat sich die Rechtsprechung inzwischen weiterentwickelt, erklärt der Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover. So entschied der Europäische Gerichtshof im April 2018, dass eine Airline bei einem wilden Streik nur unter zwei Bedingungen von der Erstattungspflicht befreit werden könne: Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Und zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein (Az.: C-195/17). Aus dem Urteil leitet Degott ab, dass Entschädigungszahlungen auch bei regulären Streiks möglich sind – wenn es den Streikenden nicht nur um die Bezahlung, sondern um die Arbeitskonditionen insgesamt geht. Betrachtet man die Streikgründe des Ryanair-Personals, „dann liegt das sehr nahe an dem, was der EuGH sagt“, urteilt Degott. Allerdings müsse das zunächst erneut gerichtlich geklärt werden. Der Jurist rät, vorsorglich Ausgleichszahlungen zu fordern. Von Memmingen sollen am Freitag Flüge nach Thessaloniki, Sevilla, Sofia, Warschau, Dublin und Malaga starten. Am Donnerstagnachmittag standen die Flüge noch als „geplant“auf der Homepage. Die Fluggesellschaft will die Passagiere bei Änderungen informieren.